Fünf Sterne im Schwäbischen Wald
Anfangs erntet Jürgen Danner für seine „Schnapsidee“ von Luxusferienhäusern im kleinen Weiler Schönbronn nur Unverständnis. Inzwischen suchen sehr zahlungsfreudige Gäste aus der ganzen Welt Ruhe und Erholung inmitten entschleunigter Natur.

Die beiden Häuser mit den Luxusferienwohnungen der Familie Danner. Das Haus rechts hat ein Obergeschoss in kanadischer Blockhausbauweise, das linke wurde in alpenländischer Blockholzbauweise errichtet. Derzeit macht Corona den Gastgebern einen Strich durch die Rechnung, die Wohnungen können nicht vermietet werden, obwohl Abstand hier leicht einzuhalten wäre. Foto: privat
Von Ute Gruber
GROSSERLACH. Sterne gibt es nicht nur im Gourmet-Himmel, Sterne gibt’s auch für Ferienwohnungen. Aber nur jede zehnte der 5000 Ferienwohnungen im Ländle erreicht laut dem Deutschen Tourismusverband das Luxusniveau mit fünf Sternen. Zu Recht werden die allermeisten davon in den Tourismushochburgen Schwarzwald und Bodensee vermutet. Und doch muss man neuerdings gar nicht so weit reisen, um ein solches Kleinod der Gastfreundschaft zu finden: Seit Januar dieses Jahres darf Familie Danner im Weiler Schönbronn hoch oben im Schwäbischen Wald ihre drei Ferienwohnungen mit fünf Sternen bewerben. „Holzapart – exklusive Ferienwohnungen am Limes“ hat Jürgen Danner seine mietbaren Wohnträume genannt, in denen er seine Vision vom Leben im Holzhaus Wirklichkeit werden lässt. Laut Daniela Kories vom Schwäbischer Wald Tourismus sind dies die einzigen 5-Sterne-Fewos in der Region.
Der Bauherr verwendet nur Naturmaterialien.
Das erste Gebäude wurde 2010 an der Stelle einer alten Scheune erbaut. Keller und Erdgeschoss wurden aus Tonziegeln gemauert. Nach Möglichkeit nur Naturmaterialien wollte der Bauherr verwenden: kein Styropor, keine Folie. Das Dachgeschoss entstand in kanadischer Blockhausbauweise aus Fichtenstämmen. Jeder Baumstamm ein Unikat aus deutschen Bergwäldern, die Zwischenräume isoliert mit Schafwolle. Hier befinden sich zwei helle 60-Quadratmeter-Wohnungen mit Balkon und urigem Schlafzimmer unter den Dachbalken. Eine Holzstiege führt hinauf. Lange hatte Danner gesucht, bis er zuletzt im Hunsrück einen Fachmann fand, der seine unkonventionellen Vorstellungen präzise umsetzen konnte.
Die Wohnungen sind im Berghüttenstil eingerichtet, rustikal mit dunkelroten Vorhängen, Kaminofen und Herzchenbettwäsche. Die Bodenfliesen in Natursteinoptik bergen eine Fußbodenheizung, die aus der zentralen Hackschnitzelanlage erwärmt wird. In selbiger wird klimaneutral und autark das Schadholz aus dem eigenen Wald zu molliger Wärme verbrannt. „Der Mensch sollte so viel wie möglich mit Holz bauen“, ist Danners Credo. Neben der klimaschützenden CO2-Bindung sorgt dieses für ein heimeliges und gesundes Wohnklima: „Das unbehandelte Holz nimmt Feuchte auf und gibt sie wieder ab. Je nach Bedarf.“ Anscheinend gilt das sogar für die Bäder, wo die Dusche, zwar mit Lüftungsschlitzen, aber doch ganz unkonventionell unmittelbar unter den Holzbalken steht. Dennoch: kein Schimmel ist zu sehen. „Mein Leben lang hör ich, was nicht geht“, schüttelt der gelernte Bankbetriebswirt den Kopf. „Wenn man von einer Idee überzeugt ist, muss man dafür kämpfen!“ Etwa für die Schnapsidee, im langweiligen Schwäbischen Wald Luxusferienwohnungen anzubieten. „Das geht nicht lange gut“, unkten Besserwisser aus der biederen Provinz, „wer will denn da schon Ferien machen?“
Menschen aus der ganzen Welt. „Wir haben Gäste aus europäischen Ländern, aus den USA und aus Saudi-Arabien, Kuwait und Katar“, zählt der Gastgeber auf. Aber auch zunehmend Stammgäste aus den Ballungsgebieten Stuttgart, Heilbronn und Esslingen am Neckar suchten komfortable Entspannung von der Alltagshektik in entschleunigter Natur. „Wo kann ich sonst die Sterne sehen?“, habe ein norddeutscher Daimler-Manager geantwortet auf die Frage, wieso er denn so weit weg von der Stuttgarter Konzernzentrale logiere. „Wo fällt mein Blick auf nichts als beruhigendes Grün? Wo höre ich nachts nichts als den Ruf eines Käuzchens?“ Kein Straßenlärm, kein Dauerlicht, keine Betonwüste. Manch einer möchte gar das WLAN ausgeschaltet haben. Manche Menschen brauchen solchen Rückzugsort, um kreativ sein. Wie jene Schriftstellerin, von der tagelang nichts zu hören war. „Jetzt müssen wir mal nachsehen, ob die noch lebt“, dachten beunruhigt die Gastgeber. Alles bestens: „Ich will nur einfach in Ruhe schreiben.“
Die Abgeschiedenheit und Diskretion bei zugleich urbanem Komfort im beschaulichen Schönbronn haben inzwischen auch namhafte Gäste aus Politik, Wirtschaft und Sport entdeckt, weshalb Familie Danner 2013 gleich das nächste Projekt in Angriff genommen hat: Ein zweites Haus, dieses Mal in gediegen alpenländischer Blockbauweise, ausgeführt von der Firma Rems-Murr-Holzhaus im benachbarten Grab. Kurze Wege und der persönliche Kontakt sind Danner wichtig. Die 150 Quadratmeter große Wohnung über zwei Stockwerke bietet sieben Personen stilvoll Platz bei allem Komfort und werde gerne etwa von arabischen Großfamilien gebucht. Die Adresse in der schwäbischen Provinz finden diese über die Schweizer Premiumanbieter Interchalet oder Interhome, wo ihnen diese 5-Sterne-Etablissements sogar vergleichsweise günstig erscheinen. Denn eines ist klar: Qualität hat ihren Preis.
Dass der Schwäbische Wald so langweilig gar nicht ist, sondern außer Natur auch kulturell, sportlich und kulinarisch einiges zu bieten hat, vermittelt die hauseigene Homepage www.holzapart.de. Wegen des Corona-Lockdowns mussten seit dem 1. November alle Buchungen storniert werden – ein Drama während der lukrativen Weihnachtsfeiertage und dem Jahreswechsel, zumal bei wochenlang traumhaftem Schnee. „Dabei können die AHA-Regeln in den Fewos doch anstandslos eingehalten werden“, ärgert sich die Inhaberfamilie.
Die Sterne für Ferienwohnungen werden auf Antrag vom Deutschen Tourismusverband (DTV) anhand eines 24-seitigen Kriterienkatalogs vergeben. Gründlichst werden hierbei unter anderem sämtliche Räume mit ihrer Ausstattung unter die Lupe genommen. Gibt es im Bad denn einen Handtuchwärmer? Einen Badhocker? Einen Kosmetikspiegel? Je nachdem gibt es Pluspunkte oder Abzug. Steht in der Küche ein Kaffeevollautomat (16 Punkte) oder nur eine Filterkaffeemaschine? Gibt es eine Tiefkühlmöglichkeit (8)? Hat das Schlafzimmer Insektengitter vor den Fenstern (4)? Gibt es mindestens fünf stabile Kleiderbügel (4)?
Fünf Sterne sind maximal erreichbar, wobei für jeden Stern schon gleich gewisse Mindeststandards gefordert sind: Schimmel, Ungeziefer und Modergeruch im Etablissement sind von vornherein ein Ausschlusskriterium. Fehlende Heizung auch. Für einen Stern müssen neben Kochgelegenheit, sauberen Betten und separaten Sanitärräumen auch eine Uhr und ein Spiegel vorhanden sein. Für den zweiten: Fernseher und Kleiderschrank, für den dritten: ein Ganzkörperspiegel, Föhn und Backofen. Beim vierten Stern bekommt der Mieter eine Spülmaschine geboten, frische Handtücher und bezogene Betten, eine Couchgarnitur, dazu eine Hi-Fi-Anlage und: Er kann sich das Objekt im Vorfeld im Internet ansehen.
Wie aber ist diese Ausstattung auf Oberklassehotelniveau überhaupt noch steigerbar? Fünf Sterne bedeuten laut DTV: „Erstklassige Gesamtausstattung mit exklusivem Komfort. Großzügiges Angebot in herausragender Qualität mit sehr gepflegtem, außergewöhnlichem Gesamteindruck.“ In jedem Fall müssen 900 Punkte erreicht werden.