„Ich möchte es nicht mehr missen“
Kontroverse um SUVs lässt auch die Fahrer nicht kalt – Für sie überwiegen jedoch die Vorteile der Geländelimousinen
Wegen ihrer Größe und ihres Spritverbrauchs sind SUVs in Verruf geraten. Gleichzeitig war bei den Neuzulassungen in Deutschland im August jedes fünfte Auto ein SUV. Auch hier in der Region setzt sich der Trend fort. Warum kaufen so viele Menschen die Geländelimousinen? Wir haben nachgefragt.

© Pressefotografie Alexander Beche
Elke Marquardt hat sich ihren SUV gekauft, damit ihre Eltern bequem einsteigen konnten und sie Rollator und Rollstuhl einfach einladen konnte. Inzwischen weiß sie an ihrem Auto vieles zu schätzen, wie auch die gute Übersicht und den Sitzkomfort. Foto: A. Becher
Von Lorena Greppo
BACKNANG. Dass die SUVs (Sports Utility Vehicle) Gegenstand heftiger Diskussionen sind, zeigt sich am Facebook-Post der Backnanger Kreiszeitung. Wir haben die Nutzer gefragt, was sie von den Geländelimousinen halten und warum sie sich selbst womöglich für oder gegen ein entsprechendes Modell entschieden haben. Innerhalb kürzester Zeit verzeichnete der Aufruf zur Diskussion mehr als 80 Kommentare. Die Meinungen gehen weit auseinander, die einen sprechen von unnötiger Größe und hohen Emissionen, andere schwärmen vom Komfort und der guten Übersicht.
Elke Marquardt gehört zur zweiten Gruppe. Für sie war ein entscheidender Faktor beim Autokauf, gut einsteigen und das Auto einfach beladen zu können. Ihre Eltern seien zu jenem Zeitpunkt nicht mehr sehr mobil gewesen, hätten zu diversen Erledigungen gefahren werden müssen. „Später musste man noch den Rollator mitnehmen, dann den Rollstuhl“, führt die Backnangerin aus. In ihrem Opel Corsa sei das nicht möglich gewesen. Der Marke blieb sie treu und legte sich einen Opel Mokka zu, eines der kleineren SUV-Modelle. Mit der Zeit lernte Marquardt viele Eigenschaften des Autos zu schätzen: „Der Komfort ist ein ganz anderer und die Übersicht ist um Welten besser“, findet sie. „Ich möchte es nicht mehr missen.“
Ähnlich äußern sich weitere SUV-Fahrer auf Facebook. Als „praktisches Raumwunder mit toller Übersicht und guter Sitzposition“, beschreibt Nutzer Alex Hitl die Autos und fasst damit die am häufigsten genannten Vorteile der Diskussion zusammen. Nicole Unger weiß noch weitere Aspekte an ihrem Kia Sorento zu schätzen: Man könne problemlos den Wohnwagen und sonstige Anhänger dran hängen, zudem verfüge er über viel Stauraum.
Kritiker bemängeln vor allem die Ausmaße der Fahrzeuge
Die Kritiker der Geländelimousinen stören sich zum einen an der Umweltbilanz der Wagen, zum anderen an den Maßen. Facebook-Nutzer Matthias Fl schreibt: „Normale Autos sehen nur noch einen Blechberg vor sich und einen riesigen Kühlergrill hinter sich.“ Tanja Pudack führt an, dass die Fahrer sich zwar des Raums erfreuen, aber „den Platz oftmals nicht benötigen“. Die großen Fahrzeuge machten es außerdem „normalen“ Autofahrern „unmöglich, daran vorbei zu schauen“. Sie findet: „Wir sollten uns alle mal hinterfragen, ob es nötig ist, so ’ne Kiste zu fahren.“ Diese Kritikpunkte nimmt auch Andrea Bethge in ihrem Kommentar auf: „Wenn im Parkhaus so ein Teil 1,5 Parkplätze belegt und mir beim Ein- und Ausparken die Sicht nimmt, schüttele ich immer nur mit dem Kopf und ärgere mich auch.“ Martina Mairle findet: „Rein optisch machen die schon was her. Für mich wär’s trotzdem keine Option, weil ich so ein großes Auto einfach nicht brauche.“ Edith Weingarten schreibt: „Ich brauche so ein Wüstenauto nicht. Wohne in der Großstadt.“ Nutzer Kevin Schwarz berichtet, dass er sich einen SUV zugelegt habe, weil Geländewagen zu teuer seien. Sein Fazit: „Größter Fehlkauf, damit kommt man nicht mal aus einer nassen Wiese raus.“ Er habe dann lieber etwas mehr investiert und wieder einen Geländewagen gekauft.
Tanja Seid formuliert ihre Kritik drastisch: „Für mich sind SUVs asozial in allen Hinsichten“, schreibt sie und führt diverse Aspekte an, wie etwa das Verhältnis von Verbrauch und an transportiertem Lebendgewicht, die Abnutzung von Straßen, den benötigten Parkraum und die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer. „Für die Insassen mag es mehr Sicherheit vorgaukeln, für andere Menschen stellen die Gefährte eine Gefahr dar.“ In Zeiten des Klimawandels sei deren Umweltbilanz zudem bedenklich.
Auf das Kaufverhalten seiner Kunden hat die Debatte, die vor allem seit Anfang des Monats verschärft geführt wird, als ein SUV-Fahrer in Berlin in eine Personengruppe fuhr und vier Menschen tötete, bisher keinen Einfluss gehabt, berichtet Markus Mulfinger, Geschäftsführer im Autohaus Mulfinger. Den Kunden gehe es vor allem um Komfort, Übersicht und Platz. Viele wählten diese Modelle auch, weil sie „schwerere Anhänger, wie Pferde- oder Bootsanhänger ziehen“ können. Lothar Buchfink, Geschäftsführer im Autohaus Buchfink hat hingegen festgestellt, dass seine Kunden von der öffentlichen Diskussion nicht kalt gelassen werden: „Es kommt öfters vor, dass gerade ältere Leute, für die das Einsteigen in ein SUV deutlich bequemer wäre, sagen: So ein Auto will ich nicht, weil die Leute sonst mit dem Finger auf mich zeigen.“ Er bedauert den Ton der Diskussion, denn vieles werde verkannt. Beispielsweise, dass nur die wenigsten verkauften SUVs zu den „Monstern“ zählen, auf die sich die Vergleichszahlen oft bezögen. „Würde man diese großen SUVs verbieten, würde das auf der Straße gar nicht auffallen, so wenige sind das.“
„Für mich ist es eine Neiddebatte“
Obwohl sie in ihrem Freundeskreis die einzige SUV-Fahrerin ist, hat Elke Marquardt deshalb bisher keine abfälligen Kommentare zu hören bekommen. Der tragische Unfall in Berlin habe SUV-Fahrern ein negatives Image verpasst. „Nur weil man ein größeres Auto fährt, ist man doch kein Mörder“, sagt sie entrüstet. Marcel Hänsch ist vor sechs Wochen vom Coupé auf ein SUV Coupé umgestiegen und zeigt sich sehr zufrieden mit seiner Wahl. Persönlich sei er deshalb auch nicht angegangen worden, dennoch habe er das Gefühl, dass SUV-Fahrer in der Öffentlichkeit oft an den Pranger gestellt werden. „Ein Tesla ist schwerer und kann schneller werden“, führt Hänsch an. SUV-Fahrern werde eine Aggressivität unterstellt, die er im Alltag nicht bestätigt sieht. „Für mich ist es eine Neiddebatte“, sagt Hänsch. Denn SUVs seien meist etwas teurer.
Er räumt ein, dass auch das Design dabei eine Rolle gespielt habe. „Die sind schon sehr schick“, sagt er. Als Athletiktrainer der TSG-Schwimmer müsse er öfters seine Schützlinge im Auto mitnehmen, da komme ihm der viele Platz sehr gelegen. Ein Kombi böte das zwar auch, mache aber nicht soviel her. Die angeführten Kritikpunkte in der Diskussion auf Facebook sieht er in seinem Fall nicht als gegeben. „Die normalen SUVs verbrauchen im Regelfall nicht mehr oder nur marginal mehr als ein entsprechender Kombi“, sagt er. Die durchschnittlich sieben Liter an Kraftstoff, die sein Auto brauche, seien „nicht unzeitgemäß“. Elke Marquardt sieht Verbesserungsansätze an anderer Stelle: „Eher sollte man schauen, dass man gar nicht erst jeden Weg mit dem Auto zurücklegt.“ Sie gehöre nicht zu jenen, die jeden Meter mit dem Auto zurücklege. Sie habe sich sogar ein E-Bike angeschafft, um das Auto öfters sehen lassen zu können.
Was den Parkraum angeht, hängt vieles von den Ausmaßen des SUVs ab, denn diese können stark variieren. Marcel Hänsch gibt an, genauso gut mit seinem SUV parken zu können, wie mit anderen Autos zuvor. Das ist aber nicht bei allen Modellen so. Facebook-Nutzerin Di Ana ist selbst SUV-Fahrerin und räumt ein: „Parken ist a bisserl anspruchsvoller.“