„Legal High“ unter den Drogen

Kratom – Drogenhandel in rechtlicher Grauzone

Während Kratom in anderen Ländern wegen seiner berauschenden Wirkung bereits streng reguliert wird, darf es in Deutschland noch frei verkauft werden. Doch wie gefährlich ist die vermeintlich legale Droge?

Kratom wird häufig in Pulver- oder  Kapselform angeboten. (Archivbild)

© IMAGO/ZUMA Wire

Kratom wird häufig in Pulver- oder Kapselform angeboten. (Archivbild)

Von René Wolff

Während die Debatte um die Legalisierung von Cannabis in Deutschland hitzig geführt wird, bleibt ein anderes Drogenproblem teilweise unbeachtet: die sogenannten „Legal Highs“. Diese Substanzen, die in ihrer Wirkung klassischen Drogen ähneln, aber nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, werden seit Jahren immer beliebter.

Eine dieser Substanzen ist Kratom, ein Pulver, das aus den Blättern des südostasiatischen Kratom-Baums gewonnen wird. Trotz seiner potenziell gefährlichen Wirkungen ist die „Droge“ in Deutschland derzeit legal und wird vor allem über das Internet vertrieben.

Dosis bestimmt die Wirkung

Kratom, auch bekannt unter Namen wie „Herbal Speed“ oder „Biak“, hat eine Wirkung, die von Experten als paradox beschrieben wird. „Die Wirkung von Kratom ist sehr unterschiedlich und im Vergleich zu anderen Substanzen paradox: Während geringe Dosen stimulierend und euphorisch wirken, sind höhere Dosen eher beruhigend und dämpfend“, erklärt das Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen in seinem Lexikon der Süchte. Außerdem wird darin beschrieben, dass der Konsum des Stoffes zu „Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust und sogar körperlicher Abhängigkeit“ führen kann.

Zusätzlich zu den Nebenwirkungen kann es bei langfristigem und exzessivem Konsum zu schweren Entzugserscheinungen kommen, die mit denen eines Opiat-Entzugs vergleichbar sind. Theresa Osterholzer, Pressereferentin des Gesundheitsministeriums Baden-Württemberg erklärt: „Die Wirkstoffe von Kratom docken an die Opiatrezeptoren im Gehirn an. Vor diesem Hintergrund kann es zu einer Abhängigkeit und gegebenenfalls Entzugssymptomen kommen.“

Kratom als erhebliches Risiko

Trotz dieser Gefahren gibt es in Deutschland bisher kaum Daten zur Verbreitung und den Langzeitfolgen von Kratom. „Wir hatten bisher nur einen einzigen Fall eines Klienten, der Kratom konsumiert hatte“, erklärt Michael Mößmer von der Suchtberatungsstelle eva in Stuttgart. Dies könne darauf hindeuten, dass der Konsum in Stuttgart noch nicht weit verbreitet sei.

„Es ist davon auszugehen, dass Kratom in den seltensten Fällen Ursprung einer Behandlungsbedürftigkeit sein dürfte, sondern vielmehr vor dem Hintergrund einer bereits behandlungsbedürftigen Suchterkrankung konsumiert wird“, ergänzt die Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums. Ein sogenannter Mischkonsum kann laut Verbraucherzentrale, die den Stoff zudem als erhebliches Risiko einstuft, zu schwerwiegenden Komplikationen wie Bluthochdruck oder Atemnot führen.

Die legalen Rahmenbedingungen für Kratom in Deutschland sind unklar. Derzeit unterliegt Kratom keinem Gesetz zur Drogenregulierung. „Kratom, sowohl national als auch international als psychoaktiver Wirkstoff beschrieben, wird jedoch aktuell nicht im Betäubungsmittelgesetz gelistet oder vom Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz erfasst“, heißt es in einem Protokoll der Gemeinsamen Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen. Dies bedeutet, dass der Verkauf und Konsum von Kratom legal sind, was besonders von Online-Händlern ausgenutzt wird. Viele dieser Händler bieten die Substanz als „natürliches Nahrungsergänzungsmittel“ an, wobei sie häufig darauf hinweisen, dass das Produkt „nicht für den Konsum“ bestimmt sei. Damit bewegt sich der Handel in einer rechtlichen Grauzone.

Keine Bestrebungen zur Regulierung

In vielen anderen Ländern, darunter die Schweiz, Australien und die USA, gehört Kratom bereits zu den kontrollierten Substanzen und unterliegt strengen Regulierungen. In Deutschland hingegen gibt es derzeit keine Bestrebungen, Kratom in das Betäubungsmittelgesetz aufzunehmen. „ Dem Gesundheitsministerium sind keine Bestrebungen bekannt, dies zu ändern“, erklärt Osterholzer auf eine entsprechende Anfrage.

Woher stammt Kratom?

KratomDie Blätter, aus denen auch das Pulver hergestellt wird, stammt vom Kratombaum, der in Südostasien heimisch ist. Sie enthalten Alkaloide, die eine stimulierende oder beruhigende Wirkung haben können, je nach Dosis und Sorte. Kratom wird traditionell von den Einheimischen gekaut, als Tee aufgebrüht oder als Pulver konsumiert, teilweise wird es in Asien auch zu medizinischen Zwecken verwendet.

Zum Artikel

Erstellt:
14. August 2024, 14:37 Uhr
Aktualisiert:
14. August 2024, 14:40 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen