IHK vergleicht Standorte im Rems-Murr-Kreis

Die Industrie- und Handelskammer hat Steckbriefe mit den wichtigsten Wirtschaftsdaten aller 31 Städte und Gemeinden im Landkreis erstellt. Sie ermöglichen interessante Quervergleiche, etwa zur Höhe der Gewerbesteuer.

Blick auf das Gewerbegebiet Lerchenäcker zwischen Backnang und Aspach. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für das Unternehmen spielen viele Faktoren eine Rolle. Einige davon finden sich in den Gemeindesteckbriefen der IHK. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Blick auf das Gewerbegebiet Lerchenäcker zwischen Backnang und Aspach. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für das Unternehmen spielen viele Faktoren eine Rolle. Einige davon finden sich in den Gemeindesteckbriefen der IHK. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Rems-Murr. 31 Städte und Gemeinden bilden den Rems-Murr-Kreis – vom großstädtisch geprägten Fellbach, das noch als Vorort von Stuttgart durchgehen könnte, bis zu dünn besiedelten Landgemeinden wie Spiegelberg oder Großerlach. Unternehmen, die sich im Rems-Murr-Kreis niederlassen oder erweitern möchten, können also aus ganz unterschiedlichen Standorten auswählen. Um ihnen die Entscheidung zu erleichtern, hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) nun für alle 31 Kommunen sogenannte Gemeindesteckbriefe veröffentlicht.

Darin hat das IHK-Team die wichtigsten statistischen Daten zusammengetragen, unter anderem Einwohnerzahl, Zahl der Unternehmen und der Arbeitsplätze. Auch ob eine Gemeinde an eine Bundesstraße oder ans Bahnnetz angebunden ist, kann man der Übersicht entnehmen. „Wir brechen damit die wichtigsten Standortfaktoren auf die Gemeinden herunter“, erklärt Oliver Kreh, Referatsleiter Volkswirtschaft bei der IHK Region Stuttgart.

Die Zahlen und Fakten, die in der Übersicht präsentiert werden, sind nicht neu. Sie stammen unter anderem vom Statistischen Landesamt. Allerdings mussten Interessierte sich diese bisher mühsam aus verschiedenen Quellen zusammensuchen. Diese Arbeit hat ihnen die IHK nun abgenommen. „So schaffen wir eine größere Transparenz im Kreis“, erklärt Markus Beier, leitender Geschäftsführer der Bezirkskammer Rems-Murr.Die Zahlen können zum Beispiel Hinweise darauf geben, wie die Chancen stehen, im jeweiligen Ort Personal zu finden. „Gibt es in einer Gemeinde sehr viele Arbeitsplätze, bedeutet das auch viel Konkurrenz im Werben um neue Arbeitskräfte“, erklärt Beier. In einer Gemeinde, in der viele Pendler leben, könnte hingegen ein Arbeitsplatz vor Ort für manchen ein Grund zum Wechsel sein.

In Spiegelberg gibt es nur 187 Arbeitsplätze

Im Rems-Murr-Kreis und speziell im Raum Backnang gibt es viele sogenannte Auspendlergemeinden. Der Extremfall ist Spiegelberg. Die kleine Gemeinde im Schwäbischen Wald hat kaum Gewerbe, laut der IHK-Statistik gibt es im gesamten Ort nur 187 Arbeitsplätze. Auf 100 Arbeitsplätze vor Ort kommen dort 389,3 Personen, die in einer anderen Kommune arbeiten. Auch Berglen (–283,7), Althütte (–287,8), Burgstetten (–189,9) und Auenwald (–187,4) sind für die meisten nur ein Ort zum Wohnen, aber nicht zum Arbeiten.

Eine positive Pendlerbilanz haben im Rems-Murr-Kreis laut der Statistik nur sechs Kommunen, darunter die Gemeinde Oppenweiler. Dort übersteigt die Zahl der Einpendler je 100 Arbeitsplätze die der Auspendler um 5,9. Am größten ist der Zustrom nach Winterbach mit einem Plus von 21,4.

Grafik: Nadine Thellmann/Quelle: IHK Region Stuttgart

Grafik: Nadine Thellmann/Quelle: IHK Region Stuttgart

Interessant ist auch ein Vergleich der sogenannten Hebesätze bei der Gewerbesteuer, die von den Gemeinden erhoben wird. „Die Höhe dieser Steuer ist ein Hinweis auf die Wirtschaftsfreundlichkeit einer Gemeinde“, sagt Markus Beier. Leuchtendes Beispiel ist hier Oppenweiler mit einem Hebesatz von nur 320 Prozent. Die höchsten Steuersätze verlangen Schorndorf und Schwaikheim (jeweils 405 Prozent), Backnang, Berglen und Kernen im Remstal liegen mit 400 Prozent nur knapp dahinter. Auch bei der für Unternehmen relevanten Grundsteuer B gibt es große Unterschiede. Hier liegt die Spanne bei den Hebesätzen zwischen 300 (Oppenweiler) und 465 Prozent (Schorndorf). Bei der IHK hofft man, dass diese Statistik auch in den Rathäusern gelesen wird und manche Gemeinde mit hohen Hebesätzen ihre Steuerpolitik noch einmal überdenkt.

IHK fordert zusätzliche Gewerbeflächen

Klar ist für Markus Beier allerdings auch, dass sich die Entscheidung für oder gegen einen Standort nicht alleine an Fakten und Zahlen festmachen lässt. Wichtig sind auch noch viele andere Faktoren, etwa die Nähe zu wichtigen Kunden oder die Verfügbarkeit von schnellem Internet durch einen Glasfaseranschluss.

Und nicht zuletzt geht es natürlich auch darum, ob in der jeweiligen Gemeinde überhaupt geeignete Gewerbeflächen zur Verfügung stehen. Das ist im Rems-Murr-Kreis längst nicht überall der Fall und wird aus Sicht der IHK zunehmend zum Problem. „Die Kommunen müssen den Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten bieten“, fordert Beier. Allerdings zögern viele Gemeinden bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen – vielleicht auch aus Sorge vor Protesten aus der Bevölkerung. Der Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer appelliert daher an die Gemeinden, dort, wo der Regionalplan neue Gewerbegebiete ermöglicht, auch aktiv zu werden. Wenn nicht, drohe der Verlust von Arbeitsplätzen, weil Betriebe in andere Landkreise abwandern.

Download Die Steckbriefe der 31 Städte und Gemeinden im Rems-Murr-Kreis können hier kostenlos als PDF heruntergeladen werden.

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Erstellt:
1. Juli 2024, 06:00 Uhr

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