Kino ohne Popcorn? Unvorstellbar!
Heute ist der Tag des Popcorns. Doch wie beliebt ist der Snack in den Backnanger Kinos eigentlich? Wie viel kommt bei einer regulären Filmvorstellung weg? Und können die Kinobetreiber selbst überhaupt noch Popcorn essen? Wir haben nachgefragt.
Von Melanie Maier
Backnang. Bei 152 Grad Celsius sind schon die ersten „Plopps“ aus dem Garkessel in der Popcornmaschine zu hören. „So richtig los geht’s aber erst bei 180 Grad“, weiß Julia Eppler vom Backnanger Kino Universum. Und so ist es: Kaum hat die Temperatur im Kessel die 180-Grad-Marke überschritten, erklingt ein „Plopp-Plopp-Plopp“-Stakkato. Die aufgeplatzten Maiskörner drücken den Deckel des Garkessels nach oben und fallen hinunter auf die dicke Popcornschicht am Boden der Maschine. Der typische Popcornduft strömt von den Körnern aus. Es riecht nach Kino. Mit einer Tasse schöpft Julia Eppler ein paar der frisch geploppten Puffmaiskörner ab. „Jede Ladung geht durch unsere persönliche Qualitätskontrolle“, sagt sie und grinst. Überdrüssig ist sie des süßen Snacks noch nicht. „Es gibt eigentlich keine Phase ohne Popcorn, die länger geht als zwei Wochen“, verrät sie.
Wann genau sie zum ersten Mal Popcorn gegessen hat, weiß die junge Frau nicht mehr. Julia Eppler ist sich aber sicher, dass das im Kino Universum, dem Betrieb ihrer Eltern, gewesen sein muss. „Mein erstes Popcorn lag safe (Anm. d. Red.: sicherlich) auf dem Boden“, sagt sie.
Sie selbst mischt gerne süßes und Zimtpopcorn. Letzteres hat das Kino Universum wie auch der Backnanger Traumpalast stets im Winter im Angebot. „Auch als Gast kann man mischen“, sagt Julia Eppler. „Spezialwünsche nehmen wir gerne an. Wenn sich die Leute zum Beispiel nicht zwischen süß und salzig entscheiden können, empfehlen wir ihnen das sogar.“ Süßes und salziges Popcorn haben beide Backnanger Kinos das ganze Jahr über.
An Halloween gab es scharfes Popcorn
Zirka 50, 60 Eimer gehen bei Filmen wie „Barbie“ oder „Oppenheimer“ weg – wobei sich viele im Publikum natürlich auch für Nachos entscheiden. „Bei ‚Barbie‘ war das Verhältnis ungefähr zwei Drittel Popcorn, ein Drittel Nachos, bei ‚Oppenheimer‘ war es umgekehrt“, sagt Julia Eppler. An einem normalen Abend liege die Verteilung bei zirka 60 Prozent süßem und je 20 Prozent salzigem und Zimtpopcorn.
Julia Eppler experimentiert aber auch gerne. Zu speziellen Anlässen probiert sie oft neue Sorten aus. An Halloween zum Beispiel konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer zu ihrem Gruselfilm ein „spicy“, also scharfes, Popcorn mit Paprikapulver knabbern. Auch Vanille- und Schokoladenpopcorn hat sie bereits hergestellt. „Das hat aber leider nicht so gut funktioniert, weil sich das nicht ganz so gut erhitzen lässt“, sagt sie. Mit dem Herumprobieren hat sie schon vor 15 Jahren angefangen. „Unsere Familie kocht gerne, das ist naheliegend.“
Wie kann man übrig gebliebenes Popcorn weiterverwerten?
Auf dem kinoeigenen Instagram-Kanal (@kinouniversumbacknang) gibt sie zudem Tipps dazu, wie man das übrig gebliebene Popcorn weiterverwerten kann. Auch in der Hinsicht experimentiert sie gerne. So hat sie schon Rezepte für Popcornriegel in den Geschmacksrichtungen Salzkaramell und Schoko-Nuss veröffentlicht.
Im Kino selbst wird so kalkuliert, dass nach den Vorstellungen möglichst wenig Popcorn übrig bleibt. „Das ist viel zu schade zum Wegwerfen“, findet Julia Eppler.
So sieht es auch Marius Lochmann von den Lochmann Filmtheaterbetrieben, zu denen der Backnanger Traumpalast und die Löwenlichtspiele in Rudersberg gehören. Dem Kinobetreiber zufolge gehen ungefähr 150 bis 220 Portionen in verschiedenen Größen pro Vorstellung weg. Ein Teil des übrig gebliebenen Popcorns werde an Landwirte abgegeben, die es an ihre Schweine oder Hühner verfüttern, so Lochmann.
Süßes Popcorn gibt es nicht in allen Ländern
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Der Verbrauch im Traumpalast liege bei mehreren Tonnen Puffmais pro Jahr. Dazu kommen entsprechende Mengen Öl und Zucker beziehungsweise Salz. „Süßes Popcorn ist bei uns unangefochten die Nummer eins“, sagt Marius Lochmann. Salziges sei vor allem bei Filmen, die in der englischen Originalfassung gezeigt werden, beliebt. In vielen Ländern gebe es schließlich gar kein süßes Popcorn zu kaufen.
Dass am 19. Januar Tag des Popcorns ist, weiß er natürlich. „An dem Tag bieten wir meistens eine kleine Aktion an“, sagt er. Welche Überraschung es heute ist, möchte er vorab noch nicht verraten.
Marius Lochmann selbst zählt sich zur Nachofraktion. „Meiner Meinung nach ist die Entscheidung für Popcorn oder Nachos weniger filmspezifisch, sondern eine Grundsatzentscheidung“, sagt er. Andere Snacks wie Chips, Fruchtgummis oder M&M’s machen im Traumpalast nur 15 bis 20 Prozent des kulinarischen Umsatzes aus.
Nachos haben die Murrlichtspiele selten
Bei den Murrlichtspielen in Murrhardt gibt es nur süßes Popcorn. „Wir sind ein kleines Kino. Für zwei Popcornmaschinen ist einfach kein Platz“, erklärt Henrik Stooß, der für das Kinoprogramm mitverantwortlich ist. Auch Nachos werden nur zu Spezialveranstaltungen und beim jährlichen Open Air angeboten. „An einem guten Abend gehen zirka drei Fuhren Popcorn weg – das sind ungefähr 30 Portionen“, berichtet Henrik Stooß. „Zirka einmal im Monat fragt jemand nach salzigem Popcorn.“ Das meiste Popcorn werde bei Kinderfilmen verkauft. Pro Jahr verbrauchen die Murrlichtspiele zehn Säcke Maiskörner à 25 Kilo, „dazu kommt noch mal die Hälfte an Zucker“.
Die Popcornmaschine wird erst bei der ersten Bestellung angeworfen. So soll vermieden werden, dass Popcorn übrig bleibt. Er selbst könne nicht dazu beitragen, dass die Reste kleiner werden, sagt Henrik Stooß: „Ich kann Popcorn mittlerweile nur noch zum Probieren essen. Einen großen Eimer schaffe ich nicht mehr.“
Dafür kommen immer wieder Menschen vorbei, die sich für den Filmabend zu Hause eine Portion Kinopopcorn holen möchten. Während das in Murrhardt eigentlich gar nicht vorgesehen ist, gehört „Popcorn to go“ beim Traumpalast und beim Universum zum täglichen Geschäft. „Es ist schön, wenn sich jemand extra den Aufwand macht, zu uns kommen“, findet Marius Lochmann. Julia Eppler erzählt, dass sie schon Liebesbotschaften auf den Boden von Popcorneimern geschrieben hat. „Einmal haben wir sogar einen Verlobungsring im Popcorn to go versteckt“, sagt sie und lacht. „Wir sind für alle Schandtaten bereit!“
Ursprung Wann und warum der Tag des Popcorns zum ersten Mal begangen wurde, ist nicht bekannt. Fest steht, dass der „Feiertag“ aus den USA stammt und dort vor mehr als 20 Jahren ins Leben gerufen wurde. Der süße Snack wird übrigens noch ein zweites Mal gefeiert: Der zweite Donnerstag im März (dieses Jahr der 14. März) ist der Tag der Popcornliebhaber.
Geschichte Popcorn wird schon seit sehr langer Zeit gegessen. Selbstverständlich nicht mit so viel Öl und Zucker oder Salz, wie es heute im Kino der Fall ist. Das pure aufgeploppte Maiskorn aber wurde bereits vor mindestens 4000 Jahren von den Ureinwohnerinnen und Ureinwohnern Mittel- und Südamerikas verspeist. Von den vielen Maissorten ist nur der Puffmais zur Popcornherstellung geeignet.
Kinopopcorn In den deutschen Kinos wird Popcorn erst etwa seit den 1970er-Jahren angeboten. In den USA hielt es bereits Ende der 1920er Einzug. Hintergrund war die Erfindung der mobilen Popcornmaschine (damals noch dampfbetrieben) durch Charles Cretors im Jahr 1885. Zunächst versorgten mobile Popcornhändler die Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem Snack, später übernahmen die Kinobetreiber selbst die Herstellung. In vielen Ländern gibt es übrigens nur salziges Popcorn zu kaufen, auch in den USA ist es beliebter als süßes.
Plopp Woher kommt eigentlich das typische „Plopp“-Geräusch des Popcorns beim Erhitzen? Französische Forscher haben 2015 herausgefunden, dass es nicht durch das Aufplatzen der Schale oder den Aufprall des
herumfliegenden Korns im Behälter entsteht. Das „Plopp“ ist immer dann zu hören, wenn der Wasserdampf innerhalb einer Zehntelsekunde aus dem Maiskorn entweicht. Bei ungefähr 180 Grad Celsius beginnt die Schale des Korns aufzuplatzen.