Das zweite Backnanger B-14-Viadukt wächst und wächst
Das Regierungspräsidium Stuttgart geht davon aus, dass das zweite Backnanger Murrtalviadukt im Juli 2025 fertiggestellt wird. Die Bauarbeiten am vierstreifigen Ausbau der Bundesstraße 14 laufen in diesem Abschnitt derzeit auf Hochtouren. Pfeiler für Pfeiler wird betoniert.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Wer in den vergangenen Monaten über das Backnanger B-14-Viadukt gefahren ist, der sieht seit April zwar, dass nebenan am zweiten Brückenbauwerk gearbeitet wird, aber was genau dort passiert, das entzieht sich den Blicken. Das verwundert wenig, wurde anfangs doch meist nur an den Widerlagern oder den Fundamenten der neuen Brücke geschafft. In jüngster Zeit jedoch wächst ein Betonpfeiler nach dem anderen in die Höhe und die beiden Kräne im Dienst des Generalunternehmers Wolff und Müller sind im Dauereinsatz. Nicole Liebeskind, die Projektleiterin des Regierungspräsidiums Stuttgart, ist daher auch zuversichtlich, dass der im Frühjahr letztmalig korrigierte Zeitplan eingehalten werden kann. Das heißt: Das zweite Backnanger Viadukt ist bis Juli 2025 fertiggestellt. Und zwar inklusive der Lärmschutzwand in Richtung Stadt.
Allerdings bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass vom Sommer 2025 an der Verkehr auf beiden Brücken gleichzeitig rollt. Der Grund für diese Einschränkung ist, dass in wenigen Wochen auch mit dem vierstreifigen Ausbau des B-14-Abschnitts zwischen den beiden Viadukten und dem Wasserturm begonnen wird. In diesem Bereich muss während der Bauphase die Fahrbahn je nach Baufortschritt mehrfach verlegt werden; schließlich soll der Verkehr trotz aller Aktivitäten ständig auf der Bundesstraße fließen. Und von diesen Verlagerungen der Fahrbahnen hängt ab, über welches Viadukt der Verkehr geführt wird. Die Konsequenz ist: Der Verkehr wird erst vierspurig über das Murrtal rollen können, wenn auch die Straße bis zur Krähenbachkreuzung vierstreifig ausgebaut ist. Und das wird vermutlich erst 2027 der Fall sein.
Die Bohrpfähle reichen im Untergrund bis zum Fels
Knapp 395 Meter wird das zweite Viadukt künftig lang sein. Aktuell wird auf der gesamten Länge an verschiedenen Punkten gebohrt, gerüttelt, eingeschalt, betoniert, Material weggefahren und herangekarrt. Einige Bestandteile des Viadukts sind nahezu fertig oder schon weit gediehen, so etwa das Widerlager in Richtung Stuttgart oder die sechs südlichsten der insgesamt 18 Pfeiler. Jeweils zwei dieser Pfeiler ruhen auf einem Fundament, das wiederum von vier Bohrpfählen mit je 90 Zentimeter Durchmesser getragen wird. Die Bohrpfähle wurden so lange in den Untergrund getrieben, bis sie auf Fels gekommen sind.
Auf dem Fundament entstehen die Pfeiler in jeweils etwa sechs Meter hohen Segmenten. Erst werden die Schalungen zusammengefügt, dann die drei Tonnen schweren Bewährungskörbe eingeführt und dann wird das Segment mit Beton ausgegossen. So wachsen reihum mehrere Pfeiler parallel in die Höhe. Kaum ist der Beton ausgehärtet, wird die Schalung wieder gelöst und sechs Meter höher neu zusammengesetzt. Einen Steinwurf entfernt werden die riesigen Bewährungskörbe vor Ort gefertigt. Moniereisen der verschiedensten Größen werden gebogen und verbunden und bilden ein Geflecht, das dem Beton später seine Stabilität verleiht.
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Seit Tagen zertrümmert ein Bagger den Beton des alten Kämpfers. Dieser trug jene Brücke, die 1937 errichtet, 1945 gesprengt und 1949 wiederaufgebaut wurde. Sobald wieder eine Passage in dem tiefen Loch mit losem Betongeröll übersät ist, wechselt der Baggerfahrer den Meißel mit einem Löffel, holt das Material aus der Tiefe und schüttet es in einen Muldenkipper, der es 50 Meter entfernt auf einer großen Fläche abkippt.
Abbruchmaterial wird chemisch auf Belastungen untersucht
Proben des Betons, so berichtet Carl Pollen, der für die Stuttgarter Firma Zetcon Ingenieure die Bauaufsicht innehat, werden chemisch analysiert und auf Belastungen wie etwa Kupfer untersucht. Wenn das Material unbelastet ist, so kann es zum Teil vor Ort geschreddert und wieder eingebaut werden. Andernfalls kommt es auf die Deponie.
Zwillingsbau Das Murrtalviadukt Ost soll im Erscheinungsbild der bereits bestehenden Brücke gleichen. Die sichtbaren Bauteilabmessungen sind deshalb identisch zur bestehenden Brücke. Das Bauwerk hat zwei große Bogentragwerke über die Talsenke. Gebaut wird es an der Stelle, an der das alte Viadukt bis 2012 stand.
Abmessungen Die beiden Bögen weisen bei einer Spannweite von je 107,6 Metern eine Höhe über Grund von etwa 20 Metern auf. Die Pfeiler sind 1,60 Meter breit und einen Meter dick. Die Breite zwischen den Geländern beträgt je Brückenüberbau 14,25 Meter. Die Brückenlänge beträgt insgesamt 394,60 Meter. Für das Bauwerk werden 14600 Kubikmeter Beton und 1790 Tonnen Stahl benötigt.
Kosten Der Bund investiert mit dem Neubau des Viadukts Ost ungefähr 23,7 Millionen Euro in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Das westliche Murrtalviadukt wurde in den Jahren 2009 bis 2011 gebaut. Der Bund hatte damals zugestimmt, den Ersatzbau vorzunehmen, da das ursprüngliche Viadukt in einem schlechten Zustand war.
Bietergemeinschaft Den Zuschlag für den Bau des Viadukts hat die Bietergemeinschaft der Firmen Wolff&Müller Ingenieurbüro GmbH sowie die Wolff&Müller Tief- und Straßenbau GmbH&Co. KG erhalten.
Zeitpläne Das zweite Viadukt soll Mitte 2025 fertig sein. Der benachbarte Bauabschnitt bis zum Wasserturm wird in Kürze in Angriff genommen; die Rodungsarbeiten laufen beziehungsweise sind bereits abgeschlossen. Dieser Abschnitt könnte 2027 in Betrieb gehen. Die genehmigten Kosten für diese beiden Abschnitte betragen 90 Millionen Euro. Die beiden Bahnbrücken sollen 2027 ersetzt werden. Die gesamte B14 zwischen Waldrems und Backnang-West soll – so die jüngsten Angaben – bis 2030 vierstreifig ausgebaut sein.