Das Ende der Spiegelberger Rennstrecke

Nach mehreren Jahren Planung kann die Sanierung der Ortsdurchfahrt im August tatsächlich beginnen. Die Pläne und der Ablauf des Bauvorhabens wurden Interessierten im Rahmen eines Informationsnachmittags erläutert.

Aus erster Hand: Bürgermeister Uwe Bossert (links) erläutert die Planung zur Sanierung der Ortsdurchfahrt Spiegelberg. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Aus erster Hand: Bürgermeister Uwe Bossert (links) erläutert die Planung zur Sanierung der Ortsdurchfahrt Spiegelberg. Foto: J. Fiedler

Von Kristin Doberer

SPIEGELBERG. Riskante Überholmanöver und Beschleunigungen auf weit über 50 Kilometer pro Stunde im Ortsinneren. Das sei auf der langen Gerade der Ortsdurchfahrt in Spiegelberg momentan an der Tagesordnung, erzählt ein Anwohner. Nach Abschluss der Sanierung der Ortsdurchfahrt L 1066 im April 2021 soll damit aber Schluss sein. Die Sanierung soll nämlich nicht nur den Ortskern nachhaltig aufwerten, sondern vor allem mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger bieten. Um das zu erreichen, wurden mehrere Maßnahmen geplant. Zum einen wird es in der Ortseinfahrt eine Querungsmöglichkeit mit zwei Verkehrsinseln für Fußgänger und Radfahrer geben. Denn besonders Radfahrer, die aus dem Ort rausfahren und nach links auf den Radweg abbiegen wollen, seien an dieser Stelle stark gefährdet. Die Querung soll außerdem den Verkehr von Sulzbach kommend verlangsamen. Denn die etwa 800 Meter lange Ortsdurchfahrt verläuft vom Ortsschild bis etwa zum Rathaus fast kurvenlos. „Diese Rennstrecke durch den Ort soll so ein Ende finden“, sagt Norbert Neuser, Projektleiter von LBBW Kommunalentwicklung.

Auch sollen Schutzstreifen für Radfahrer auf beiden Straßenseiten aufgetragen werden. „Durch die optische Verengung der Fahrbahn müssen Autofahrer vorsichtiger fahren, dadurch soll der Verkehr weiter verlangsamt werden“, sagt Neuser. Denn durch die Schutzstreifen wird die Fahrbahn, die an ihrer engsten Stelle im Moment etwa sieben Meter breit ist, auf nur noch 5,50 Meter verengt. An einer besonders breiten Stelle beim Rathaus sollen außerdem etwa 50 Zentimeter der Fahrbahn dem dort sehr engen Fußgängerweg zugesprochen werden.

In diesem Zug werden auch alle Gehwege saniert, die vier Bushaltestellen werden barrierefrei umgebaut und mit einem Blindenführsystem ausgestattet. Die Bushaltestellen sollen aber weiterhin in Busbuchten bleiben. „Ziel ist es, den Verkehr weiter fließen zu lassen“, sagt Bürgermeister Uwe Bossert.

Anwohner können Fragen stellen und Bedenken äußern.

Starten soll das Projekt Mitte bis Ende August, bis zum April 2021 muss es fertiggestellt sein, damit Förderungen aus dem Landessanierungsprogramm noch in Anspruch genommen werden können. Bei Gesamtkosten von etwa 1,7 Millionen Euro belaufe sich der Eigenanteil der Gemeinde auf rund 600000 Euro. Für den Bau der barrierefreien Bushaltestellen könne die Gemeinde weitere Zuschüsse erhalten.

In insgesamt fünf Bauabschnitten sollen zunächst die Vorarbeiten an der Straße geleistet werden, erst dann soll ganz zum Schluss der Feinbelag aufgetragen werden, wozu die Straße komplett gesperrt wird. Zeitgleich mit dem dem ersten Bauabschnitt, der Ortseinfahrt von Sulzbach kommend, starten auch die Sanierungsarbeiten an der Senzenbachbrücke, die wohl etwa drei Monate dauern werden.

Ob die Maßnahmen den Verkehr tatsächlich etwas ausbremsen, sehen einige Anwohner noch immer skeptisch. „Nach der Querung haben die Autofahrer noch genug Strecke zur Verfügung, um einfach wieder zu beschleunigen“, gibt zum Beispiel Fritz Simmendinger zu Bedenken, der direkt an der langen Gerade wohnt. Auch am Infonachmittag kam deshalb mehrmals die Forderung nach einer Tempobegrenzung auf 30 oder 40 Kilometer pro Stunde. Das sei allerdings nicht auf der ganzen Ortsdurchfahrt machbar, nur in einem kleinen Bereich im Ortskern wird eine 30er-Zone entstehen. „Wir wollten eigentlich auf der gesamten Ortsdurchfahrt ein Tempolimit von 40. Das wurde allerdings nicht genehmigt“, sagt Bossert. Der Grund sei, dass es sich um eine Landesstraße handelt, auf der der Verkehr so gut wie möglich fließen soll. Ausnahmen gebe es nur für Gemeinden, die einen Lärm-Aktions-Plan haben, wie es zum Beispiel in Oppenweiler der Fall ist, so Neusser.

Während der etwa achtmonatigen Bauzeit soll der Verkehr so gut wie möglich weiter fließen. Für einen Großteil der Zeit wird die Straße einseitig gesperrt, der Verkehr soll von einer Ampel geregelt werden. Nur die abschließende Maßnahme – das Auftragen des Feinbelags – muss unter einer Vollsperrung geschehen. Der Feinbelag soll im März 2021 auch abschnittsweise aufgetragen werden, sodass immer nur ein kleiner Straßenabschnitt für etwa zwei Tage pro Abschnitt voll gesperrt werden muss.

Eigentlich sollten die Bürger von Spiegelberg schon vor einigen Wochen über die geplanten Maßnahmen informiert werden. Aber auch hier ist Corona dazwischengekommen und die Veranstaltung hätte wohl auch vor Beginn der Baumaßnahmen nicht in seiner geplanten Form stattfinden können. Um den Bürgern trotzdem die Möglichkeit zu geben, sich die Pläne anzuschauen und Fragen zu stellen, wurde eine Infoveranstaltung der etwas anderen Art organisiert. Immer fünf bis sechs Bürger konnten an dem Infonachmittag die Pläne zwischen 14 und 18 Uhr anschauen und sie sich von Bürgermeister Bossert und den Planern erläutern lassen. Mit Mundschutz, Datenangabe und mit vorheriger Terminanmeldung natürlich.

Der Infonachmittag wurde sehr gut angenommen, so Bossert. Etwa jede halbe Stunde wurde eine neue Gruppe in den Saal des Feuerwehrgerätehauses gelassen, jede war voll besetzt mit etwa fünf bis sechs Interessierten. Da waren nicht nur Spiegelberger, sondern auch einige Interessierte der umliegenden Gemeinden. Bedenken und Nachfragen gab es zu verschiedenen Themen. Parkplatzsituation, Tempobegrenzungen und die Materialauswahl. „Manchen gefällt die Farbe der Gehwegsteine, die der Gemeinderat ausgesucht hat, zum Beispiel nicht. Andere hinterfragen die Platzierung der Zebrastreifen“, sagt Bossert. Ein Zebrastreifen wird zum Beispiel näher an des Pflegeheim gelegt. Die Gedankengänge und Zwänge, die hinter so mancher Entscheidung stecken, sollen bei dem Infonachmittag auch erklärt werden. „Bei vielen Entscheidungen hat auch das Land mitzureden“, erklärt der Bürgermeister.

Sobald alle Arbeiten vom Gemeinderat vergeben sind und die genauen Starttermine stehen, wollen sich die Verantwortlichen nochmal einzeln mit den betroffenen Anwohnern treffen, um auch letzte Probleme zu klären und offene Fragen auszuräumen. Simmendinger zumindest sieht die Maßnahmen, besonders zur Radsicherheit als sehr sinnvoll an. „Dass an der Stelle noch nicht mehr passiert ist, war nur Glück.“ Trotzdem hofft er darauf, dass der Verkehr mit weiteren Möglichkeiten verlangsamt wird. „Können wir nicht einen Blitzer aufstellen?“, fragt er am Infonachmittag und bietet dafür auch direkt einen Platz auf seinem eigenen Grundstück an.

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Erstellt:
11. Juli 2020, 06:00 Uhr

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