Die TSG Backnang bietet Sportkurse für Krebspatienten
Am morgigen Sonntag ist Weltkrebstag. Für das Leben nach der Krebstherapie gibt es bei der TSG Backnang 1846 zwei Gruppen, in denen ehemalige Krebspatienten wieder mit dem sportlichen Training beginnen und ein neues Bewusstsein für ihren Körper entwickeln können.
Von Carolin Aichholz
Backnang. „Wir machen das ganz entspannt, jeder so, wie er kann“, sagt Andreas Simon zu Beginn jeder Übungseinheit zu seiner Gruppe. In der Sporthalle auf dem Hagenbach breiten zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Matten aus und legen das Equipment bereit: Sie sind nicht hier, um sportliche Höchstleistungen zu vollbringen, sondern gehören bei der TSG Backnang 1846 zum Reha-Sport. Sie wollen also nur so viel Sport zu machen, wie ihnen und ihrem Körper an diesem Tag guttut.
Die Gemeinsamkeit der Gruppe: Jeder von ihnen bekam in der Vergangenheit eine Krebsdiagnose, der eine Behandlung folgte. Dennoch sagt Übungsleiter Andreas Simon: „Bei uns geht es immer relativ locker zu.“ Für ihn ist in erster Linie das Entwickeln eines Bewusstseins für den eigenen Körper ein ganz zentraler Punkt. Und er weiß, wovon er spricht: 2018 bekam er selbst die Diagnose Prostatakrebs. „Und relativ schnell war für mich klar, dass ich gern auch etwas für andere Betroffene machen möchte.“
Also bildete sich der Übungsleiter für den Reha-Sport weiter und gründete zwei Gruppen für den „Sport in der Krebsnachsorge“. Die TSG Backnang kooperiert dabei mit den Rems-Murr-Kliniken (RMK) in Schorndorf und Winnenden (siehe Infotext). Dort erhält jeder Patient mit seiner Entlassungsmappe auch einen Flyer für die Sportgruppe. Als Voraussetzung für die Teilnahme sieht Andreas Simon lediglich die vorherige Teilnahme an einer Reha. „Dort werden die geschwächten Patienten nach den Operationen schon auf ein gewisses Level an Grundfitness gebracht, an das wir im Kurs dann anknüpfen können.“
Fünf Männer und sieben Frauen sind an diesem Abend motiviert dabei
Nach dem gründlichen Aufwärmen macht Andreas Simon mit seiner Gruppe Koordinations- und Gleichgewichtsübungen. Dann folgen einige Kräftigungsübungen, die dem einen oder anderen Teilnehmer die Schweißperlen auf die Stirn treiben. „Als Trainer ist es da auch mal wichtig, einzelne Teilnehmer ein bisschen zu bremsen, die einen falschen Ehrgeiz entwickeln“, sagt Andreas Simon. Bei der Wahl seiner Übungen variiert er gerne ein wenig, hält aber auch mehrere Kurswochen an denselben Übungen fest. „Dann können alle ihre persönlichen Fortschritte sehen, das motiviert noch zusätzlich.“
Wichtig sei auch, dass die Teilnehmer sich in der Gruppe wohlfühlen. „Wenn meine Sportler mir sagen, wie gerne sie zu diesen Terminen kommen, ist das der größte Erfolg für mich“, sagt der Übungsleiter. Anders als beim Beckenbodentraining für Männer, das er ebenfalls anbietet, plädiert er beim Sport in der Krebsnachsorge für gemischte Gruppen, an denen Männer und Frauen gemeinsam teilnehmen. „Das fördert eine positive Atmosphäre und man nimmt aufeinander Rücksicht.“
Die Teilnahme bezahlt die Krankenkasse
Kursteilnehmer Hans Brunner stimmt ihm da zu. „Es geht oft lustig zu, aber es ist niemals verletzend.“ Er erkrankte 2021 an Blasenkrebs und war nach der Operation sehr geschwächt. Nach der Reha machte er sich auf die Suche nach einer Sportgruppe. „Ich bin nicht der größte Sportler, aber bin davon überzeugt, dass es gerade nach so einer Krankheit umso wichtiger ist, etwas für die Gesundheit zu tun, um für den Alltag bald wieder fit zu werden.“
Die Teilnahme bezahlt die Krankenkasse und oft lassen sich die Verordnungen dafür auch verlängern. Viele Kursteilnehmer sind noch Jahre später Teil der Gruppe und bezahlen die Kurse dann selbst. Mit allen Neuinteressierten telefoniert Andreas Simon vorab und erklärt ihnen, wie die Stunde abläuft, damit niemand ins kalte Wasser geworfen wird und jeder schauen kann, ob das Training für ihn oder sie geeignet ist.
Das Ende von jedem Kurs wird mit einer Entspannungsübung eingeläutet. „Auch das gehört dazu, um sich mit seinem Körper zu verbinden, und da sehe ich deutlich, wie gut das meinen Teilnehmern nach dem Training tut.“ Bei der Verabschiedung gibt Andreas Simon ihnen noch einen guten Ratschlag für die restliche Woche: „Macht’s gut und bleibt geschmeidig!“
Versorgung Ärzte und therapeutische Teams der Klinik in Winnenden arbeiten in der Krebsnachsorge mit Hausärzten und den Reha-Angeboten der Sportvereine Hand in Hand. Ziel ist es, für jeden Patienten das individuell beste Ergebnis zu erreichen und beim Training die Sicherheit der fachärztlichen Begleitung zu gewährleisten.
Ziele der Sporttherapie Durch das Training werden die Leistungsfähigkeit und die körpereigene Abwehr gesteigert. Auf psychischer Ebene dient es etwa der Gewinnung von neuem Selbstvertrauen, der Akzeptanz des (veränderten) Körpers und dem Abbau von Ängsten.
Ergänzende Therapien Die Onkologien der RMK empfehlen je nach Erkrankung auch Ernährungsberatung, Musik- und Kunsttherapie, Chinesische Medizin, Akupunktur oder Qigong als ergänzende Therapien.