Eine besondere Kulturlandschaft im Täle

Diesen März wurde die Streuobstwiese in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Mit bis zu 5000 Pflanzen- und Tierarten gilt sie als einer der artenreichsten Lebensräume in Mitteleuropa. In Weissach im Tal unterstützt die Gemeinde Stücklesbesitzer beim Erhalt der Wiesen.

Ein Großteil der Bäume auf den Weissacher Streuobstwiesen trägt Äpfel. Archivfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Becher

Ein Großteil der Bäume auf den Weissacher Streuobstwiesen trägt Äpfel. Archivfoto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Weissach im Tal. Im Nachhaltigkeitskonzept von Weissach im Tal ist die Streuobstwiese längst etabliert. Bereits vor mehr als 25 Jahren hat man in der Gemeinde begonnen, Neu- und Ersatzpflanzungen zu fördern. In dem 1995 realisierten Biotoplehrpfad, dem heutigen Biotop-Erlebnisweg, nimmt auch die Streuobstwiese einen breiten Raum ein.

Doch Streuobstwiesen müssen gepflegt werden. In Weissach haben sich die Obst- und Gartenbauvereine Oberweissach und Cottenweiler sowie der Verein der Gartenfreunde dieser Pflege ehrenamtlich angenommen. Sie haben die gemeindeeigenen Obstbäume unter ihre Fittiche genommen, bieten Schnittkurse an. Vereinsübergreifend hat sich außerdem der Freundeskreis Weissacher Streuobstwiese gebildet (siehe Infokasten), dessen Mitglieder sich um den Bestand kümmern. Ein Fokus liegt auf der Mistelbekämpfung. Die parasitäre Pflanze sieht zwar schön aus, entzieht den Wirtsbäumen aber Wasser und Nährstoffe. Kann der Mistelbefall nicht eingedämmt werden, geht der Obstbaumbestand stark zurück.

Jeder Baumschnitt wird mit insgesamt 20 Euro unterstützt

Beate Zieker ist Leiterin der Stabsstelle für Klima, Umwelt, Natur und Nachhaltigkeit im Weissacher Rathaus. Mittlerweile ist sie eine Fachfrau für Streuobstwiesen geworden. Um Stücklesbesitzer unterstützen zu können, werden von ihr und ihren Kollegen verschiedene Möglichkeiten und Projekte entwickelt. Zudem unterstützt das Land mit dem Förderprogramm „Baumschnitt Streuobst“ die Besitzer finanziell.

2020 wurde es bereits zum zweiten Mal aufgelegt, es gilt für fünf Jahre. Jeder Baumschnitt wird dabei mit 15 Euro unterstützt, die Gemeinde legt noch fünf Euro drauf. Im Gegenzug verpflichten sich die Teilnehmer, ihre Bäume zweimal im Förderzeitraum zu schneiden. Das Programm sei ein Erfolg, so Zieker. Wurden im ersten Förderzeitraum von 2015 bis 2020 noch 57 Teilnehmer mit rund 6000 Bäumen unterstützt, hat sich für den zweiten Förderzeitraum seit letztem Jahr die Teilnehmeranzahl auf 73 mit rund 7300 Bäumen erhöht. „Das freut uns,“ sagt die kommunale Umweltbeauftragte.

Die Pflege der Streuobstwiesen ist aufwendig. Regelmäßiger Schnitt und Bekämpfung des Mistelbefalls können vor allem von älteren Baumstückbesitzern nicht unbedingt in dem Maße geleistet werden, wie sie eigentlich notwendig sind. Manch anderer dagegen würde sich gern um ein Baumstück kümmern, hat allerdings keins zur Verfügung. Ein Herzensanliegen ist Beate Zieker deshalb die „Streuobstwiesenkontaktbörse“. Interessenten können sich bei ihr melden. Der eine oder andere Kontakt wurde so schon erfolgreich vermittelt.

Kinder sollen wissen, wo der Apfel in der Obstschale herkommt

„Ich könnte mir auch eine Kooperation zwischen Familien und Baumbesitzern vorstellen“, sagt Zieker. Ihre Wunschvorstellung wäre eine gegenseitige Unterstützung. Ein schöner Nebeneffekt: Kinder würden schon frühzeitig erfahren, wo der Apfel in der Obstschale herkommt. Und dass es einiges an Arbeit und Pflege braucht, bis man mit einem Glas Apfelschorle den Durst löschen kann. Beate Zieker möchte die Wertschätzung dafür wecken.

Eine andere Möglichkeit der Zusammenarbeit, beispielsweise um sich das Mähen zu erleichtern, ist, die Streuobstwiese als Weidefläche für Schafe zur Verfügung zu stellen. Auch hier konnte Zieker bereits erfolgreiche Verbindungen herstellen: „Das hat super funktioniert.“

Den Weissacher Vereinen ist die Pflege dieser besonderen Kulturlandschaft im Täle ebenfalls sehr wichtig. Schnittkurse, Mistelbekämpfung, Aktionstage mit Saftpressen oder Kooperationen mit Kindergärten und Schule sind nur einige Projekte, die sie sich dazu haben einfallen lassen. Als Mitglied im Verein Schwäbisches Mostviertel bietet die Gemeinde zudem zwei Wanderwege als Teil des Rundwegs „’sÄpple“ an – selbstverständlich entlang der Streuobstwiesen.

Weissacher Streuobstwiesen

Bestand Auf der Gemarkung Weissach im Tal nimmt der Obstbaumbestand 267 Hektar ein, davon sind 96 Prozent typische Streuobstwiesen mit lichtem Baumbestand.

Auf zirka 1800 Flurstücken sind Obstgehölze vorhanden. Mit rund 82 Prozent überwiegt der Apfel, dann folgen Birne (6,5 Prozent), Walnuss (fünf Prozent), Kirsche (vier Prozent), Zwetschge (2,5 Prozent).

Schutz Vor Jahren hat sich der Freundeskreis Weissacher Streuobstwiese vereinsübergreifend gebildet. Ihm gehören die beiden Obst- und Gartenbauvereine sowie die Gartenfreunde an, dazu auch die Landfrauen, der Schwäbische Albverein sowie der Heimatverein und engagierte Bürger. Ziel ist, die Kulturlandschaft der Streuobstwiesen in der Gemeinde zu erhalten.

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Erstellt:
29. Oktober 2021, 11:30 Uhr

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