Konzept für interkommunale Jugendarbeit ist Weissacher Gemeinderäten zu schwammig

Mit Allmersbach im Tal und Althütte will die Gemeinde Weissach im Tal ein gemeinsames Jugendreferat schaffen. Der Gemeinderat ist skeptisch.

Auch durch eine Graffiti-Aktion, wie von der Partnerschaft für Demokratie Weissacher Tal und Althütte 2019 organisiert, könnten Jugendliche aus Weissach, Althütte und Allmersbach vernetzt werden. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Auch durch eine Graffiti-Aktion, wie von der Partnerschaft für Demokratie Weissacher Tal und Althütte 2019 organisiert, könnten Jugendliche aus Weissach, Althütte und Allmersbach vernetzt werden. Archivfoto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Er würde schätzen, dass sich bei einer Abstimmung aktuell keine Mehrheit für das Thema finden würde, sagt Jan Hutzenlaub ( LWB) nach der Diskussion um die Schaffung eines interkommunalen Jugendreferats für die Gemeinden Allmersbach im Tal, Althütte und Weissach im Tal. Und so verschafft sich Bürgermeister Daniel Bogner erst einmal nur ein Stimmungsbild davon, was die Rätinnen und Räte von dem Vorhaben halten. Das fällt eindeutig aus: Nur zwei Räte (Wilhelm König, UBL, und Jörg Schaal, CDU/FWV) können es sich vorstellen, dem Vorschlag der Gemeindeverwaltung zuzustimmen. Daraufhin beschließt Bogner, zunächst weiter an einer Konzeption zu arbeiten und das Projekt dem Plenum gegebenenfalls wieder vorzulegen. Die Abstimmung ist erst mal vertagt.

Das Thema stand schon im Februar 2022 auf der Tagesordnung des Gemeinderats (wir berichteten). Angestoßen wurde es bereits früher. 2020 hatten sich die damaligen Bürgermeister Ian Schölzel (Weissach im Tal), Patrizia Rall (Allmersbach im Tal) und Reinhold Sczuka (Althütte) an den Kreis gewandt, um eine Förderung dafür zu erhalten. Ursprünglich war auch die Gemeinde Auenwald im Boot, doch sie ist mittlerweile aus der Planung ausgestiegen. Bei der Gemeinderatssitzung im Februar 2022 stellte Claudia Müller vom Kreisjugendamt Rems-Murr dem Gremium den Stand der Dinge vor. Die Rätinnen und Räte stimmten damals zu, dass das Projekt weiter vorangetrieben werden sollte. Dabei hieß es, dass im nächsten Schritt die Details der Kooperation zusammen mit den Fachkräften erarbeitet werden sollten.

Gemeinderat Luciano Longobucco vermisst ein konkretes Konzept

Das sei bis heute jedoch nicht passiert, bemängelte Luciano Longobucco (LWB) in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Das vorliegende Konzept ist ihm noch immer nicht konkret genug. Laut der Tagesordnung soll eine neue 50-Prozent-Stelle geschaffen werden. Sie soll in Allmersbach, Althütte und Weissach tätig, personalrechtlich wie örtlich aber bei der Gemeinde Allmersbach im Tal angesiedelt sein. Für die Schaffung der Stelle würden insgesamt 29500 Euro fällig. Da die Gemeinde Althütte, die derzeit kein eigenes Jugendreferat hat, aber ihre komplette Kreisförderung in Höhe von 8900 Euro einbringen würde, würden sich die jährlichen Kosten auf rund 8000 Euro für Weissach im Tal verringern. Zu den Aufgaben der neuen Fachkraft gehören laut Vorlage die Vernetzung der verschiedenen Angebote der Jugendarbeit, die Steuerung der Jugendangebote, die Zusammenführung der jeweiligen pädagogischen Fachkräfte, die Organisation des Kinderschutzes und die Durchführung von Jugendbeteiligungen.

Er gehe davon aus, dass das alles schon vom eigenen Jugendreferat in Weissach umgesetzt werde, kommentiert Longobucco und fragt: „Wo liegt der Mehrwert für die Gemeinde?“ Für die Schaffung einer Vernetzungsstelle sei das Geld seiner Meinung nach nicht gut investiert. „Wir sollten lieber die Jugendarbeit vor Ort aufstocken.“ Diese umfasst momentan 1,5 Stellen. Durch die neue Fachkraft würden der Gemeinde rein rechnerisch weitere fünfeinhalb bis sechs Stunden Jugendarbeit zustehen. „Wenn es nicht klar geregelt ist, welche Aufgaben wann wo erledigt werden, kann ich dem nicht zustimmen“, schließt Longobucco.

Bürgermeister Daniel Bogner verspricht sich einen konkreten Nutzen von dem Projekt

Es handele sich bei dem geplanten interkommunalen Jugendreferat um keine reine Vernetzungsstelle, hält Bürgermeister Bogner dagegen. „Wir wollen etwas schaffen, das wir noch nicht hatten. Ich verspreche mir einen sehr konkreten Nutzen davon.“

Claudia Müller vom Kreisjugendamt, die in der jüngsten Sitzung dabei ist, pflichtet dem Rathauschef bei. Der Jugendtreff, sagt sie, erreiche nur einen Teil der rund 3300 Jugendlichen zwischen sechs und 21 Jahren. „Es gibt eventuell noch einen Bedarf, den man nicht kennt.“ Die neue Fachkraft solle zudem lokale Partizipationsprozesse unterstützen und die Akteurinnen und Akteure vernetzen. Zu diesen zählt Müller nicht nur die bestehenden Jugendreferate, sondern etwa auch die Fachkräfte an den kirchlichen Einrichtungen oder die Sozialpädagoginnen und -pädagogen am Bildungszentrum.

Das seien alles tolle Themen, räumt Longobucco ein. „Aber das gehört hier an das Jugendreferat angedockt. Und dazu gibt es kein Konzept.“ Er finde es schon wichtig, die Gemeinden zu vernetzen. „Aber die Verantwortung dafür würde ich lieber in den jeweiligen Jugendreferaten belassen.“

Ähnlich sieht das Dietmar Schönberger (SPD): „Ich hätte auch gerne eine konkrete Beschreibung dieser Stelle.“ Prinzipiell sehe er es als grundrichtig an, die Gemeinden zu vernetzen. „Aber ich weiß nicht, ob ich diesen Weg so gehen würde.“

Das interkommunale Konstrukt sollte die Premiere im Kreisgebiet werden

Beispiele für eine gelungene Gemeindezusammenarbeit in der Jugendarbeit gibt es bisher nicht, wie Claudia Müller auf Nachfrage von Jörg Schaal mitteilt. Das geplante interkommunale Konstrukt sollte die Premiere im Kreisgebiet werden. „Weiß man, wieso die Auenwalder ausgestiegen sind?“, erkundigt sich Thomas Heller (UBL). Das sei eine Entscheidung, die jede Gemeinde für sich treffen müsse, so Bogner kryptisch. Hellers Frage bleibt offen. „Wir machen uns damit ja nichts kaputt“, argumentiert der Bürgermeister. „Die Stelle muss ja auch nichts Starres sein. Wir als Gemeinde sind Dienstvorgesetzte, wir können bei Bedarf auch nachschärfen.“ Es brauche nun aber erst einmal den Auftrag an die Gemeinde, die Stelle zu schaffen. Dann könne man die Details erarbeiten. Diesem Vorgehen möchten die Rätinnen und Räte nicht folgen. Sie wollen zuerst Klarheit darüber haben, was genau die Gemeinde von der Zusatzstelle hätte, bevor sie ihrer Schaffung zustimmen.

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Erstellt:
1. Februar 2023, 06:00 Uhr

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