Geschichten vom Bösen im Menschen
Das Ehepaar Tia und Alfred Berger aus Spiegelberg schreibt seit einigen Jahren gemeinsam Horrorkurzgeschichten. Zu Halloween erzählen sie, woher sie die Inspiration für ihre dunklen Geschichten nehmen und welche Orte in der Umgebung eine gruselige Vergangenheit haben.

Eine kleine Hütte im Wald, gediegenes Licht und gruselige Geschichten: Die Nachtlesungen mit Tia und Alfred Berger in der Köhlerhütte waren immer gut besucht, nach Corona sollen diese auch wieder stattfinden können. Foto: privat
Von Kristin Doberer
Spiegelberg. „Licht aus“, „Totwald“ oder „Leichenschmaus“ – bei diesen Titeln können sich Leser schon denken, dass es sich nicht gerade um nette Gute-Nacht-Geschichten mit Happy End handelt. Im Gegenteil, vielmehr sind die Geschichten Futter für Albträume. Unheimliche Ereignisse, gruselige Schockmomente, das pure Böse. „Und manchmal liegen dann auch Organe rum“, sagt Alfred Berger. Gemeinsam mit seiner Frau Tia veröffentlicht er seit 2014 in unregelmäßigen Abständen Kurzgeschichtensammlungen, aktuell arbeiten sie an Teil sieben der Spiegelberg-Reihe. Ihre Kurzgeschichten beschreiben die Autoren als dunkle Phantastik. So schreibt Tia Berger vor allem über das Böse im Menschen und im Alltäglichen. „Meine Geschichten lege ich gern als freundliches Gesicht an, das unterschwellig und unkontrolliert das Böse transportiert. Der Von dem hätten wir das nie gedacht‘-Typ.“ Die größte Inspirationsquelle sei für sie die eigene Bosheit. „Sie flüstert mir gerne ins Ohr, in welche Situation sie diese oder jene Person am liebsten bringen würde“, meint die Autorin.
Viele Geschichten entwickeln sich aus eigenen Erlebnissen der Autoren
In den Geschichten ihres Mannes geht es dann auch mal rabiater zu, er bewegt sich zum Teil auch in die Splatter-Richtung und beschreibt exzessive Gewalt. Und woher kommt die Inspiration zu solch dunklen Geschichten? „Bei mir liegt sie im Grunde in meiner Vergangenheit“, sagt Berger. Er habe lange Jahre in der Drogenszene verbracht, war abhängig von Alkohol und Medikamenten. „In der Szene kann man eigentlich kein guter Mensch sein“, ist er sich sicher. Vor etwa 15 Jahren machte er eine Therapie, seitdem ist er clean. „Aber durch eine Therapie wird man ja nicht sofort zu einem guten Menschen. Die dunkle Seite in mir hat sich immer wieder gemeldet. Ich habe ihr dann Papier und Stift gegeben, dadurch war sie zufriedengestellt“, erzählt Alfred Berger.
Viele Geschichten der beiden finden ihren Beginn im Alltag, bei eigenen Erlebnissen und Ausflügen. Dinge, die sie erleben, spinnen sie in ihren Geschichten einfach weiter. „Ich frage mich dann: Was wäre, wenn...? Und das entwickelt sich in Geschichten auch mal in extreme Richtungen“, sagt Alfred Berger. Dadurch spielen viele ihrer Geschichten in der Gegend rund um Spiegelberg: Ein Teich wird beispielsweise zum blutigen Tatort und nach einem Besuch bei einer alten Mühle bei Mainhardt wird das Ehepaar in ihrer Geschichte von einem Geist verfolgt, es stellt sich heraus, dass die Mühle eine dunkle Vergangenheit hat. „Diese Geschichte ist bis zu einem gewissen Punkt sogar wahr“, erzählt Berger. Wo genau dieser Punkt ist, will er natürlich nicht verraten. Es gebe viele Orte, an denen er Inspiration für seine Geschichten findet. Man müsse aber offen sein für Dinge, die andere so nicht wahrnehmen, nicht hören oder spüren. „Ich spreche nicht unbedingt von Geistern“, sagt der Autor. „Eher von einer Art Lebensenergie, die an manchen Orten zurückbleibt.“ So sei die Hankertsmühle voller Energien und dadurch auch voller Geschichten, ebenso wie zum Beispiel die Burgruine beim Warthof. Und gerade auch der Wald rund um Spiegelberg ist eine Inspirationsquelle für Tia Berger.
Ihre Leser möchte die Autorin zum Innehalten bringen. „Sie sollen sich fragen: Was war das denn jetzt? Um es dann schulterzuckend abzutun, während meine Geschichte sich in ihren Nacken verbissen hat“, erzählt sie. „Und dann, wenn sie sie schon vergessen haben, sie nachts unter einer Brücke hindurchfahren, genau dann soll meine Geschichte ihr volles Potenzial zeigen und meinen Lesern das letzte bisschen Courage aus den Knochen jagen.“
Trotz kleiner Auflage: Die Kurzgeschichten gehören zu den Geheimtipps im Horrorgenre
Und das scheinen die Leser auch zu schätzen. Die Anthologien des Ehepaars gehören zu den Geheimtipps unter den Horrorfans. Bereits zweimal wurden Geschichten auch schon mit dem Vincent-Preis ausgezeichnet. Prämiert werden damit jedes Jahr die besten deutschen Werke des Genres Horror und unheimliche Phantastik. Für Selfpublisher mit einer so geringen Auflage ist das ein großer Erfolg. Und auch bei Lesungen waren die Plätze immer schnell ausverkauft. Vor allem die stimmungsvolle Lesung in der Köhlerhütte im Wald bei Großhöchberg war immer beliebt. „Es gibt auch Fans, die 500 Kilometer hergefahren sind“, sagt Alfred Berger. Nach Corona sollen die Lesungen in der kleinen Hüte auch wieder stattfinden.
Als typischen Horrorfan bezeichnet er sich aber nicht. Das, so der Autor, sei aber ein Grund dafür, dass seine Kurzgeschichten etwas anders sind, als der Horrorleser es gewohnt ist. „Es ist nicht der klassische Horror. Dadurch sind Vampire zum Beispiel völlig anders als in vielen Horrorgeschichten. Oder wenn in meiner Geschichte Zombies auftauchen, verhalten sie sich ganz anders, als man es in Film und im Fernsehen sieht“, sagt er. Tia Berger dagegen liebe es, gute Bücher und Filme von Kolleginnen und Kollegen zu lesen und zu sehen. Dabei rät sie allen Interessierten, sich bei kleinen Verlagen und bei den Selbstverlegern umzuschauen. „Horrorautoren sprechen den Teil an, der nie erwachsen werden wird und deshalb der festen Überzeugung ist, dass eben doch etwas Fremdes auf dem Dachboden wohnt“, erklärt sie ihre Faszination für das Genre. Demnach sei Halloween ebenso wie die Raunächte (die Nächte um den Jahreswechsel) ganz besonders für die Autorin. „Nicht im Sinne von Kostüm und Kommerz, sondern von Kult und Kultur.“
Auflage Tia und Alfred Berger veröffentlichen ihre Kurzgeschichten selbst. Die Bücher gibt es nur in einer limitierte Auflage von 150 Exemplaren.
Bestellen Die Bücher gibt es ausschließlich über die Bergers zu bestellen, Interessierte können sich unter alfred.berger1@web.de melden oder über die Facebook-Seite namens „Spiegelberg“.