Französischer Generalkonsul ist zu Besuch in Backnang
Die Freunde der Städtepartnerschaft Backnang/Annonay laden heute Abend in die Max-Eyth-Realschule aus Anlass des fünften Jahrestags des Aachener Vertrags in diesem Jahr ein.
Im Vorfeld seines Besuchs in Backnang spricht Gaël de Maisonneuve, französischer Generalkonsul in Stuttgart, über Möglichkeiten, die deutsch-französischen Beziehungen zu erneuern und zu stärken.
Bei der Podiumsdiskussion heute Abend in Backnang soll es auch um die Frage gehen, ob die Städtepartnerschaft eine Zukunft hat oder ob sie ein Vehikel der Vergangenheit ist, das durch die grenzenlose Globalisierung überholt sein könnte. Bekommen die Partnerschaften angesichts vermehrter EU-kritischer Töne von Parteien im EU-Raum und dem Aufflammen des Nationalismus in erschreckendem Ausmaß auch in Frankreich und Deutschland nicht wieder eine noch wichtigere Bedeutung als in politisch ruhigeren Zeiten?
Für uns sind die Städtepartnerschaften super wichtig. Wir machen, was wir können, um gegen Rassismus und Krieg in Osteuropa zu kämpfen. Konservatismus und Nationalismus gibt es auf beiden Seiten. Wir brauchen die Partnerschaften und wir arbeiten daran, die Vernetzung zwischen den beiden Ländern zu verstärken. Und unsere Rolle als Generalkonsulat ist es, zu helfen, zu diskutieren. Das ist ein Grund, warum ich auch nach Backnang komme. Hier eröffnet sich eine neue Möglichkeit des Austauschs. Ich freue mich sehr über dieses Treffen.
Kennen Sie Backnang?
Noch nicht. Ich versuche, mit allen Vereinigungen einen guten Kontakt zu bekommen. Zwischen Frankreich und Baden-Württemberg gibt es über 460 Partnerschaften. Selbst wenn ich eine Einladung am Tag hätte, bräuchte ich mehr als ein Jahr, um alle kennenzulernen.
Die Partnerschaftsvereine sind ja nur eine Seite der Medaille. Da sind noch viele Institutionen und Initiativen, die die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit unterstützen können. Wie sehen Aktivitäten auf dieser Ebene aus?
Auf meine Initiative hin trafen sich zum Beispiel rund 80 Teilnehmer aus Baden-Württemberg anlässlich des Deutsch-Französischen Tags im Januar im Deutsch-Französischen Kulturinstitut in Tübingen. Zu den Themen gehörte auch, wie man das eigene Netzwerk stärken kann.
Viele Partnerschaftsvereine suchen in diesen Tagen nach Möglichkeiten, sich zu erneuen. Dabei geht es um die inhaltliche Erweiterung des Partnerschaftsverständnisses und Themen wie Nachhaltigkeit, Migration, Integration. Wie könnte das konkret aussehen?
Die lokalen Initiativen sind gefragt, eigene Themen zu entwickeln. Zum Thema Nachhaltigkeit gibt es eine Zusammenarbeit zwischen Freudenstadt und Courbevoie bei Paris: Das Projekt richtet sich gegen die Lebensmittelverschwendung. Das ist ein praktisches Beispiel einer lokalen Initiative, die sehr bedeutend ist. Der Kampf gegen Verschwendung von Speisen wird vom Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg unterstützt. Im März gehe ich nach meinem Antrittsbesuch anlässlich der Eröffnung der Projektausstellung wieder nach Freudenstadt, um an einer Diskussion teilzunehmen.
In Stuttgart wurde 2016 in Kooperation mit Straßburg das EU-Projekt CitCom. (Citizens and Communities – Living together in Solidarity) zu Themen wie Zusammenleben in einer Stadtgesellschaft, Migration/Integration, Bürgerbeteiligung, Jugendpartizipation und europäische Bürgerschaft gestartet. Auch bei dieser Bürgerbegegnung haben wir ein weites Themenfeld unter dem Dach der Partnerschaften.
Das sind wichtige Themen. Es gibt viel Austausch zwischen Straßburg und Stuttgart. Das ist eine sehr bedeutende Städtepartnerschaft. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper war ja vorher OB in Backnang. Wir arbeiten natürlich mit dem OB in Stuttgart, dem Sitz des Konsulats, zusammen.
Die Freunde der Städtepartnerschaft Backnang/Annonay konzipierten die Veranstaltung in der Max-Eyth-Realschule in Backnang heute Abend aus Anlass des fünften Jahrestags des Aachener Vertrags, der 2019 unterzeichnet wurde. Im Zusammenhang mit dem bilateralen Abkommen wurden auch ein Bürgerfonds und eine deutsch-französische Zukunftswerkstatt gegründet. Sind dies Erfolgsgeschichten?
Weitere Themen
Ich habe in Baden-Württemberg viele Projekte zu Bereichen wie Kultur, Geschichte, Austausch, Städtepartnerschaft gesehen, die durch den Fonds gefördert wurden. Die Zukunftswerkstatt ist ebenso ein Forum, um neue Ideen zu kreieren. Alles zusammen war das Abkommen eine sehr gute Idee der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, um neue Energie in unsere Zusammenarbeit zu bringen.
Eine feine Sache ist auch das im Juli 2023 zwischen Frankreich und Deutschland unterzeichnete bilaterale Abkommen, das die berufliche Eingliederung junger Menschen im grenzüberschreitenden Raum fördern soll.
Das ist eine sehr schöne Idee. Unsere ehemalige Außenministerin Catherine Colonna und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock haben den Vertrag unterzeichnet. Jetzt versuchen wir, die Finanzierung zu konkretisieren. Hier möchte ich noch
die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nennen, bei der sich Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland zusammengetan haben. Dahinter steckt ein sehr aktives verwaltungspolitisches Gremium. Im Freundschaftsvertrag von 2019 hat diese Zusammenarbeit der Länder und Regionen eine besondere Würdigung bekommen. Stolz sind wir auch auf die am 14. Juli 2020, am französischen Nationalfeiertag und mitten in der Coronapandemie vom Ministerrat verabschiedete Frankreich-Konzeption. In fast allen anderen Ländern gibt es keine solche Strategie.
Sie halten in Backnang auch einen Impulsvortrag zur Zukunft der deutsch-französischen Beziehungen. Wo sehen sie Potenziale, wo sehen Sie Schwierigkeiten?
Die Idee bei diesem Vortrag ist ein Austausch mit dem Publikum über die Wichtigkeit des Aachener Vertrags und über Möglichkeiten, die es für die eigene Arbeit gibt. Die Leute kennen diese nicht immer. Mein Ziel ist es, neue Informationen ans Publikum zu bringen.
Das Gespräch führte Ingrid Knack.
Vita Gaël de Maisonneuve hat am 1. September 2022 sein Amt als französischer Generalkonsul in Stuttgart angetreten. Er ist zugleich Direktor des Institut Français in Stuttgart. Gaël de Maisonneuve, seit September 2017 Leiter des Referats Angelegenheiten der Frankophonie im Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten, hat sich seit jeher für die Frankofonie begeistert, die ihn seine gesamte berufliche Laufbahn begleitet hat. Zuvor war er Gesandter der französischen Botschaft in Brasilia. Von 2009 bis 2013 war er als französischer Generalkonsul in Miami tätig. Gaël de Maisonneuve war zwei Jahre lang Berater im Kabinett von Minister Bernard Kouchner. Als leidenschaftlicher Linguist arbeitete er mehrfach in Asien. Gaël de Maisonneuve wurde 1967 geboren und studierte an den Universitäten Sciences Po und ESSEC sowie am INALCO.
Veranstaltung Der französische Generalkonsul Gaël de Maisonneuve kommt heute nach Backnang. Der Verein „Freunde der Städtepartnerschaft Backnang/ Annonay“ lädt ein zu dieser Veranstaltung in der Max-Eyth-Realschule (Hohenheimer Straße 10) anlässlich des jährlich begangenen deutsch-französischen Freundschaftstags. Start ist um 19 Uhr. Der Generalkonsul wird in einem Impulsreferat zum fünfjährigen Bestehen des Aachener Vertrags sprechen; dieser beinhaltet eine Fortführung und Vertiefung des Élysée-Vertrags vom Januar 1962. Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion statt zum Thema „Deutsch-französische Beziehungen: Wünsche und Möglichkeiten. Hat die Städtepartnerschaft eine Zukunft oder ist sie ein Vehikel der Vergangenheit, das durch die grenzenlose Globalisierung überholt ist?“ Im Vorfeld der Veranstaltung wird sich der Generalkonsul ins Goldene Buch der Stadt Backnang eintragen.