Badevergnügen in früheren Zeiten
Blick in das Archiv von Peter Wolf: Im 19. Jahrhundert konnte man Wannenbäder in Badehäusern nehmen oder in der Murr schwimmen. Das Waldfreibad war 1930 eines der ersten Freibäder in der Umgebung.

Backnanger Waldfreibad in den 1930er-Jahren. Repros: P. Wolf
Von Claudia Ackermann
BACKNANG. Wer im 19. Jahrhundert in Backnang schwimmen oder ein Bad im Freien nehmen wollte, der musste mit der Murr vorliebnehmen. Gebadet wurde nach Geschlechtern getrennt. Oberhalb des Stegs zur ehemaligen Bahnhaltestelle der Spinnerei Adolff gab es ein „Herrenbad“. Das „Frauenbad“ befand sich auf der Höhe des heutigen Freibads, informiert das Backnang-Lexikon. Wohlweislich hatte man die Badestellen flussaufwärts angelegt, bevor das Wasser auf seinem Weg entlang der Stadt von Gerber- und Färberbetrieben und später von Industrieabwässern verschmutzt wurde.
Zu jener Zeit waren in den Wohnhäusern noch keine Bäder eingerichtet. In Backnang gab es verschiedene Badehäuser, in denen man ein Wannenbad nehmen konnte. Eine der größten und bekanntesten Badeanstalten, der eine Wirtschaft mit angebauter Kegelbahn und Musikpavillon angeschlossen war, befand sich in der heutigen Talstraße.
In der Oberamtsbeschreibung von 1871 heißt es über das Badehaus: „Noch haben wir die Badeanstalt, welche der resignierte Apotheker Fr. Esenwein im Jahr 1869 errichtete, zu erwähnen; sie hat eine freundliche, sommerliche Lage nördlich der Stadt am Fuße des steilen, felsigen Talabhanges gegen die ganz nahe vorbei fließende Murr. Das in angenehmem Stil erbaute Badgebäude enthält neben einigen Wohngelassen sechs gut und zweckmäßig eingerichtete Badkabinette und eine Duscheinrichtung; an das Gebäude schließen sich sinnig angelegte Gartenanlagen und überdies ist die anstoßende, mit üppigen Waldbäumen und Sträuchern bewachsene Steilhalde mit gut gangbaren Wegen und Treppen versehen, was die Annehmlichkeit dieser dem Publikum zur Benützung überlassenen Anstalt noch mehr erhöht.“
„An warmen Tagen ging es natürlich ins Freibad.“
Nach diesem Badehaus erhielt die Straße, die die Sulzbacher Vorstadt mit der Aspacher Vorstadt verband, 1888 den Namen Badstraße. Im Einwohnerbuch von 1900 ist in der Badstraße 58 aufgeführt: „Stierle, Gasthaus zum Bad. Restaurateur und Badmeister.“ Unter Gewerbe war auch die Badeanstalt verzeichnet.
Das erste Hallenbad wurde mit der Entstehung des neuen Schlachthofs in den Etzwiesen 1907 gebaut. Hier gab es zusätzlich zu den Wannenbädern erstmals ein 24 Quadratmeter großes Becken. Für Schwimmer, die in diesem Hallenbad nur sechs Meter lange Bahnen ziehen konnten, musste es eine Sensation gewesen sein, als das Waldfreibad in den Zippertswiesen gebaut wurde, das im Juni 1930 eröffnete. Es hatte damals ein 1000 Quadratmeter großes Schwimmbecken sowie ein Planschbecken für Kinder und war eines der ersten Freibäder in der Gegend, informiert das Backnang-Lexikon.

Das „Herrenbad“ in der Murr um 1900.
Die Kleinkriminalität sei damals viel höher gewesen als heute. Mit der Sauberkeit auf der Liegewiese hielten es manche Badegäste nicht so genau, aber da schuf der Bademeister Abhilfe, blickt Hettich zurück: „Wer im Freibad Blödsinn machte (Eckfange, Wellenlaufen im Überlaufkanal) wurde vom Bademeister Heinrich Holzwarth geschnappt und durfte mit einem 10 Liter Eimer Papierle (Müll) auf der Liegewiese auflesen. Und den Eimer bekam man immer voll. Allerdings auch mit ein paar Tricks, wie Gras oder Erde unter den Abfall zu legen. Das Freibad war natürlich nicht beheizt und meist nicht über 21 Grad warm. Das war tagsüber im Sommer kein Problem, aber beim Schulsport morgens um 8 Uhr bibberten wir gewaltig.“ An Warnungen seiner Eltern erinnert sich Hettich: „Von zu Hause wurde uns Angst gemacht, ich sollte ja aufpassen, wenn das Wasser in die Murr abgeleitet würde. Dies war ab und zu zur Reinigung notwendig. Dabei soll ein Kind Anfang der 50iger Jahre in die Murr geschwemmt worden sein – hat aber überlebt, weil das Abwasserrohr einen halben Meter im Durchmesser hatte.“

Das 1965 eröffnete Hallenbad an der Bleichwiese um 1980.
Das Freibad entwickelte sich weiter zum Mineralfreibad und wurde 1979/80 generalüberholt. Nun umfasste das Schwimmerbecken 1250 Quadratmeter und hatte einen abgegrenzten Springerbereich. Außerdem gab es nun ein 1000 Quadratmeter großes Nichtschwimmerbecken, eine um mehr als einen Hektar vergrößerte Liegewiese sowie eine deutlich verbesserte Zufahrtsstraße.
Im Jahr 2007 beschloss der Gemeinderat, die Planung für den Bau eines neuen Hallenbads beim Mineralfreibad einzuleiten. Ein Jahr später wurde der Standort Zippertswiesen für das neue Familien- und Sportbad im Gemeinderat bestätigt und 2011 mit dem Bau des 18-Millionen-Euro-Projekts begonnen, ist im Backnang-Lexikon zu lesen. Am 10. Dezember 2012 konnte das neue Bad eröffnet werden, das zusammen mit dem integrierten Mineralfreibad unter dem Namen „Murrbäder Backnang Wonnemar“ firmiert. Das alte Hallenbad an der Bleichwiese wurde geschlossen und 2014 abgerissen. An dieser Stelle entstand die Annonayanlage mit Spielplatz.