Ausbau des Backnanger Hospizes beginnt

Der Ausbau des stationären Hospizes auf dem ehemaligen Backnanger Krankenhausareal beginnt. In der vierten Etage entsteht ein Tageshospiz für Kinder und Erwachsene. Während der lautesten Arbeiten ziehen die Bewohner für drei Wochen in die Palliativstation des Rems-Murr-Klinikums Winnenden.

Kran und Gerüst sind aufgebaut, die Arbeiten können starten. Die Hospizstiftung investiert in den Ausbau des Hospizes an der Bonhoefferstraße zwei Millionen Euro. Gleichzeitig hat sie während der Arbeiten wochenlang keine oder nur reduzierte Einnahmen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Kran und Gerüst sind aufgebaut, die Arbeiten können starten. Die Hospizstiftung investiert in den Ausbau des Hospizes an der Bonhoefferstraße zwei Millionen Euro. Gleichzeitig hat sie während der Arbeiten wochenlang keine oder nur reduzierte Einnahmen. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die Erweiterung des stationären Hospizes in Backnang für Kinder, Jugendliche und Erwachsene hat jetzt begonnen. Seit einigen Wochen ist das viergeschossige Gebäude schon eingerüstet. Inzwischen wurde auch der Kran für die umfangreiche Baumaßnahme aufgestellt. Dafür musste die Karl-Krische-Straße am vergangenen Freitag für einige Stunden zumindest halbseitig gesperrt und der Verkehr zum Teil durch das Bonhoeffer-Quartier geleitet werden.

Heinz Franke, der geschäftsführende Vorstand der Hospizstiftung Rems-Murr, ist sichtlich erleichtert. Nach langer Planungsphase und der Überwindung etlicher Hürden kann jetzt der Ausbau des vierten Stockwerks, das derzeit noch ein Rohbau ist, mit Hochdruck angegangen werden. Eigentlich war der Ausbaustart schon für Anfang April terminiert, aber die schwierige Verkehrsführung wegen des Kranaufbaus sorgte für vier Wochen Verzögerung. Trotz des Ärgernisses ist Franke optimistisch, dass die Arbeiten in vier bis sechs Monaten erledigt sind. Denn ein Zeitfenster steht unverrückbar fest: Vom 8. bis zum 29. Juni wird der Betrieb des stationären Hospizes vor Ort komplett eingestellt und das Hospiz geräumt. In dieser Zeit finden in dem Gebäude nämlich derart lärmintensive Arbeiten statt, dass ein Aufenthalt keinem Gast zuzumuten wäre.

Das Hospiz räumen – wie soll das gehen? Heinz Franke und sein Team haben geplant, die Belegung der zwölf Betten des stationären Hospizes ab sofort zurückzufahren. Das heißt, wenn ein Gast stirbt, wird das Zimmer nicht wieder neu belegt, sondern bleibt leer. Zudem haben die Verantwortlichen vorgebaut: Mit dem Rems-Murr-Klinikum Winnenden ist besprochen, dass drei Gäste während der Zeit des Umbaus auf der dortigen Palliativstation versorgt werden, unter anderem von zwei Mitarbeitern des Hospizes, die während dieser Zeit in Winnenden Dienst tun. Wiederum andere Gäste werden in dieser Zeit ambulant versorgt.

Komplette Stationen waren weder im Pflegeheim noch im Klinikum zu mieten

Ursprünglich hatte Franke noch ganz andere Pläne. Zuerst hätte er sich gewünscht, dass alle Gäste des stationären Hospizes für die lärmintensivsten Wochen in das benachbarte Pflegeheim umziehen könnten. Doch dort war keine Station frei. Auch Plan B – eine ganze Station im Rems-Murr-Klinikum Winnenden zu mieten und die Gäste mit dem eigenen Personal zu versorgen – scheiterte. Eine freie Station hätte es dort zwar gegeben, aber gegen diese Lösung hätten rechtliche Bedenken seitens des Klinikums gesprochen. Nun also kommt die Variante mit der Palliativstation zur Anwendung.

Finanziell ist diese Lösung für die Hospizstiftung nicht optimal. Sie muss ohnehin Jahr für Jahr ein Defizit in Höhe von 200000 bis 300000 Euro abdecken. Dieses entsteht, weil die Kostenträger nur 95 Prozent der Kosten übernehmen, den Rest muss Geschäftsführer Franke stets über Nachlässe oder Spenden aufbringen. Nun kommen in diesem Jahr für die Zeit der Erweiterung weitere Einnahmeausfälle in Höhe von etwa 100000 Euro dazu. Franke: „Die Erweiterung ist nicht nur organisatorisch eine Herausforderung für uns, sondern auch wirtschaftlich. Die Schließung kostet uns viel Geld.“ Dabei listet der Hospizchef nicht nur die drei Wochen Schließung des stationären Hospizes auf, sondern auch die Wochen davor und danach, in denen das Haus nicht voll belegt ist.

Tageshospiz soll länger geöffnet haben als ursprünglich gedacht

Die meisten Mitarbeiter haben während der lärmintensivsten Arbeiten Urlaub oder arbeiten – sofern sie in anderen Bereichen tätig sind – im Homeoffice.

Parallel zur Baustelle kümmert sich Franke derzeit um die Einnahmenseite, „wir führen intensive Tagessatzverhandlungen mit den Kostenträgern“. Noch gibt es keine Rahmenrichtlinien für das Tageshospiz, aber es scheint so, als würden sich beide Parteien an den Tagessätzen für stationäre Hospize orientieren können. Schwieriger wird es bei dem Part Kinderhospiz. Weil acht Plätze im Erwachsenenbereich Standard sind, werde dies auch für Kinderhospize gefordert. Doch Franke gibt zu verstehen: „Das ist unrealistisch. So viele Plätze gibt es bundesweit sonst nirgends und das ist auch gut so, denn es ist – Gott sei Dank – auch nicht nötig.“

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Beim Konzept des Tageshospizes hat es seit der jüngsten Vorstellung noch eine kleine Änderungen gegeben. Nun soll das Tageshospiz wochentags von 8 bis 18 Uhr geöffnet haben, zwei Stunden länger als ursprünglich geplant. Das hat laut Franke damit zu tun, dass man auch Angehörigen, „die einen normalen Arbeitstag haben“, mehr Flexibilität und Möglichkeiten einräumen wollte.

Das Angebot wird einzigartig ein

Glücklicherweise keine Veränderungen haben sich bei den Baukosten ergeben, sie belaufen sich immer noch auf etwa zwei Millionen Euro und beinhalten den Ausbau sowie die Einrichtung. Im vierten Obergeschoss des Hospizes entsteht auf der einen Seite das Kindertageshospiz, auf der anderen Seite das Tageshospiz für Erwachsene. Beide Seiten bekommen große Aufenthaltsräume und rollstuhlgerechte Funktionsräume, zudem Ruheräume, in die sich die Gäste jederzeit zurückziehen können. Von beiden Seiten gemeinsam genutzt werden die Dienstzimmer und ein Snoezelen-Raum. Mit einem solchen haben die Verantwortlichen im Famfutur bereits gute Erfahrungen gemacht. Es ist ein Wohlfühlraum mit bunten Lichtern, einem Wasserbett und Wassersäulen, „der Raum wird von den Kindern wirklich sehr gut angenommen“, berichtet Franke mit einem Verweis auf das Famfutur.

Als fünftes Stockwerk entsteht ferner eine Art Aufbau für Schulungsräume. Diese Etage hat eine deutlich reduzierte und zurückgesetzte Grundfläche. Wenn die Erweiterung vollendet ist, dann ist laut Franke ein großartiger Wurf gelungen. „Dann können wir von der Hospizstiftung Rems-Murr auf das Geschaffene stolz sein. Es wird dann ein einzigartiges Angebot sein, das es in dieser Form sonst nirgends gibt.“ Um dies zu verdeutlichen, benutzt Franke ein Bild: „Unter einem großen Dach mit einer gemeinsamen Haustür haben wir dann viele Zimmer mit vielen Verbindungstüren, wo alle unsere vielfältigen Dienste optimal zusammengefasst sind. So können wir die Begleitung, Betreuung und Versorgung unserer Gäste in optimaler Weise sicherstellen.“

Verspätung wird schnell aufgeholt, Einweihung im Herbst ist nicht gefährdet

Im Lauf des Herbsts soll laut Franke die Erweiterung einweiht werden. Die Arbeiten hängen zwar von der Witterung ab, aber er ist zuversichtlich, dass der Sulzbacher Generalunternehmer Uwe Weber das Projekt fristgerecht vollenden kann. Zumindest die vier Wochen Verspätung wegen des Krans wird das bewährte Unternehmen aufholen, ist sich Franke gewiss, „und wenn sie samstags arbeiten müssen“. Die dreiwöchige Räumung des Hospizes und die dazugehörigen Arbeiten sind nämlich fest terminiert.

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Erstellt:
7. Mai 2024, 06:00 Uhr

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