Der bienenfleißige Spiegelberger Bürgermeister Uwe Bossert sagt Tschüss
Verwaltung, Gemeinderat, Vereine und zahlreiche Bürger haben sich von ihrem scheidenden Bürgermeister mit einem großen Fest verabschiedet. Der Gemeindetagspräsident lobt sein Lebenswerk, die Bürgermeister ernennen Bossert zu ihrem ersten Ehrenmitglied.
Von Nicola Scharpf
Spiegelberg. „Man kann so viel Lob fast nicht aushalten.“ Mit diesen Worten wendet sich Uwe Bossert an seine rund 300 Gäste, die in die Spiegelberger Mehrzweckhalle gekommen sind, um mit ihm seinen Abschied vom aktiven Bürgermeisterdasein zu feiern. Der 58-Jährige betritt das Podium als letzter Redner des Abends, an dem er nicht nur als verdienter Kommunalpolitiker nach über 23 Jahren an der Spitze der Gemeinde Spiegelberg in den Ruhestand verabschiedet wird, sondern an dem er als Mensch und für sein Lebenswerk Würdigung erfährt – sei es in Form von Grußworten, Liedern, Videobeiträgen oder Komikeinlagen.
Uwe Bossert und seine Frau Susann werden im neuen Feuerwehrauto zu Hause abgeholt und fahren mit Blaulicht vor der Halle vor. Drinnen volles Haus und schmissige Klänge vom Musikverein Spiegelberg, der das Abschiedsfest musikalisch einläutet. Manfred Schaible, stellvertretender Bürgermeister und selbst ernannter Gemeinderatsdinosaurier eröffnet. In der nahezu ein Vierteljahrhundert währenden Zeit Bosserts als Bürgermeister sei einiges angefallen zum Erzählen – zumal: „Unser Bürgermeister war eigentlich immer da. Selbst wenn er mal weit weg war, war für diese Zeit alles bis ins Detail vorausgeplant.“ Telefonischen Kontakt habe es in diesen Fällen alle zwei Tage gegeben – was nicht wie Big Brother angemutet habe, sondern eher wie ein treuer Ehemann, der anruft, um zu hören, wie es geht. Schaible kommt hochgerechnet auf 280 „immer harmonische“ Gemeinderatssitzungen mit „präzise formulierten Verwaltungsvorschlägen“, die Bossert leitete.
Die Weitsicht, das Vorausschauende, großartiger Einsatz, mit Leib und Seele engagiert, mit möglichst wenigen Mitteln das Maximum herausholen: Formulierungen wie diese fallen bei der Ansprache des Landrats. Richard Sigel überreicht zwar die Entlassungsurkunde, mit der Bossert zum Bürgermeister a.D. wird, hat außer dieser Formalie vor allem aber Persönliches dabei. „Lieber Herr Bossert, lieber Uwe, es ist mir wirklich wichtig, dich persönlich zu verabschieden.“ Im Glückwünschebuch, das zwar unscheinbar aussieht, es aber in sich hat, übermitteln Prominente ihre Abschiedsgrüße. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger findet für jeden Buchstaben des Nachnamen Bossert eine Bossert’sche Eigenschaft: B wie bienenfleißig, o wie offenherzig, s wie schlitzohrig („Fragen Sie gerne in den Ministerien nach, welcher Bürgermeister besonders geschickt ist beim Heranziehen von Fördergeldern...“), s wie sportlich (Kapitän der Bürgermeister-Fußballmannschaft), e wie ehrlich, r wie richtungsweisend, t wie tüchtig und tapfer. „Das, was in den letzten 23 Jahren hier bewegt wurde, war richtungsweisend. Das ist nicht selbstverständlich. Großen Respekt für diese Lebensleistung.“ Weitere Wegbegleiter wie der SPD-Landtagsabgeordnete Gernot Gruber, Leutenbachs Bürgermeister Jürgen Kiesl als Vertreter der Bürgermeister im Landkreis, Kommandant Michael Hoffart für die Spiegelberger Feuerwehr und Sportvereinsvorstand Andreas Herrmann für die Vereine im Ort wählen würdigende Worte für den „immerschaffigen Bürgermeister“, der den „Heiligenschein des Fördermittelkönigs“ trägt (Gruber) und eine „sehr hohe Messlatte“ (Herrmann) hinterlässt. Kiesl ernennt Bossert außerdem zum ersten Ehrenmitglied des Kreisverbands Rems-Murr im Verband baden-württembergischer Bürgermeister. Kämmerin Ina Krone spricht für das Rathausteam gereimte Abschiedsworte und überreicht dunkelrote Puma-Sneaker, einen Geschenkkorb, einen Gutschein. Der Gabentisch ist gut gefüllt. Berührend wird es, als der wegen einer Terminkollision fehlende Christoph Jäger – Bosserts Freund und Kollege aus Großerlach – auf Leinwand am Klavier sitzend zu sehen ist und sein Abschiedslied, frei nach François Villon, exklusiv für Uwe Bossert anstimmt.
Nun ist Zeit fürs Staubsaugen
Und nun? Das fragt sich Überraschungsgast Sebastian Scheuthle. Der Komiker tritt mit seiner Frau, als Standesbeamter hat Bossert das Paar im Sommer getraut, auf. „Was kommt danach?“, fragt er. Sie: „Hecke schneiden.“ Er: „Hat er einen Garten?“ Sie: „Das ist Ansichtssache.“ Jedenfalls dringe er nun ins Reich seiner Frau ein mit seiner Zeit. Er müsse Kochbücher auswendig lernen und Staub saugen. Oder man hocke sich mal aufs Bänkle – bei einem Ausflug, zum Beispiel in die Wilhelma. „Jetzt kommt die Zeit, wo die echte Ehe anfängt.“ Die beiden wünschen Bossert und seiner Frau „noch mal die Länge der Amtszeit nur anders“, love, peace and cabrio-driving.
Bossert dankt allen Beteiligten für einen „wahnsinnig tollen Abend“, eine „wunderbare, kurzweilige Abschiedsfeier“. Er dankt seiner Familie, die ihm sehr oft zum Wohle der Gemeinde Spiegelberg den Rücken freigehalten habe. Er habe sich von der Bürgerschaft und dem Gemeinderat wertgeschätzt gefühlt. Seine Zeit und Aufgabe als Bürgermeister habe er als sinnstiftend und erfüllend empfunden. „Wir haben – es haben viele dazugehört – viel bewegt.“ Wieder einmal zitiert er: „Kommune ist nie fertig.“ Er, der Sportsfreund, aber schließt nun mit Trapattonis Worten: „Ich habe fertig. Der Kapitän verlässt den Platz. Danke. Tschüss.“ Die Gäste quittieren es mit Zugaberufen und Standing Ovations.