Fleißiger Neujahrsputz in Backnang zu früher Stunde
Mit dem Bauhof unterwegs: Während die meisten Backnanger den Neujahrstag zum Ausschlafen nutzen, sind die Mitarbeiter des Backnanger Bauhofs und eine große Gruppe muslimischer Jugendlicher unterwegs, um die Hinterlassenschaften der Silvesternacht zu beseitigen.
Von Simone Schneider-Seebeck
Backnang. Der Neujahrsmorgen um 7.45 Uhr. Wie ausgestorben liegen Backnangs Straßen da, wo sich sonst an einem Montag um diese Uhrzeit Auto an Auto reiht. Das erste Dämmerlicht erhellt die Stadt. Im Bauhof stehen die Aufräumfahrzeuge schon bereit. Zwei Kolonnen werden an diesem Vormittag im Stadtgebiet unterwegs sein, um die Überreste der Silvesterknallerei zu beseitigen. Bereits seit 5 Uhr morgens ist ein Zweiertrupp mit den üblichen, an Wochenenden und Feiertagen anfallenden Aufräumarbeiten beschäftigt, etwa mit dem Leeren der öffentlichen Mülleimer.
„Die Bleichwiese ist sicher wie immer eine Katastrophe“, befürchtet Manuel Berwig. Und auch in der Innenstadt, so seine Vorahnung, könnte trotz des Böllerverbots so einiges aufzuräumen sein. Berwig und sein Kollege Mehmet Rukolli werden heute im Innenbereich rund um Adenauerplatz, Ölberg, Biegel, Uhlandstraße, Obstmarkt, Grabenstraße und an der Bleichwiese wegräumen, was Feuerwerksfreunde liegen lassen haben. Eine zweite Kolonne ist für äußere Bereiche eingeteilt. Dabei geht es darum, an den wichtigsten Stellen der Stadt den großen Müll aufzusammeln, die Überreste von Feuerwerksbatterien, die Haltestäbe der Raketen, eben alles, was von der Kehrmaschine nicht erfasst werden kann. Denn am Dienstag ist auch diese ab 4 Uhr in der Früh unterwegs, um die kleinteiligen Reste von den Straßen zu entfernen.
Und da wird wohl so einiges zusammenkommen, sagt zumindest die Erfahrung. In den vergangenen Jahren – außer während der Feuerwerksverbote in der Coronazeit – reichten die eingeplanten vier bis fünf Stunden kaum aus zum Aufräumen. Das sei nicht nur den Feuerwerksüberresten geschuldet, sondern auch den Glasflaschen, die die Feiernden hinterlassen, berichtet Rukolli. „Das sind immer viel“, weiß er.
Es ist bereits hell geworden. Die Kolonne ist ganz zufrieden. Ihren aufmerksamen Blicken entgeht nichts, doch noch hält sich der Müll in Grenzen. Erfreulicherweise spielt auch das Wetter mit. Letztes Jahr sei an dieser Strecke doch wesentlich mehr angefallen und dazu habe es auch noch die ganze Zeit geregnet. „Es sieht sehr gut aus, so kann es weitergehen“, meint Manuel Berwig zufrieden. Am Adenauerplatz trifft man die Kollegen der Wochenend- und Feiertagsreinigungsgruppe. Man scherzt und ist guter Dinge. Weiter geht es Richtung Amtsgericht. Auch hier sieht es ordentlich aus, wie das Zweierteam erfreut und etwas erstaunt zur Kenntnis nimmt. Ähnliches gilt auch für Markt-, Gerber- und Uhlandstraße. Dass man sich überwiegend an das Böllerverbot in der Altstadt gehalten hat, damit haben die Bauhofmitarbeiter nicht gerechnet. Das sah früher mal ganz anders aus.
In anderen Jahren hat es schon schlimmer ausgesehen
Nun ist es schon fast 8.30 Uhr. Nächster Halt ist an der Bleichwiese. Hier gibt es einiges aufzusammeln, doch Manuel Berwig winkt ab. Das hat er schon wesentlich schlimmer gesehen. Wie gefährlich ist das Entsorgen der Silvesterknaller eigentlich? Blindgänger habe es noch keine gegeben, doch sowohl Manuel Berwig als auch Mehmet Rukolli haben schon erlebt, dass Feuerwerkskörper noch nachglühen. Tatsächlich – auch dieses Mal findet sich eine Batterie, die noch raucht und glüht. Bevor sie zu dem anderen Müll auf die Ladefläche kommt, muss sie erst einmal gründlich mit Wasser gelöscht werden.
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Auch Verbotenes wird eingesammelt. Hülsen von Gaspatronen liegen auf dem Platz. Dabei dürfen die auf öffentlichen Straßen und Plätzen gar nicht abgeschossen werden, wie Rukolli weiß. „Es wird auch viel ins Wasser geworfen“, berichtet er. Und das treibe dann die Murr abwärts.
Erstmals helfen in Backnang Mitglieder der Ahmaddiya-Gemeinde Waiblingen beim Saubermachen mit
An der Bleichwiese sind die Kollegen vom Bauhof nicht die einzigen Saubermänner. Eine Gruppe von 17 Männer fegt gewissenhaft und sammelt den Müll ein. Sie kommen von der Ahmaddiya-Gemeinde Waiblingen. Bereits seit 1996 sind die Gemeindemitglieder in verschiedenen Kommunen unterwegs und helfen beim Neujahrsputz, erklärt Zeeshan Javid, der selbst in Backnang wohnt. Dieses Jahr habe man zum ersten Mal die Genehmigung erhalten, in der Murr-Metropole mitzuhelfen. Der Bauhof hat die fleißigen Helfer mit Müllsäcken, Schaufeln und Besen ausgestattet, die vollen Säcke werden am nächsten Tag abgeholt. Insgesamt sind am 1. Januar über 100 Helfer in der Region Stuttgart im Einsatz.
Was nicht gezündet hat und eingesammelt wird, kommt aus Sicherheitsgründen nicht zum abgebrannten Müll und wird später extra entsorgt.
Im vergangenen Jahr wurde nach zweijähriger Abstinenz, sofern man einen Umsatz in niedriger zweistelliger Millionenhöhe als Abstinenz ansehen mag, mit Raketen und Co. ein Umsatz von rund 180 Millionen Euro erzielt. Für den aktuellen Jahreswechsel rechnet die Branche mit einer ähnlichen Zahl. Doch damit sind die Kosten nicht zu Ende, denn das Aufräumen gibt es nicht umsonst. In Backnang sind am Neujahrstag die beiden Kolonnen unterwegs, am folgenden Tag kommt die Kehrmaschine zum Einsatz. Der Müll muss gesondert entsorgt werden, allein in Backnang sind das etwa zwei Container voll. Nicht geräumt werden private Plätze wie etwa vor Supermärkten.
Fast zwei Stunden ist die Innenstadtkolonne dieses Mal unterwegs, dann geht es zum Abladen auf den Bauhof. Sonst passiert das zwei- bis dreimal, bis alles weggeräumt ist. Doch noch ist kein Feierabend. Zwar ist die Tour beendet, allerdings ist die zweite Kolonne noch unterwegs. Ehrensache, dass man die Kollegen noch unterstützt.