Kollege Roboter erledigt das Schweißen
Firma Lorch aus Auenwald ist dank neuer Innovationen auf Wachstumskurs – Umsatz soll in fünf Jahren verdoppelt werden
Dass man Metallteile mithilfe eines elektrischen Lichtbogens miteinander verbinden kann, hat der Russe Nikolai Benardos schon vor 140 Jahren entdeckt. Schweißen ist im Grunde nichts Kompliziertes, doch die Firma Lorch aus Auenwald arbeitet daran, diese Technik schneller, präziser und einfacher zu machen. Neueste Entwicklung ist ein Roboter, der Hand in Hand mit dem Menschen zusammenarbeitet.

© Pressefotografie Alexander Beche
Wolfgang Grüb (rechts) und sein Geschäftsführerkollege Ronald Weber haben gut lachen, denn die Geschäfte bei Lorch Schweißtechnik laufen hervorragend. In den kommenden Jahren soll die Mitarbeiterzahl von derzeit 280 auf bis zu 500 steigen. Fotos: A. Becher
Von Kornelius Fritz
AUENWALD. Im Verwaltungstrakt der Lorch Schweißtechnik GmbH in Mittelbrüden hängen an den Wänden große Tafeln mit Sprüchen. Der Maschinenbauer stellt jedes Geschäftsjahr unter ein Motto. „Potenzial ausschöpfen“ steht da, „Zukunft schaffen“ oder ganz einfach „Mach es!“. Das Motto für 2019 lautet „Lebe das Ziel“. Aber was ist überhaupt das Ziel? „Wir wollen unseren Umsatz in den nächsten fünf Jahren verdoppeln“, erklärt Wolfgang Grüb. Was das in konkreten Zahlen heißt, will der geschäftsführende Gesellschafter mit Blick auf die Konkurrenz zwar nicht verraten, aber die Richtung ist klar: Die Zeichen stehen auf Wachstum. 280 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen heute, bis zu 500 sollen es in einigen Jahren sein.
Dafür braucht das Unternehmen, das 2002 seinen Sitz von Backnang nach Auenwald verlegt hat, natürlich auch mehr Platz. Im vergangenen Jahr hat Lorch bereits ein Nachbargebäude im Gewerbegebiet Mittelbrüden angemietet, vor wenigen Wochen ist auch die neue, rund 500 Quadratmeter große Lagerhalle fertig geworden. Und das dürfte nicht die letzte Baustelle gewesen sein: „In zwei, drei Jahren steht die nächste Erweiterung an“, prophezeit der Geschäftsführer.
Dass sein Unternehmen floriert, führt Wolfgang Grüb vor allem auf die Innovationskraft zurück. Mehr als 35 Mitarbeiter arbeiten in der Entwicklungsabteilung daran, neue Produkte zu erfinden und die bestehenden zu verbessern. Das war nicht immer so: Als Wolfgang Grüb 1986 zusammen mit seinem Vater Helmut die 1957 in Fellbach gegründete Firma übernahm, steckte diese in einer Krise. „Wir hatten nur ein ganz einfaches Produkt und 16 Konkurrenten, die größer waren als wir“, erinnert sich der Firmenchef, der damals erst 24 Jahre alt war und gerade Betriebswirtschaft studierte. Für die neuen Eigentümer stand deshalb fest: „Wir müssen innovativ sein, sonst haben wir keine Chance.“
25000 Geräte verlassen jährlich das Werk in Mittelbrüden
Und so fingen sie bei Lorch damit an, das Schweißen weiterzuentwickeln: Die Ingenieure erfanden neue Prozesse für effizienteres Schweißen, bauten Geräte mit digitaler Regeltechnik und solche mit Akku. „Früher wog ein Schweißgerät 30 Kilo und musste von zwei Handwerkern getragen werden“, erzählt Wolfgang Grüb. Heute wiegen die kleinsten Geräte gerade mal fünf Kilo. Das Lorch-Sortiment umfasst heute 80 verschiedene Produkte, die Zahl der Konfigurationen, die den Kundenwünschen individuell angepasst werden, lässt sich gar nicht mehr zählen. Kleine Handwerker schweißen heute ebenso mit Lorch-Geräten wie große Industriebetriebe. „Wir sind ein Vollsortimenter geworden“, sagt Grüb.
Dafür beschäftigt sich das Unternehmen auch mit Themen, die mit dem klassischen Schweißen gar nichts mehr zu tun haben, etwa mit Robotik und künstlicher Intelligenz. Erst kürzlich hat der Maschinenbauer fünf neue Softwareingenieure eingestellt. Die neueste Innovation ist ein sogenannter „Cobot“ – das Kunstwort steht für „collaborative robot“, also einen mitarbeitenden Roboter. Dass Schweißarbeiten von Robotern automatisch ausgeführt werden, ist nicht neu. Bisher lohnte sich das aber nur für große Industriebetriebe in der Serienfertigung. Aus Sicherheitsgründen befinden sich die Roboter dort in einem Käfig.
Ganz anders der Cobot: Die kleinen Roboter arbeiten quasi Hand in Hand mit ihren menschlichen „Kollegen“, ohne dass für diese Verletzungsgefahr besteht. Um dem Roboter zu zeigen, was er tun soll, sind keine Programmierkenntnisse nötig. „Nach eineinhalb Tagen können die Leute das Gerät bedienen“, erklärt Ronald Weber, der als Geschäftsführer für den Bereich Vertrieb und Marketing zuständig ist. Er ist deshalb davon überzeugt, dass die Robotertechnik damit bald auch in vielen kleinen Unternehmen Einzug halten wird. Die Roboter selbst bezieht Lorch übrigens von einem Lieferanten aus Dänemark, in Auenwald wird diesen dann das Schweißen „beigebracht“. Mit Unterstützung des Cobots können dann auch ungelernte Kräfte Schweißarbeiten durchführen. Für viele Kunden ist das ein wichtiges Argument, denn gelernte Schweißer sind rar. „Der Beruf ist nicht sexy“, weiß Wolfgang Grüb und berichtet von einem Kunden, der zu ihm gesagt habe: „Du kannst mir noch fünf Schweißgeräte verkaufen, wenn du die Schweißer dafür hast.“
Insgesamt verlassen jedes Jahr rund 25000 Schweißanlagen das Werk in Mittelbrüden, zwei Drittel davon gehen ins Ausland. China und Indien sind wichtige Märkte für Lorch. Im indischen Pune betreibt das Unternehmen seit acht Jahren sogar eine eigene Schweißschule, um die nötigen Fachkräfte auszubilden. Produziert wird aber weiterhin in Auenwald und das soll auch so bleiben. Den Standort in der Hightech-Region Stuttgart hält Wolfgang Grüb nämlich für einen großen Vorteil. So fand er zum Beispiel den Pilotkunden für die neu entwickelten Cobots gleich in der Nachbarschaft, genauer gesagt in Nellmersbach.

© Pressefotografie Alexander Beche
Der Roboter schweißt, der Mensch muss nur noch assistieren: Dank der neuen Technik können auch ungelernte Kräfte anspruchsvolle Schweißarbeiten ausführen.
Mit neuen technischen Lösungen wie dem Schweißen mit kollaborierenden Robotern spricht Lorch gerade auch kleine und mittelständische Unternehmen an. Allerdings haben diese oft nicht die Möglichkeit, Mitarbeiter für Vorführungen oder Schulungen aus dem Produktionsprozess abzuziehen.
Zusammen mit dem Fachhändler Eisen Trabandt aus Stade hat Lorch deshalb ein mobiles Anwendungszentrum konzipiert. An Bord eines Kleinlasters befinden sich die neuesten Lorch-Anlagen. Die Kundenberater von Eisen Trabandt besuchen damit Interessenten im Raum Hamburg/ Bremen und präsentieren ihnen die neue Technik live vor Ort.