Gespräch zwischen Paaren: Die Liebe geht ihre eigenen Wege
Zum heutigen Tag der Liebenden haben sich zwei sehr unterschiedliche Paare zu einem Doppeldate getroffen und ihre Geschichten erzählt. Werner und Christa Bachert sind vor 60 Jahren gemeinsam nach Backnang gekommen, Troy Campbell zog es für seine Frau Ines hierher.
Von Carolin Aichholz
Backnang. Auf den ersten Blick trennen die beiden Paare am runden Tisch einige Jahre an Lebenserfahrung. Doch sie kommen über ihre liebsten Urlaubsorte sofort ins Gespräch und das Eis ist schnell gebrochen. Und mindestens eine Gemeinsamkeit haben alle vier: Die Liebe zu ihrem Partner hat sie einige Hürden überwinden lassen.
Werner und Christa Bachert haben im vergangenen Jahr ihre diamantene Hochzeit gefeiert. Sie lernten sich beim Tanzen kennen. Schon die Distanz zwischen Essen und Gelsenkirchen war damals, nicht nur aufgrund rivalisierender Fußballvereine, schier unüberbrückbar. Christa Bachert benötigte damals noch die Unterschrift ihrer Eltern für die Heirat, sie war noch keine 21 Jahre alt. Beide kamen gemeinsam aus dem Ruhrgebiet nach Backnang, weil Werner Bachert in der Rundfunktechnik arbeitete und hier eine Anstellung fand. Seine Frau zog die beiden Söhne des Paars groß und arbeitete in einem Schuhgeschäft in Backnang.
Das Aufeinandertreffen von Troy Campbell und Ines, die damals noch Lang hieß, muss Schicksal gewesen sein. Kennengelernt hat sich das Paar in Schottland, wo beide zeitgleich ein Auslandssemester absolvierten. „Und wir fanden uns sehr schnell ziemlich toll“, sagt Ines Campbell heute. Dabei hatten beide das Glück, sich während einer Zeit kennengelernt zu haben, in der das Kontakthalten und die Kommunikation über weite Entfernungen hinweg bereits recht einfach waren. Nach einer zweieinhalbjährigen Fernbeziehung zog Ines Lang zu Troy nach Kanada. 2017 wurde dann gleich zweimal geheiratet. „Einmal in Kanada an einem See, weil ich das wollte. Und einmal kirchlich hier in Backnang auf Troys ausdrücklichen Wunsch.“
Der Sohn der Campbells wurde vor vier Jahren geboren, vor zwei Jahren zogen die beiden in das Haus von Ines’ Eltern im Backnanger Stadtteil Maubach. „Den beiden war ihr Haus zu groß und jetzt füllen wir es wieder“, sagt Ines Campbell. Aktuell erwartet die Krankenpflegerin Zwillinge, die im August zur Welt kommen sollen. „Wir konnten uns hier quasi ins gemachte Nest setzen.“
Anders als bei den Bacherts konnte sie beim Umzug nach Backnang auf ihre langjährigen Freunde sowie die Unterstützung ihrer Familie zählen. „Ich hatte damals niemanden“, sagt Christa Bachert, die sich im provinziellen Schwabenland der 60er-Jahre sehr schwer damit tat, Anschluss zu finden. Die Sprachbarriere sei riesig gewesen, sagt die Ruhrpottlerin, die bis heute einwandfreies Hochdeutsch spricht. Erst durch ihre Kinder fand sie Anschluss an andere Backnanger Mütter.
Eine schnellere Kommunikation bei der Geburt
Das Elternwerden zeigt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben: Christa Bachert bekam ihren Sohn in einem Krankenhaus in ihrer Heimat Gelsenkirchen. Die Nachricht wurde per Telegramm nach Sulzbach an der Murr gesendet, erreichte ihren Mann jedoch erst verspätet. „So habe ich damals erfahren, dass ich Vater geworden bin“, sagt Werner Bachert. Bei Ines Campbell verbreitete sich die frohe Kunde deutlich schneller und mit größerer Reichweite. „Meine Schwiegermutter hat die Geburt unseres Sohnes gleich auf Facebook gepostet.“
Ein Patentrezept für eine funktionierende Beziehung gebe es nicht, da sind sich alle vier einig. Man müsse sich irgendwie ergänzen und Gegensätze ziehen sich an, sagt Troy Campbell. „Und man muss einfach ehrlich zueinander sein“, sagt Christa Bachert. „Es ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Wir zoffen uns immer noch und sind nie einer Meinung.“ Daraufhin sagt ihr Mann sofort: „Nie stimmt jetzt auch nicht“ – und bestätigt damit eigentlich die Aussage seiner Angetrauten. „Wichtig ist, dass ein Partner nach so einem Crash wieder auf den anderen zugeht und einen Weg zur Versöhnung vorbereitet“, sagt er. Und man kenne den anderen auch nach all den Jahren nie in- und auswendig. „Meine Frau ist immer für eine Überraschung gut“, sagt Werner Bachert. „Und das noch nach 60 Jahren“, staunt Ines Campbell. „Das hält mich fit und trainiert meine Flexibilität“, sagt Werner Bachert.
Das Ehepaar Bachert wurde mit einigen Schicksalsschlägen konfrontiert
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Die Ehejubilare haben schwere Zeiten gemeistert. Christa Bachert erkrankte mit 38 Jahren an Brustkrebs und gründete daraufhin eine Selbsthilfegruppe für Frauen. Nicht alle Frauen aus dieser Gruppe konnten den Kampf gegen die Krankheit gewinnen. „Das mit anzusehen war sehr schwer“, sagt Christa Bachert. Als das Paar seinen jüngeren Sohn verlor, wurde auch ihre Ehe auf die Probe gestellt. „Das hat große Wunden hinterlassen“, sagt Werner Bachert. Seine Frau ergänzt: „Wir konnten miteinander nicht darüber reden. Jeder hat es auf seine Weise verarbeitet.“ Diese Situation irgendwie zu schaffen sei außerordentlich schwer gewesen. „Weglaufen ist dagegen einfach“, sagt Christa Bachert. Und ihr Mann bekräftigt: „Ich staune oft, wie schnell sich junge Leute heute trennen. Wenn man das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten zusammenzuhalten, nicht ernst meint, dann muss man auch nicht heiraten.“
Aber er sieht auch: „In schweren Zeiten muss einer stark und stabil sein, damit die Wunden des anderen heilen können.“ Unterbewusst schweißen diese schweren Erfahrungen Paare zusammen, davon ist Christa Bachert überzeugt.
Von Valentinstag halten beide Paare mittlerweile nicht mehr sehr viel
Sich an festen Tagen wie dem Valentinstag Geschenke zu machen, dafür sehen beide Paare keinen Grund. Früher hat Werner Bachert seiner Frau samstags stets Blumen vom Markt mitgebracht. „Irgendwann habe ich ihm gesagt, das muss er nicht jede Woche machen. Das war der Schwäbin in mir zu teuer“, sagt Christa Bachert und ergänzt lachend: „Und dann hat er gar keine mehr mitgebracht.“ Als sie ihren Hochzeitstag nach den aufgrund ihrer Krebserkrankung notwendigen Operationen in der Reha verbrachte, schickte ihr Mann einen großen Strauß rote Rosen.
Gekaufte Überraschungen gibt es bei den Campbells ebenfalls kaum mehr, das sei früher jedoch anders gewesen. „Während unserer Fernbeziehung haben wir uns für Jahrestage und besondere Tage wie den Valentinstag schon etwas überlegt“, erinnert sich Ines Campbell. „Da geht es viel um Wertschätzung und darum, dem anderen zu zeigen, dass man an ihn denkt.“ Troy Campbell überlegte sich einmal ein Menü, das beide an ihren jeweiligen Wohnorten nachkochten und dann zusammen per Videochat gegessen haben. „Etwas zusammen zu unternehmen finde ich an solchen Tagen immer noch sehr schön“, sagt Troy Campbell. „Mein Mann ist da viel romantischer als ich“, sagt seine Frau und lacht. „Das dürfen die Männer heute auch sein“, sagt Werner Bachert und klopft Troy Campbell auf die Schulter. „Wir dürfen romantisch sein und wir dürfen auch weinen.“
Weniger Fokus auf die klassische Rollenverteilung
Das Aufweichen der Geschlechterrollen ist für beide Paare eine sehr positive Entwicklung. Die Campbells sehen Troys Großeltern als Vorbilder an. Während seine Großmutter als Lehrerin und später Immobilienmaklerin die Hauptverdienerin war, unterstützte sein Großvater die Karriere seiner Frau und kümmerte sich maßgeblich um den Haushalt und die vier Kinder, ging jedoch auch selbst in Teilzeit arbeiten. Das habe die beiden auch für ihr Familienleben sehr geprägt, sagen die Campbells.
Die Phase nach der Familienzeit genießt das Ehepaar Bachert in vollen Zügen gemeinsam. Ihr Ruhestand gibt ihnen genug Zeit zum Reisen; bereits seit 25 Jahren fliegen sie im Winter nach Fuerteventura. Dort haben die beiden bereits eine Wohnung und eine zweite Familie gefunden. „Ich bin sehr dankbar, dass wir unser Leben gemeinsam genießen können, was gibt es denn Schöneres?“, fragt Christa Bachert und weder ihrem Mann noch dem Ehepaar Campbell fällt darauf eine Antwort ein.