Erweiterung im Blick

Das Oppenweiler Unternehmen Murrelektronik wächst und braucht daher mehr Platz – Verschiedene Optionen stehen offen

Die Geschäfte laufen gut für Murrelektronik. Das Unternehmen floriert und beschäftigt allein am Standort Oppenweiler inzwischen etwa 660 Mitarbeiter. Zumindest räumlich stößt man da so langsam an die Kapazitätsgrenzen. Eine Expansion steht im Raum, nur wo?

Geschäftsführer Stefan Grotzke (links) und Dennis Oltmanns. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Geschäftsführer Stefan Grotzke (links) und Dennis Oltmanns. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

OPPENWEILER. Erst im November 2014 wurde das neu errichtete, etwa 3500 Quadratmeter umfassende Bürogebäude in der Grabenstraße in Oppenweiler bezogen; zurzeit wird außerdem das benachbarte Innovationszentrum um eine zweite Etage erweitert. Dennoch: Murrelektronik braucht mehr Platz. Mehr als 2700 Mitarbeiter beschäftigt der Betrieb für Automatisierungstechnik inzwischen, etwa 660 davon am Standort in Oppenweiler, und die Tendenz ist steigend. „Unser Umsatz wächst, weil wir tolle, innovative Produkte haben. Wir werden in Oppenweiler immer größer“, erklärt Geschäftsführer Stefan Grotzke. Gleichzeitig sei man bemüht, den Mitarbeitern attraktive Arbeitsplätze zu bieten – und das auch im wörtlichen Sinne. „Die Mitarbeiter sollen sich hier wohlfühlen“, sagt Grotzke. Diesbezüglich habe der Betrieb schon viel unternommen, erklärt Dennis Oltmanns, der für das Supply-Chain-Management zuständig ist: wärme- und feuchtigkeitsspeichernde Lehmwände für das Innovationszentrum, ein neues Bürokonzept mit einem Mix aus Rückzugsorten und Kommunikationsgelegenheiten, Möglichkeiten zur Weiterbildung im hauseigenen Schulungszentrum – für die Mitarbeiter lässt sich der Betrieb viel einfallen und gibt auch viel aus.

Komplizierte Ausgangslage durch den Hochwasserschutz

Nachbesserungsbedarf sieht die Geschäftsführung jedoch momentan in zwei Punkten: „Die Kantine im alten Gebäude ist größentechnisch an ihre Grenze gestoßen“, sagt Grotzke. Außerdem werde es bei den Parkplätzen auch langsam eng. Eine entsprechende Bauvoranfrage der Firma für ein Speisehaus und eine mehrstöckige Garage war im Dezember des vergangenen Jahres im Gemeinderat abgelehnt worden. Der Grund: Eine 17 Meter hohe Garage war den Gremiumsmitgliedern bei einer zulässigen Höhe von acht Metern dann doch zu viel des Guten. „Die Angelegenheit wurde zu hoch geköchelt“, findet Caroline Hafner-Pinnel, Gesellschafterin und Vertreterin der Eigentümerfamilie. Es habe sich lediglich um eine Voranfrage gehandelt.

Inzwischen habe sich diesbezüglich aber noch ein ganz anderes Problem ergeben: die Bestimmungen zum Hochwasserschutz. „Das Grundstück ist belastet. Wir führen jetzt erst einmal Gespräche, wie man da weitermachen kann“, sagt die Gesellschafterin. Das geplante Hochwasserrückhaltebecken an der Rüflensmühle würde die Sache vereinfachen, dieses wird wohl aber nicht vor 2022 fertiggestellt – eher noch später. So lange will man bei Murrelektronik nicht abwarten.

Vor Herausforderungen werde das Unternehmen auch durch den Bebauungsplan „Seelenwinkel“ gestellt. Dieser sei schon „einige Jahre alt“, sagt Grotzke, weswegen diesbezüglich die eine oder andere Ausnahme erteilt werden müsse. Beim 2014 fertiggestellten Neubau sei dies relativ problemlos vonstattengegangen. „Wir sind mit Verwaltung und Gemeinderat gut übereingekommen. Wichtig ist, dass sich das Gebäude in die Umgebund gut einfügt“, erklärt der Geschäftsführer. Die Gemeindeverantwortlichen habe er als sehr kooperativ kennengelernt und auch Caroline Hafner-Pinnel ergänzt: „Wir haben mit allen Bürgermeistern eine gute, auch enge Beziehung gepflegt und auch die Gemeinderäte sind öfters mal im Unternehmen.“ Der neue Bürgermeister Bernhard Bühler habe den Bedarf des Unternehmens nach mehr Platz auch zeitig erkannt und wolle sich dafür einsetzen.

Die Stadt Backnang bekundet Interesse für die Lerchenäcker

Der Platz werde eine spannende Frage, räumt Hafner-Pinnel ein. Denn der ist bekanntlich überall knapp. Die Möglichkeiten für ein Unternehmen wie Murrelektronik sind dennoch vielfältig und werden derzeit beraten. So habe sich beispielsweise auch die Stadt Backnang bei der Unternehmensleitung gemeldet und Interesse bekundet. Man habe den Standort im Gewerbegebiet Lerchenäcker ins Spiel gebracht. Es habe diesbezüglich einige Telefonate mit OB Frank Nopper gegeben, sagt die Gesellschafterin. „Man darf nichts ausschließen“, findet sie, macht aber gleichzeitig klar: „Das steht für uns nicht an erster Stelle. Priorität hat für uns Oppenweiler.“ Das liege einerseits an der Verbundenheit des Familienunternehmens mit der Sturmfedergemeinde – hier gründete Franz Hafner 1975 Murrelektronik und auch in vielerlei gesellschaftlichen Belangen bringt sich das Unternehmen vor Ort ein.

Außerdem sei es für die Mitarbeiter angenehmer, alles an einem Ort zu belassen. Das spreche auch gegen das Gewerbegebiet in Oppenweiler-Zell, welches sich in der Vorbereitung befindet. „Für uns wäre es schöner, wenn wir die Grundstücke, die wir hier um unseren Standort haben, auch nutzen könnten“, findet Stefan Grotzke. Gäbe es dazu eine Möglichkeit, wäre dies die bevorzugte Variante. Caroline Hafner-Pinnel sagt aber auch schon vorab: „Wenn wir bauen, bauen wir groß.“

Spruchreif sei noch nichts, man sei im Austausch mit allen möglichen Beteiligten. Wichtig sind bei der Standortentscheidung auch die Rahmenbedingungen, beispielsweise die Verkehrslage. „Die B-14-Umfahrung würde auch uns helfen, weil sie den Verkehrsfluss fördert“, sagt Grotzke. Denn das Aufkommen in Oppenweiler habe zugenommen. Wirklich problematisch seien aber andere Dinge. „Wir sind richtig gut aufgestellt mit der Bahn, aber der VVS schafft es einfach nicht, die Busverbindungen so zu gestalten, dass unsere Mitarbeiter gut heimfahren können“, so der Geschäftsführer. Entweder müssten die Schichtarbeiter früher Schluss machen oder sie stehen eine Dreiviertelstunde am Bahnhof und warten – beides sei nicht optimal. Er habe beim VVS bereits mehrere Anfragen deshalb gestellt, jedoch keine zufriedenstellende Antwort erhalten, erzählt Grotzke. Ein weiteres Brennpunktthema sei der Wohnungsbau. „Die Unterbringung der Mitarbeiter wird immer schwieriger“, sagt der Geschäftsführer. Das Unternehmen biete übergangsweise einige Wohnungen an, aber das reiche noch lange nicht aus. Im Raum Backnang sei es wie in der gesamten Region Stuttgart, fasst Caroline Hafner-Pinnel zusammen: „Es fehlen Bau- und Wohnflächen gleichermaßen.“

Murrelektronik wächst Info 1975 wurde das Unternehmen von Franz Hafner in Oppenweiler gegründet. Bis heute befindet sich hier der Firmensitz. Weltweit sind derzeit etwa 2700 Mitarbeiter angestellt. Am Standort Oppenweiler sind es etwa 660 Personen. Wenn in den kommenden Monaten die Ausbildungen beginnen, sind etwa 60 junge Menschen bei Murrelektronik in der Lehre. Das Unternehmen bietet 15 Ausbildungsberufe in verschiedensten Bereichen, außerdem auch duale Studien. Stand heute hat Murrelektronik fünf Produktionsstandorte, 25 eigene Niederlassungen und ist darüber hinaus in mehr als 50 Ländern vertreten. Das rasante Wachstum des Unternehmens zeigt sich an den zahlreichen Erweiterungen: Unter anderem wurde 2015 in Atlanta (USA) eine Produktion aufgebaut, 2016 wurde eine Niederlassung in Singapur gegründet und das Werk in Stod (Tschechien) erweitert, 2017 wurde außerdem eine Niederlassung in Indien gegründet. Pläne für den Bau einer Produktionshalle in Oppenweiler an der B14 hat das Unternehmen inzwischen wieder zurückgestellt. Das Unternehmen für Automatisierungstechnik hat etwa eine Million Artikel auf Lager. Zudem bietet Murrelektronik eine auftragsbezogene 24-Stunden-Fertigung und experimentiert derzeit außerdem mit einem Fahrzeug für schnellere Verfügbarkeit mancher Produkte – beispielsweise für den Bau des Mercedes S-Klasse-Werks in Sindelfingen.

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Erstellt:
20. Juli 2018, 06:00 Uhr

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