Besitz von Kinderpornos führt zu Gefängnisstrafe
Zum dritten Mal stand der Angeklagte vor Gericht, an eine weitere Bewährungsstrafe ist laut Richterspruch nicht mehr zu denken.

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Der Richter des Amtsgerichtes Backnang redete dem doppelten Bewährungsbrecher eindringlich ins Gewissen. Foto: privat
Von Carolin Aichholz
Backnang. Man könne der Justiz nicht vorwerfen, zu wenig Nachsicht walten gelassen zu haben, sagte der vorsitzende Richter bei der Gerichtsverhandlung am Montag. Unterstützt wurde er von zwei Schöffen und der Angeklagte saß nicht zum ersten Mal vor ihm im Gerichtssaal.
Dem 72-Jährigen wurde vorgeworfen, auf einer Festplatte und einem USB-Stick zwei Fotos von unbekleideten Mädchen im Alter von vier und 15 Jahren besessen zu haben. Ein ebenfalls sichergestelltes Video zeigte eine Minderjährige, die sexuelle Handlungen an einem Mann vollzieht.
Die Polizei war durch einen Hinweis der Kripo Augsburg aufmerksam geworden, die verdächtige Chats des Angeklagten auf einer einschlägigen Internetplattform gefunden hatten. Diese Plattform wurde bereits häufiger von Erwachsenen genutzt, um mit Minderjährigen in Kontakt zu treten. Seit diesem Jahr werden allerdings auch Informationen über potenzielle Straftäter direkt an das Bundeskriminalamt weitergegeben.
Drei Dateien bei Wohnungsdurchsuchung sichergestellt
So auch Chatprotokolle des Angeklagten, der mit anderen Nutzern wiederholt pädosexuelle Fantasien und Missbrauchsvergehen an Kindern austauschte. Darum wurden Ermittlungen eingeleitet und die drei Dateien bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung sichergestellt.
Die Ermittlungen ergaben, dass es sich bei den geschriebenen Chatverläufen nicht um tatsächlich so stattgefundene Fälle gehandelt hatte, das betonte der Richter. Es seien lediglich Fantasien gewesen, diese lassen die Polizei und die Justiz allerdings hellhörig werden. Zudem wird der Besitz kinder- oder jugendpornografischer Inhalte seit einer Verschärfung des Gesetzes im Juli 2021 immer mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft.
Bei der ersten Durchsuchung wurden noch mehr Fotos und Videos gefunden
Erschwerend kam hinzu, dass gegen den Angeklagten bereits 2018 wegen des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Inhalte ermittelt wurde. Damals stellten Polizeibeamte über 600 Fotos sicher, die unbekleidete Kinder und Jugendliche zeigen. Acht Videos zeigten Minderjährige, an denen sexuelle Handlungen vollzogen werden oder die solche Handlungen ihrerseits an Erwachsenen vollziehen. Damals wurden dem Angeklagten Beschaffung und Besitz der Fotos vorgeworfen und er wurde schuldig gesprochen. 2020 wurde bei der ersten Verurteilung eine Bewährungsstrafe verhängt. Seitdem macht er eine Therapie.
Allerdings verstieß er gegen die Bewährungsauflagen und es kam 2022 zu einem erneuten Prozess. Auf Anraten der Staatsanwaltschaft und einer anwesenden Sachverständigen verhängte der Richter damals eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Der Angeklagte legte dagegen Berufung ein und das Landgericht Stuttgart veränderte in zweiter Instanz das Urteil: Die Freiheitsstrafe wurde wegen der positiven Prognose und der scheinbar erfolgreich verlaufenden Therapie zur Bewährung ausgesetzt.
Die nun gefundenen Chatverläufe stammen aus der Zeit des laufenden Berufungsverfahrens. Der Angeklagte gab zu, dass es sich um seine Dateien handle, allerdings seien diese noch von seiner ersten Verhandlung und seitdem habe er keine neuen heruntergeladen. Auf die Frage, wieso der Angeklagte sie immer noch besitzt und auch wieder Missbrauchsfantasien online austausche, obwohl er wissen müsse, dass es ihn wieder in Schwierigkeiten bringen kann, antwortete er sehr kurz: „Einsamkeit.“ Eine Begründung, die der Richter nicht gelten lassen will, zudem hat er seit der Verschärfung des Gesetzes auch keinen Spielraum mehr.
Die Therapiebesuche scheinen nicht zum gewünschten Erfolg zu führen
Die Bewährungshelferin des Angeklagten konnte an seinem Verhalten während der Termine nichts beanstanden. „Er ist offen und gesprächsbereit.“ Die Geheimniskrämerei mache ihm allerdings zu schaffen, nur sein Sohn wisse von der ersten Verurteilung. Seine Tochter, von der der Angeklagte einen Enkel hat, wisse jedoch nichts von den Vorstrafen ihres Vaters.
Die Frage, wie seine Therapie vorankomme, konnte der Angeklagte nur schwer beantworten. Es tue ihm gut, mit jemandem zu reden. Er müsse herausfinden, ob er tatsächlich pädophil sei und die Therapie bringe ihm viele Erkenntnisse, was er falsch mache. Zudem solle er mehr unternehmen und reale soziale Kontakte suchen und nicht nur im Internet in Chatforen.
In seinem Schlussplädoyer erinnerte der Staatsanwalt daran, was den Kinder und Jugendlichen angetan werde, damit diese Fotos entstehen. Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.
Verteidiger plädiert für die Mindeststrafe
Der Anwalt des Angeklagten plädierte für die gesetzlich vorgegebene Mindeststrafe von einem Jahr. Er stößt an, über eine Ausweitung der Therapie nachzudenken, da die bisherige Form nicht gut auf seinen Mandanten zugeschnitten sei. Der Richter und die beiden Schöffen berieten das Urteil. Der Angeklagte wurde für schuldig befunden. Zusätzlich zur verhängten Gefängnisstrafe von einem Jahr und zwei Monaten hat er auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Fälle wie diese machen ihn sprachlos, sagte der Richter. „Seit mittlerweile fünf Jahren sagen Ihnen die Polizei und die Justiz, dass es so nicht geht.“ Er selbst habe bereits beim Berufungsverfahren des Landgerichts geahnt, dass er den Angeklagten wiedersehen werde. „Ich kann einem doppelten Bewährungsbrecher auch keine positive Prognose ausstellen.“ Zudem zitierte er das Urteil des Landgerichts Stuttgart. Darin steht eindeutig, dass ein erneutes Vergehen Konsequenzen nach sich ziehen wird.
Abschließend fasst der Richter zusammen, was das Therapieziel des Angeklagten sein sollte: Diese Vorlieben könne man ebenso wenig wie Homosexualität verändern. Bei Pädophilie müsse man allerdings lernen, damit umzugehen und Vermeidungsstrategien entwickeln. Niemand dürfe aufgrund dessen zu schaden kommen.