Für jeden Platz in Backnang den richtigen Weihnachtsbaum
Ein Team des Backnanger Baubetriebshofs begutachtet die als Weihnachtsbäume angebotenen Exemplare.
Von Lorena Greppo
Backnang. Gleich der erste Stopp entpuppt sich als Glücksfall. „Einen richtig schönen Baum haben Sie da“, ruft Bauhofleiter Rafael Bidlingmaier der Bewohnerin zu. Überall grün, dichtes Geäst, eine ansprechende Form und einen geeigneten Stammdurchmesser – hier passt alles. Das städtische Team ist sich rasch einig: „Der wird unsere Gänseliesel“, sprich: Der Baum soll am Gänsebrunnen stehen. Für den Marktplatz, erklärt Bidlingmaier, ist der Baum leider ein wenig zu klein. „In der Keplerstraße waren bisher schon oft gute Bäume dabei“, sagt Bauhofmitarbeiterin Michaela Lutz. Nun gilt nur noch die Frage zu klären: Wie kommt man an den Baum ran? Denn schließlich kann er nicht einfach umgekippt werden, dabei gehen die Äste zu Bruch. Mit einem Kran soll er aus dem Garten gehoben werden. Und je größer der Baum, desto größer muss die Maschine sein. „Am besten wäre ein Hubschrauber“, sagt die Eigentümerin lachend. Ein Vorschlag, den auch Rafael Bidlingmaier jedes Jahr wieder äußert. Wenn’s doch nur ginge! Immerhin: Die Einfahrt des Nachbarn böte genügend Platz für den Kran.
Wenn ein Exemplar ungeeignet ist, sehen die Profis das sofort
In diesem Jahr habe die Stadt Backnang ein Luxusproblem, sagt Michaela Lutz. Auf einen Aufruf in der Zeitung hin seien etwa 25 Angebote für Weihnachtsbäume eingegangen und darunter seien viele schöne Exemplare. „Das hatten wir schon lange nicht mehr“, sagt sie. Gebraucht werden 14 Bäume für diverse Plätze in der Innenstadt sowie in den Stadtteilen. Einen Rundgang hat das dreiköpfige Auswahlteam bereits hinter sich. Heute hat Simon Heideker, der Abteilungsleiter Grünzug, zehn weitere Stopps im Stadtgebiet auf seiner Liste stehen. Manchmal dauert die Begutachtung länger – etwa wenn der Abtransport noch geklärt werden muss. Manchmal geht es aber auch richtig schnell – vor allem dann, wenn ein Baum ungeeignet ist. „Das sieht man meistens auf den ersten Blick“, erklärt Heideker.
Genau so kommt es denn auch beim zweiten Stopp. Die Begeisterung der städtischen Mitarbeiter hält sich sichtbar in Grenzen. Zum einen ist der Stamm zu dick, heißt es, außerdem ist die Baumkrone etwas licht. „Der ist nix, da sagen wir ab“, lautet das Urteil von Michaela Lutz. Ein anderer Baum wird erst noch in Betracht gezogen, später aber wieder verworfen, nachdem genügend bessere Exemplare gesichtet wurden. Dass er an einer Seite dürr ist, macht ihn für alle Stellen ungeeignet, wo man rundherum gehen kann. Sonst wäre die Fichte auch für den Marktplatz in Betracht gekommen. Die meisten Leute reagierten verständnisvoll, wenn sie eine Absage bekommen, sagt Michaela Lutz. Mit manchen bleibe man in Kontakt, schließlich werden ja auch im nächsten Jahr wieder Bäume gebraucht.
Jedes Jahr gibt es einen Baum aus Strümpfelbach
Immer öfters komme es aber vor, dass die Nadelbäume sichtbare Trockenheitsschäden aufweisen. „Wer gießt schon seinen Tannenbaum bei den Wasserpreisen“, merkt Rafael Bidlingmaier an. Nur: Wenn es nicht genügend Angebote gibt, dann dürfe man nicht so wählerisch sein. „Wir hatten schon Jahre, wo auch die Aufrufe und die Suche auf städtischen Flächen nichts gebracht haben“, erinnert sich Simon Heideker. Dann musste man Bäume nehmen, die auch das Trio nicht als ideal angesehen hatte. So etwa im vergangenen Jahr. „Dann gab’s Kritik von der Zeitung“, fügt Rafael Bidlingmaier schmunzelnd hinzu. Man habe auch schon bei Bürgerinnen und Bürgern geklingelt, die ein schönes Exemplar in ihrem Garten haben. Ein Strümpfelbacher erweist sich als zuverlässige Quelle für Weihnachtsbäume, er pflanzt sie immer wieder nach. Hier reicht ein kurzer Besuch, dann ist klar: Auch dieses Jahr wird der Bauhof hier einen Nadelbaum abholen.
Gemessen wird das Bauhofteam am Marktplatz-Weihnachtsbaum
Für beide Seiten ist es ein gutes Geschäft. Die Stadt Backnang muss keine Tannen oder Fichten anderswo kaufen, lediglich Fäll- und Transportarbeit fällt an. Für die großen Exemplare wird zudem der Kran der Firma Merkle gebraucht. Und man kann mit Fug und Recht sagen: Unsere Weihnachtsbäume kommen aus der Region. Auch für die Eigentümer springt etwas heraus. „Ich freue mich, wenn er geholt wird. Sonst müsste ich ihn fällen“, erklärt etwa Vitali Petka. Der Baum in seinem Vorgarten ist zum Problem geworden. „Die Wurzeln sind schon beim Nachbarn unterm Carport“, sagt er. In der Zeitung hat der Backnanger vom Aufruf der Stadt gelesen und sich daraufhin gemeldet. Michaela Lutz schätzt, dass dieses schöne Exemplar auf dem Adenauerplatz aufgestellt wird. Sie führt Buch darüber, welcher Baum für welchen Platz geeignet wäre. Wenn sie Genaueres wisse, werde sie den Eigentümern mitteilen, wo ihr Baum am Ende steht, versichert sie. „Ich werde ihn auf jeden Fall besuchen“, kündigt Vitali Petka an.
Gemessen wird die Arbeit des Auswahlkomitees wie immer am Baum auf dem Marktplatz. „Der macht mir immer am meisten Bauchweh“, räumt der Bauhofleiter ein. Zumal der Baum oft vor Ort ganz anders aussieht als im Garten. Dieser Baum muss groß sein, aber unten schlank, sonst passt er nicht in die Hülse im Boden. Einmal habe man den Stamm zu sehr angespitzt, daraufhin sei der Baum umgekippt. In diesem Jahr ist das städtische Team in Burgstetten fündig geworden. Normalerweise, sagt Michaela Lutz, müsse es Liebe auf den ersten Blick sein, sonst taugt ein Baum nicht für den Marktplatz. In diesem Jahr allerdings sei es anders gewesen. „Er ist immer schöner geworden, je länger wir dort waren“, beschreibt Rafael Bidlingmaier. Etwas Bammel habe er vor dem Transport. „Der Baum ist sehr ausladend“, erklärt Michaela Lutz. „Da brauchen wir beim Abholen wahrscheinlich Polizeibegleitung.“