Drogenhändler kommt auch auf Kaution nicht raus

Drei Jahre und drei Monate Gefängnis lautet das Urteil des Stuttgarter Landgerichts. Der nun Verurteilte bereut sein Handeln.

Angeklagter legt vor Gericht ein Geständnis ab. Symbolbild BilderBox/Erwin Wodicka

© BilderBox - Erwin Wodicka

Angeklagter legt vor Gericht ein Geständnis ab. Symbolbild BilderBox/Erwin Wodicka

Von Heike Rommel

Backnang/Berglen. Das Urteil über den 34-jährigen Backnanger Dealer, der im Tatzeitraum 2018 bis 2020 im Raum Backnang und Berglen mit Cannabis, Kokain und Amphetamin mehr als 76000 Euro erwirtschaftet hat (wir berichteten), ist nun vor dem Stuttgarter Landgericht gefallen. Es lautet: drei Jahre und drei Monate Gefängnis.

Positiv auf das Strafmaß habe sich das frühzeitige Geständnis des nun Verurteilten ausgewirkt. Es habe bei der Urteilsfindung „mit einem ungemeinen Wert“ zu Buche geschlagen, sagte der Vorsitzende Richter der 17. Strafkammer, Kai Gassert.

Auf das Angebot des Verteidigers Thomas Raich, den Backnanger gegen eine Kaution von 30000 Euro aus der Untersuchungshaft zu entlassen – womit er als freiwillig zur Strafhaft Antretender gleich in den Genuss von Lockerungen gekommen wäre und seine Firma hätte weiterbetreiben können –, ließ sich das Gericht nicht ein. „Wer macht denn da die Schatulle auf?“, fragte Richter Gassert nach der angebotenen Kaution. „Divers“, lautete die Antwort des Drogenhändlers mit Blick auf Familienmitglieder im Gerichtssaal.

Rund 15 Kilogramm Marihuana fand die Polizei bei einer Durchsuchung

„Wir glauben Ihnen Ihre Reue“, resümierte die Strafkammer aus dem Prozessverhalten des Verurteilten sowie aus dessen letztem Wort ans Gericht, welches er selbst als „sehr emotional“ ankündigte. Unter Tränen beteuerte der Mann unter anderem, er schäme sich vor seiner Mutter und vor seiner Schwester. „Sie weichen vom Schema des klassischen Drogenhändlers ab“, begründete Richter Gassert das Urteil. „Nichtsdestotrotz sind Sie einer und zwar kein kleiner.“

Positiv auf das Urteil wirkte sich auch aus, dass der Backnanger auf zwei Pistolen und ein Luftgewehr verzichtet hat, die Polizeibeamte bei einer der Durchsuchungen gefunden hatten. Rund 15 Kilogramm Marihuana, mehr als ein Kilo Amphetamin und 130 Gramm Kokain waren allerdings schon ein dicker Hammer, von dem Gewinn daraus ganz zu schweigen. Von dem Kokain, darüber zeigte sich die Strafkammer erleichtert, sei wenigstens nichts unters Volk gelangt. Ansonsten stufte die Kammer den dreifach vorbestraften Backnanger (davon zweifach einschlägig) als „unbelehrbar“ ein. „Es ist unfassbar, wie man so dickschädelig durch die Welt laufen kann“, so Richter Gassert bezüglich seines Verhaltens. Der Angeklagte hätte sich das Marihuana auch einfach auf Rezept holen können, wenn er es unbedingt selbst gebraucht hätte.

Da erntete die Polizei schon einmal drei Cannabispflanzen von der Terrasse des Backnangers ab und kurz darauf wuchsen genau am selben Ort wieder zwei Pflanzen. „Andere sind geschockt, wenn die Polizei durchsucht und einem die Unterwäsche durchwühlt“, sagte Gassert. Wegen Fluchtgefahr ließ er den Haftbefehl in Vollzug.

Die Sache mit der Fluchtgefahr

Die auch aus der Untersuchungshaft heraus organisierte Firma des Backnangers und dessen Familie hätten in diesem Fall als einzige haltende Faktoren gewertet werden können. Es sei jedoch auch allen Mitgliedern der Kammer aufgefallen, dass der Verurteilte für das Gefängnis nicht gemacht sei, und es stehe zu befürchten, dass sich dieser bei Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Kaution einfach vom Acker mache.

Die 76740 Euro, welche der Backnanger Selbstständige neben dem Verdienst aus seiner Firma nachgewiesenermaßen als Drogenhändler eingenommen hatte, zieht der Staat kraft Urteils wieder von ihm ein. Am Freitag, 3. Februar, sind zwei seiner mutmaßlichen Lieferanten angeklagt, für die die neunte Strafkammer des Landgerichts neun Verhandlungstage angesetzt hat. Sie sollen nach Informationen des Stuttgarter Landgerichts über Kryptohandys und den von der Polizei gehackten Messengerdienst Sky ECC noch dickere Drogengeschäfte als der Backnanger gemacht haben.

Zum Artikel

Erstellt:
31. Januar 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen