Bauverzug bei der Kita Burgblick
Beim Neubau der Kita Burgblick in Oppenweiler ist so einiges schiefgegangen. Die Gründe: Corona und die nachfolgenden Lieferkettenprobleme, vereinzelt unzuverlässige Handwerker und Schwierigkeiten bei der Terminierung der Arbeiten.
Von Kristin Doberer
Oppenweiler. Eine große, lichtdurchflutete Halle als Herzstück, die Küche für die Kindercafeteria steht schon im Eck. In den Gruppenräumen zeigt der Blick aus den großen Fenstern – passend zum Namen – die Burg Reichenberg in der Ferne. Schon jetzt ist zu erkennen, dass beim Neubau der Kita Burgblick in Oppenweiler nicht nur ein schönes, sondern auch pädagogisch durchdachtes Gebäude entsteht (siehe Infokasten). Doch wirklich glücklich ist bei der Baustellenbegehung keiner der Anwesenden. „Gestresst“, sagt Bürgermeister Bernhard Bühler. „Frustriert“, beschreibt Architekt Nico Mast seine Stimmung in Bezug auf den Neubau. Und „überarbeitet“ passt wohl am besten zur Stimmung des Bauleiters, der wegen des Projekts seit zwei Jahren auf seinen Urlaub verzichtet.
Die Nerven liegen blank bei den Planern und Verantwortlichen des Neubauprojekts, denn eigentlich sollten schon längst Kinder in den Räumen betreut werden. Stattdessen beschäftigt man sich mit fehlenden Türen, falsch gelieferten Böden und einer komplizierten Fassadenkonstruktion. Mittlerweile hat der Bau fast ein Jahr Verzug. Nach Baubeginn im September 2019 war ursprünglich eine Bauzeit von 12 bis 15 Monaten angedacht. Mittlerweile liegt die Schätzung bei 23 Monaten.
Schuld an der Situation seien vor allem Corona und die dadurch ausgelösten Probleme bei den Lieferketten. „Am Anfang dachten wir, das wird gar nicht so schlimm“, beschreibt Architekt Mast die Situation Anfang 2020. Dann habe man aber plötzlich kaum noch Bauarbeiter auf die Baustelle bekommen können. „Manche Firmen wollten ihre Mitarbeiter im Lockdown nicht rausschicken, manche Handwerker mussten sich dann um die Kinderbetreuung kümmern oder waren in Quarantäne“, weiß der Bauleiter, der sich um die Terminierung der verschiedenen Gewerke kümmert.
Dann kamen die Schwierigkeiten bei den Lieferketten dazu. „Die ganz normalen Probleme, die es auf einer Baustelle eben gibt, wurden um ein Vielfaches potenziert“, sagt Bühler. Zum Beispiel wurde der Boden mit einem Fertigungsfehler geliefert. Über den hellen Boden für die Halle lief ein schwarzer Balken, der erst vor Ort festgestellt wurde. Das könne schon mal vorkommen, meint auch der Architekt. Doch statt der üblichen zwei Wochen Lieferzeit warte man nun sechs Wochen auf den Ersatz. Ein weiteres Beispiel ist der Brandschutzvorhang bei der Küchenzeile, dieser sei für Mitte August angekündigt worden. „Der verzögert sich nun um sechs Wochen, solange bleibt die Decke offen“, sagt Mast. „Und so eine Nachricht kommt gerade jede Woche, das ist bei fast allen Lieferanten ähnlich. Damit haben wir jede Woche ein neues Sandkorn im Getriebe.“ Eine Planung mache das fast unmöglich. Denn die anderen Gewerke müssen erneut warten und neu terminiert werden. Dass diese dann aber genau zu dem Zeitpunkt Zeit haben, zu dem die benötigte Vorarbeit abgeschlossen ist, sei quasi nicht möglich. Alternativen gebe es kaum, da die Lage aktuell auf fast allen Baustellen ähnlich aussehe. So verzögert sich die Bauzeit seit Monaten immer wieder.
Ein weiteres Problem, das unglaublich viel Zeit gekostet hat, war auch die spezielle Fassadengestaltung. Die unterschiedlich großen, sandsteinfarbenen Paneele sollen die Mauer der Burg Reichenberg nachahmen. „Das hat uns gleich mehrfach in Schwierigkeiten gebracht“, meint Bühler. Nach Angaben des Herstellers sei eine Unterkonstruktion geplant und vergeben worden, erst ein Dreivierteljahr später stellte der Fassadenbauer fest, dass die geplante Befestigung so nicht funktionieren kann. Die Folge: Die Unterkonstruktion musste umgeplant werden, die Dämmung musste anders hergestellt werden, neue Fensterbänke mussten bestellt und zahlreiche Anschlüsse verändert werden. „Deshalb steht auch jetzt immer noch das Gerüst. So etwas greift dann um sich und betrifft mehrere Gewerke“, sagt Mast. Bei allen Komponenten kamen dann noch die durch Corona verlängerten Lieferzeiten und die Abstimmungsprobleme mit den unterschiedlichen Firmen dazu. „Wir wollten nicht 08/15 bauen, sondern mit Qualität. Das erfordert brutal viel Abstimmung“, sagt Bühler und nennt als Beispiel spezielle Türen für Kindergartenkinder, die eine andere Breite haben als normale Türen, oder die Lüftungsanlage. Und gerade in der Hochphase seien viele Planungen nur noch per Videokonferenz möglich gewesen.
Das Einzugsdatum musste also immer und immer wieder verschoben werden. Zunächst von September 2020 zu April 2021. Nun soll das Gebäude Mitte Oktober dieses Jahres fertiggestellt und in Betrieb genommen werden. „Damit sind wir überhaupt nicht glücklich“, meint Bühler. Eigentlich hat er immer betont, dass die Kinder erst dann einziehen sollen, wenn die Außenanlagen fertig sind. Der Auftrag für die Außenanlagen wurde auch schon vor fast einem Jahr vergeben, als Zeitfenster wurde damals Dezember 2020 bis Januar 2021 angegeben. Doch solange die Fassade nicht fertig ist, könne man außen noch gar nicht beginnen. Dabei wurde auch der Druck auf die Planer und Bühler immer größer, sowohl im Gemeinderat als auch bei den Bürgern kam immer wieder die Frage auf, wie es denn bei dem Kita-Neubau aussehe. „Und die Kinder sind ja schon da“, sagt Bühler. Seit Beginn der Arbeiten sind die Kinder der Kita im Untergeschoss der Murrtalschule untergebracht. Das sei aber nicht ideal und die Zahl der Kinder steigt. Als Reserve für die vermutlich stark steigenden Kinderzahlen wolle man an den Räumen in der Schule aber festhalten, doch der Neubau soll nun so schnell wie möglich bezogen werden.
Sollte die Kita dann im Oktober tatsächlich den Betrieb aufnehmen können, werde es wohl nur eine Schlüsselübergabe geben. Eine größere Veranstaltung für die Öffentlichkeit plant die Gemeinde dann eher für den ersten Geburtstag der Kita.
Das Konzept Pädagogisch hat sich die Kita schon länger auf den Weg zu einem offenen und gruppenübergreifenden Konzept gemacht. Dies soll sich in dem Neubau dann auch baulich wiederfinden. Unter anderem durch die große, geschossübergreifende Halle, die als Verbindung der Gruppen untereinander und nach draußen in den Garten fungieren soll. Außerdem lässt sich der Bewegungs- und Mehrzweckraum zur Halle hin öffnen, wodurch der Platz für Bewegung noch vergrößert wird. Auch die Küche mit kleiner Cafeteria für die Kinder grenzt an die Halle an, wodurch dieser Bereich immer belebt sein soll.
Die Kosten Eine erste Kostenberechnung im September 2018 belief sich auf 3,34 Millionen Euro. Im September 2019 war dann der Baubeginn. Etwa ein Jahr später, im Juli 2020, wurden die Kosten bereits um etwa 200000 Euro nach oben geschraubt. Die aktuelle Prognose für die Kosten liegt nun bei 3,85 Millionen Euro, wobei hier auch zunächst nicht geplante Leistungen einfließen, wie zum Beispiel die Fotovoltaikanlage oder ein zusätzlicher Fußweg für 140000 Euro. Ob es bei dieser Prognose bleibt, sei allerdings aufgrund der aktuell schwer einschätzbaren Lage auf dem Baustoffmarkt nicht sicher.
Das Gebäude Der Neubau der Kindertagesstätte wird eine Nutzfläche von 1045 Quadratmetern auf zwei Geschossen haben. In der Maximalbelegung finden hier 100 Kinder in vier Gruppen Platz. Für die Ganztagsbetreuung gibt es auch zwei Schlafräume. Insgesamt sei das Gebäude laut Mast so flexibel, dass in Zukunft auch mehr Ganztagsbetreuung möglich wird. Nachträglich wurden noch Fotovoltaikanlagen eingeplant, durch die fast die Hälfte des späteren Energieverbrauchs gedeckt werden kann. Außerdem wurde ein Zimmer für Besprechungen vorgesehen, das auch als Wahllokal genutzt werden kann.