Kompliziertes Bauprojekt in Backnang schreitet voran
Seit eineinhalb Jahren ist das ehemalige Krankenhausareal in Backnang wieder eine Baustelle. Wo das Parkdeck war, baut die Kreisbaugruppe eine Parkgarage sowie 48 Wohnungen. Die Großbaustelle in den engen Verhältnissen gestaltet sich kompliziert – und wird noch mal teurer.
Von Kristin Doberer
Backnang. Morgens um 8.30 Uhr ist viel los in der Backnanger Karl-Krische-Straße. Taxis und Angehörige fahren im Minutentakt vor, um Patientinnen und Patienten zum Gesundheitszentrum zu bringen. Dabei halten sie nicht selten auf den Behindertenparkplätzen oder im Halteverbot. Gleichzeitig hebt nur wenige Meter weiter ein Kran gerade Baumaterial von einem auf der Straße stehenden Lastwagen in die mittlerweile hochgewachsene Baustelle auf dem ehemaligen Krankenhausparkdeck. „Das ist einfach eine Großbaustelle in sehr engen Verhältnissen“, sagt Joachim Schmitz, der als Projektbauleiter für die Kreisbaugruppe das letzte Projekt auf dem ehemaligen Krankenhausareal betreut.
Mit dem Abriss des Parkdecks wurde im Juni 2022 begonnen, rund drei Monate später ging die Sanierung der Parkgarage los. Seitdem stehen nur noch 46 Stellplätze auf dem Quartiersplatz zur Verfügung, was immer wieder für Verkehrschaos sorgt, auch wenn die Stadt Backnang Ausweichparkplätze auf dem nahe gelegenen Aurelis-Areal zur Verfügung stellt. Doch bald könnte sich zumindest die Parksituation verbessern, denn die neue Parkgarage ist mittlerweile schon sehr weit fortgeschritten. Zwar wird auf allen drei Ebenen noch ganz schön viel geschafft, doch schon jetzt zeigt sich gerade im Vergleich zur nebenan noch genutzten alten Tiefgarage, wie viel heller, moderner und geräumiger die neue werden wird (siehe Infotext). „Die Parkgarage ist wichtig für das ganze Areal, für Anwohner und Besucher des Gesundheitszentrums“, so Torsten Demand, Geschäftsführer der Rems-Murr-Gesundheits GmbH, welche zur Kreisbaugruppe gehört.
Viele Herausforderungen für die Planer
Die Baustelle erweist sich als ziemlich kompliziert, wie Schmitz erklärt. Das liege an mehreren Gründen. Zum einen sind die Verhältnisse durch die innerstädtische Lage und das rundum bebaute Areal allgemein recht eng. Gerade auch, weil in den Nachbargebäuden ja nicht nur Wohnungen sind, sondern auch unter anderem das Hospiz und das Gesundheitszentrum, in denen ständig Menschen ein und aus gehen. Aber auch baulich gab es bereits einige Herausforderungen zu meistern. Denn über der durchgängigen Parkgarage sollen mehrere dreistöckige Wohngebäude entstehen. „Das ist statisch schwer in den Griff zu bekommen“, erklärt der Bauleiter. Auch habe man speziellen Beton verwenden müssen, um mit dem Grundwasser im untersten Geschoss zurechtzukommen.
Ein weiteres Problem gab es kürzlich bei der Bezahlung einiger serbischer Arbeiter auf der Baustelle. Zwei Bauarbeiter meldeten sich bei der Fairen Mobilität, einer Beratungsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbunds, die sich für die Belange von Arbeitern aus Osteuropa einsetzt. Für drei Wochen Arbeit im Mai seien sie und andere nicht bezahlt worden, insgesamt gehe es um rund 25000 Euro. Deren Arbeitgeber, die serbische Firma Idealbau, fühlte sich nicht verantwortlich. Ebenso wenig wie die Firma Wurster, die Idealbau beauftragt hatte, und die Firma Geiger Schlüsselfertigbau, die wiederum Wurster beauftragt hatte. „Wir achten eigentlich immer darauf, dass sich unsere Partner an den Mindestlohn halten“, sagt Demand, doch bei den Ketten an Subunternehmen auf Baustellen sei die Überprüfung nicht immer einfach. „Mittlerweile haben die Arbeiter ihr Geld bekommen“, sagt eine Sprecherin des Landratsamts. Die Firma Wurster habe das übernommen, auch wenn deren Anwalt anklingen lässt, dass er eigentlich Idealbau in der Pflicht sieht.
Kampfmittelbeseitigung muss vor Ort sein
Und auch für die Anwohner ist die Großbaustelle nebenan nicht ganz einfach – nicht nur wegen der Parksituation. „Im Sommer gab es einzelne Beschwerden, weil die Arbeiter wegen der hohen Temperaturen schon um 7 Uhr mit Betonieren begonnen haben“, sagt Schmitz. Ihm sei eine gute Absprache mit den Anwohnern aber wichtig, deshalb gebe es eine Hotline. Wenn sich dort jemand beschwert, gehe man dem zeitnah nach, so der Bauleiter. Außerdem musste beim Abriss der alten Tiefgarage und der Verankerung der neuen zum Teil die Kampfmittelbeseitigung mit vor Ort sein. Auf altem Bildmaterial der Alliierten habe man entsprechende Hinweise gefunden. „Bei jeder Bohrung musste die Kampfmittelbeseitigung vorher sondieren“, sagt Schmitz. Dieses Vorgehen war nicht ganz billig, das ist das Projekt aber allgemein nicht. Auf mittlerweile rund 32 Millionen Euro sind die Gesamtkosten gestiegen, sagt Demand. Beim Spatenstich im Juni war noch von rund 28 Millionen Euro die Rede, auch könne sich die Zahl im laufenden Projekt weiter erhöhen. Trotz dieser und der allgemeinen Preisentwicklung am Bau stehe die Kreisbaugruppe weiter voll hinter dem Projekt. „Die 48 Wohnungen sind ein Bestandteil unserer Wohnungsbauoffensive. Bis 2027 wollen wir 500 bezahlbare Wohnungen schaffen“, sagt Demand. Backnang sei bei diesem Ziel bisher kaum bedacht worden, das soll sich nun aber mit gleich 48 Wohnungen ändern.
Bisher sind die Vertreter der Kreisbaugruppe recht zufrieden mit dem Verlauf der Baustelle. „Wir arbeiten hier mit Hochdruck und wir sind auch noch im Zeitplan“, versichert Schmitz. Wenn das Wetter mitspielt, könnte der erste Teil der Tiefgarage schon Ende Januar 2024 fertig werden, dann beginnt der Abriss des hinteren Teils. Die ersten Wohneinheiten sollen im Herbst 2024 bezugsfertig sein, das Gesamtprojekt – und damit das letzte auf dem ehemaligen Krankenhausareal – soll bis November 2025 abgeschlossen sein.
Wohnungen Die Tiefgarage wird überbaut, sodass 48 öffentlich geförderte Mietwohnungen entstehen. Die Mietpreise werden deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Parkplätze Mit der Sanierung der Parkgarage sollen rund 230 Stellplätze für das Areal zur Verfügung stehen. Die Stellplätze entsprechen den modernen Anforderungen, unter anderem wurden sie auf 2,60 Meter verbreitert. Geplant sind E-Ladestationen, Carsharing (in Zusammenarbeit mit der Stadt Backnang) sowie überdachte Fahrradabstellplätze mit Ladesäulen für Pedelecs. Außerdem seien alle Parkplätze so vorbereitet, dass man bei Bedarf die Zahl der E-Ladeplätze erhöhen kann. Durch zwei neue Aufzüge wird die Garage im Gegensatz zu ihrem Vorgänger barrierefrei sein.
Nachhaltigkeit Die dreigeschossige Wohnanlage wird in Holzmodulbauweise als Energieeffizienzhaus der Nachhaltigkeitsklasse 40 errichtet. Das sei besonders energiesparend, erklärt Schmitz. Die Wärmeversorgung wird über das Nahwärmenetz der Stadtwerke Backnang erfolgen. Außerdem soll es auf dem Dach sowohl Fotovoltaikanlagen als auch eine Begrünung geben. Eine solche soll auch die Innenhöfe zu angenehmen Aufenthaltsorten machen und allgemein für mehr Grün auf dem Areal sorgen, so Demand. Das Areal biete sich auch deshalb gut an, weil die Flächen bereits versiegelt waren.