Auftragsflaute bei Siemens in Rastatt
Freitags bleibt das Siemens-Werk dicht
Rund 700 Siemens-Beschäftigte im Werk Rastatt müssen sich auf Gehaltskürzungen einstellen. Der Konzern reagiert auf die Auftragsflaute bei Gasheizungsprodukten.
Von Imelda Flaig
Siemens tritt angesichts der schlechten Auftragslage im Werk Rastatt auf die Kostenbremse. Der Standort ist vor allem wegen des Nachfrageeinbruchs nach Gasheizungsprodukten unter Druck.
Eine Vereinbarung des Unternehmens mit dem örtlichen Betriebsrat sieht eine Verkürzung der Arbeitszeit und auch Gehaltseinbußen vor. Die Maßnahmen gelten bereits. Das Werk bleibe bis Ende 2024 jeweils freitags geschlossen, bestätigte ein Unternehmenssprecher. Im Gegenzug müssen die Beschäftigten Urlaub und Überstundenkonten abbauen. Zudem habe man verhandelt, dass Gleitzeitkonten bis auf 100 Minusstunden möglich seien, um mehr Spielraum für die Beschäftigten zu schaffen, sagte Betriebsratsvorsitzende Alexandra Schlager.
Ab Januar 2025 bis Ende 2025 soll dann die Arbeitszeit für alle Mitarbeitenden am Standort von 35 auf 30 Stunden reduziert werden. Die Kürzungen beruhen auf dem für die Metallbranche geltenden Tarifvertrag Beschäftigungssicherung („TV Besch“). Für die rund 700 Beschäftigten sind damit Gehaltseinbußen verbunden. Um diese abzumildern, erhalten die Mitarbeiter laut Schlager monatlich zusätzlich 150 Euro. Zudem sei es für alle Beschäftigten möglich, das Tarifliche Zusatzgeld (T-Zug) in acht zusätzliche freie Tage zu wandeln. Tarifliche Leistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld werden nicht auf die abgesenkte Arbeitszeit, sondern auf die 35-Stunden-Woche angerechnet. Die Beschäftigten in Rastatt seien das erste Mal in einer Situation, in der Maßnahmen aufgrund der sehr schlechten Auftragslage getroffen wurden, sagte Schlager.
8100 Beschäftigte im Südwesten
Siemens beschäftigt 8100 Mitarbeiter an einem Dutzend Standorten in Baden-Württemberg – dazu zählt auch Stuttgart, der größte Vertriebs- und Servicestandort von Siemens in Deutschland. Bundesweit hat der Konzern rund 87 000 Mitarbeiter, weltweit mehr als 300 000 Beschäftigte.
In Rastatt fertigt Siemens Produkte für die Heizungs- Lüftungs- und Klimatechnik, die unter anderem in Gebläsebrennern, Heizkesseln und industriellen Anlagen zum Einsatz kommen. Die Komponenten finden sich beispielsweise nicht nur in Heizkesseln in Wohnhäusern, sondern auch in größeren Anlagen, wenn etwa Flughäfen oder Einkaufszentren beheizt werden müssen oder beispielsweise bei Trocknungseinrichtungen in den Lackierstraßen von großen Automobilherstellern.
Siemens begründet die Vereinbarung mit der „herausfordernden Dynamik auf den globalen Heizungs- und Gasversorgungsmärkten und der daraus resultierenden schwachen Nachfrage nach Gasheizungsprodukten – insbesondere in Europa und Asien“. Man sei aber überzeugt, dass auf den Märkten weiterhin ein Bedarf an Gasheizungsprodukten bestehe und gehe davon aus, dass sich die Märkte zu gegebener Zeit erholten. „Die Maßnahmen sind so angelegt, dass die Kapazitäten in der Fertigung im Falle steigender Nachfrage sofort wieder hochgefahren werden können.“
Siemens ist nicht der einzige Konzern, der mit Arbeitszeit- und Gehaltskürzungen auf schwindende Aufträge reagiert und so Beschäftigung sichern will. Auch Maschinenbauer Trumpf hatte erst im August angekündigt, dass die Belegschaft Einbußen hinnehmen muss. Die Vereinbarung dort sieht vor, dass Gehaltseinbußen bei einzelnen Betroffenen zehn Prozent erreichen. Die Sparmaßnahmen, die im September 2024 erstmals zu Gehaltseinbußen führen und vorerst rund acht Prozent der 6400 Beschäftigten am Stammsitz Ditzingen treffen, sollen nach früheren Angaben in den kommenden zwölf Monaten sukzessive steigen. Auch Bosch hatte bereits für seine Tochter Bosch Engineering angekündigt, ab Oktober 2024 Arbeitszeit und Gehälter zu kürzen. Davon sind rund 2300 Beschäftigte betroffen.