Ein Helles geht immer

Der 6. August ist der internationale Tag des Bieres. Anlass genug, sich bei den Brauereien in der Umgebung umzuhören: Welche Sorten sind besonders beliebt? Wie hat Corona die Produktion beeinflusst? Wo geht der Trend hin? Und was trinken die Bierbrauer eigentlich selbst gern?

Thomas Szasz steht vor den beiden Braukesseln seiner Brauerei in Murrhardt. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Thomas Szasz steht vor den beiden Braukesseln seiner Brauerei in Murrhardt. Foto: J. Fiedler

Von Melanie Maier

Murrhardt. Dass an diesem Freitag der internationale Tag des Bieres ist, wusste Thomas Szasz nicht einmal. „Wir feiern eher den Tag des deutschen Bieres am 23. April“, sagt der Inhaber der Murrhardter Brauerei Hey Joe Brewing und lacht. Szasz sitzt auf einem schwarzen Sessel im Eingangsbereich der Halle, in der er seine Biere herstellt. An diesem Nachmittag ist es allerdings ruhig, die Kessel stehen still. Gebraut wird nur zweimal die Woche. Zwischen 5000 und 10000 Liter füllt Szasz jährlich ab, seit er mit dem Bierbrauen im großen Stil angefangen hat. Im Vergleich zu den nationalen Bierriesen ist das natürlich so gut wie nichts. Doch Szasz macht alles in Handarbeit, vom Schroten und Brauen bis zum Etikettieren der Flaschen. In diese kommen nur natürliche Zutaten, keine Konservierungsstoffe, weshalb der Brauer sie nicht an Supermärkte verkauft, sondern nur an Gastronomen und Stammkunden.

Die Nachfrage, sagt der 33-Jährige aus Sulzbach an der Murr, der hauptberuflich als Maschinenbauingenieur arbeitet, habe seit dem Beginn der Coronapandemie stark nachgelassen. „Die letzten zwei Jahre waren natürlich bescheiden“, sagt er. Theoretisch könnte er 500 Liter die Woche produzieren, doch so viel waren es schon länger nicht mehr. Das geht den meisten Brauern in Deutschland ähnlich. Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurden 2020 insgesamt 8,7 Milliarden Liter Bier abgesetzt, so wenig wie noch nie seit der Reform der Statistik 1993. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass Fassbier kaum noch gekauft wurde, als die Gastronomen im Lockdown schließen mussten. Dass gleichzeitig die Nachfrage nach Flaschenbier gestiegen ist, davon hat Szasz nicht profitiert. „Für uns lohnt sich Flaschenbier nicht wirklich, weil wir eben alles per Hand machen“, erklärt er.

Der Dauerbrenner ist das Helle

Fünf Sorten führt er seit der Gründung von Hey Joe Brewing 2017 standardmäßig im Sortiment, immer wieder hat er außerdem limitierte Sondereditionen im Angebot. Zum Beispiel das „Milchshake India Pale Ale“ mit Milchzucker und sehr viel Hopfen, das süß, fruchtig und cremig schmeckt. „Das brauen wir so ein- bis zweimal im Jahr und es geht immer sehr schnell weg“, sagt Szasz. Bei seinen Standardsorten – das sind ein Helles, ein Dunkles, ein Weizen, ein Pale Ale und ein India Pale Ale (IPA) – war es ihm von Anfang an wichtig, das Besondere herauszuarbeiten, „das, was das Bier jeweils auszeichnet“. Das „Siegelsberger Dunkle Lager“ zum Beispiel sei besonders malzig, das „Murrhardter Hefeweizen“, das seinen Namen dem Bürgermeister Armin Mößner zu verdanken hat, der gerne Weizenbier trinkt, habe Bananen- und Nelkenaromen. Der Dauerbrenner ist aber das Helle, ein „einfaches, schnörkelloses Bier“.

Das ist bei Andreas Huber ähnlich. „Das Schnätterle, unsere helle Standardsorte, ist am beliebtesten“, sagt der Braumeister der Brauerei Weissacher Tälesbräu. „Das liegt vielleicht auch daran, dass wir es immer im Sortiment haben.“ Genau wie Thomas Szasz experimentiert auch Huber regelmäßig mit neuen Geschmacksrichtungen, kreiert Sonder- und Saisonbiere. „Im Winter haben wir das zum ersten Mal gemacht“, berichtet er. Die 1000 Liter der Erstproduktion waren sehr schnell vergriffen, „wir mussten gleich nachlegen“, sagt Huber. Ähnlich war es mit dem „Weissacher Frühlingsbier“ vor ein paar Monaten, ganz neu ist das „Weissacher Sommerbier“, ein Summer Ale, das mit vier Prozent Alkohol recht leicht ist, in die Pilsrichtung geht und eine zitronige Note hat. „Da kann man zwischendurch auch nippen, wenn eine Flasche nur halb voll aus der Füllmaschine kommt“, verrät Huber. Dass die Saisonbiere gut ankommen, überrascht ihn nicht. Der 31-jährige Braumeister aus Weissach im Tal vermutet, dass die Leute Lust haben, ab und zu etwas Neues auszuprobieren, gerade zu Zeiten von Corona.

Jedes Bier hat seine Besonderheit

Was seine eigene Lieblingssorte ist, kann er nicht sagen. „Das ist wie eine Mutter nach ihrem Lieblingskind zu fragen“, sagt er. „Jedes Bier hat seine Besonderheit.“ Das „Schnätterle“ etwa sei „richtig süffig“, „das könnte man den ganzen Tag in sich reintrinken“. Der „Weissacher Winter“ sei sehr malzig, aber doch leicht zu trinken und das „Weissacher Woiza“ „brutal fruchtig“.

Dass die Nachfrage nach Flaschenbier durch die Pandemie stark gestiegen ist, hat auch Huber festgestellt. „Wir hatten Glück, dass wir uns vorletztes Jahr eine größere Flaschenfüllmaschine angeschafft haben“, sagt er. Der Verlauf der Pandemie, berichtet er, habe sich in der Nachfrage gespiegelt: Sobald die Restaurants offen hatten, wurde mehr Fassbier bestellt, waren sie zu, war Flaschenbier gefragt. Für den Braumeister war das eine Herausforderung: Er musste seine Produktion jedes Mal umstellen.

Was Daniel Tech während der Pandemie – zumindest vorübergehend – für sich entdeckt hat, sind Online-Tastings. Schon vor Corona hatte der 41-jährige Softwareentwickler aus Backnang, der zusammen mit Friedrich Lachenmaier unter der Marke „Brew Bros.“ Craft Beer auf dem Backnanger Straßenfest verkauft, Verkostungen vor Ort angeboten. Wegen Corona war er auf Youtube umgestiegen, was aber keine Dauerlösung ist. „Das ist für die Teilnehmer sehr teuer. Wir müssen ja ganze Flaschen verschicken“, sagt er. Tech, der die Craft-Beer-Szene weltweit verfolgt, ist fasziniert davon, dass wöchentlich neue Chargen auf den Markt kommen. Was aus seiner Sicht immer geht, ist IPA. „Das ist das Premiumstück, davon gibt es unzählige Varianten.“ Der neueste Trend seien Bier-Wein-Hybride: „Die kommen gerade aus Italien zu uns.“

An diesen Tagen feiern Bierliebhaber ihr Getränk

Internationaler Biertag Seit 2008 wird der internationale Tag des Bieres jedes Jahr am ersten Freitag im August gefeiert. Die Idee geht auf die sechs US-Amerikaner Jesse Avshalomov, Evan Hamilton, Aaron Araki, Richard Hernandez, Tyler Burton und Ryland Hale zurück, die den inoffiziellen
Feiertag für Bierliebhaber bereits ein Jahr zuvor, 2007, ins Leben riefen: „Es ist ein Tag, um auf unsere Brauer und Barkeeper anzustoßen und sich über die Großartigkeit des Bieres zu freuen!“

Tag des deutschen Bieres Der deutsche Bier-Feiertag gründet auf der Verkündung des Reinheitsgebots am 23. April 1516. Damals forderte der bayerische Herzog Wilhelm IV.: Bier darf nur aus Wasser, Hopfen und Gerste bestehen. Die Wirkweise der Hefe war noch unbekannt. Der Festtag wurde 1994 vom Deutschen Brauer-Bund initiiert. Seither feiern ihn Bierfreunde, Brauer, Gastronomen und Getränkehändler mit Festen, Bierseminaren, Frühschoppen, Braukursen, Brauereibesichtigungen.

Schweiz und Österreich
Am letzten Freitag im April wird der Tag des Schweizer Bieres gefeiert. Er soll laut Schweizer Brauerei-Verband „das Handwerk der nationalen Braukunst ehren und das Schweizer Bier mit seiner ganzen Vielfalt wertschätzen“. Der Tag des österreichischen Bieres ist der 30. September, das historische Brausilvester: Bis vor 200 Jahren konnte Bier aus Herstellungs- und Lagergründen nur von Michaeli (29. September) bis Georgi (23. April) gebraut werden.

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Erstellt:
6. August 2021, 06:00 Uhr

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