Kreative kommen besser durch die Krise

Schon von Kindesbeinen an gehörte Musik zu seinem Leben. Mittlerweile ist Armin Scherhaufer 55 Jahre alt, als Sänger, Pianist, Entertainer, Moderator unterwegs, bietet Partymusik und Musik-Comedy und leitet vier Chöre. Im vergangnen Jahr hat er eine CD mit ihnen aufgenommen.

Zu seiner Aufgabe als Chorleiter ist Armin Scherhaufer ganz unverhofft gekommen. Weil im vergangenen Jahr nicht viel gemeinsam gesungen werden konnte, hat er kurzerhand eine CD aufgenommen.  Foto: privat

Zu seiner Aufgabe als Chorleiter ist Armin Scherhaufer ganz unverhofft gekommen. Weil im vergangenen Jahr nicht viel gemeinsam gesungen werden konnte, hat er kurzerhand eine CD aufgenommen. Foto: privat

Von Simone Schneider-Seebeck

Rems-Murr. Wie er seine Liebe für die Chorarbeit entdeckt hat? Da muss Armin Scherhaufer nicht lange überlegen. In seinem Heimatort Berglen-Oppelsbohm hatte der damalige Leiter des Gesangvereins den jungen Armin davon überzeugt, den Chor auf dem Klavier zu begleiten. „Wie man einen Chor begleitet, sodass er sich sicher und wohl fühlt, das hat mir der Ernst beigebracht“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Vielerlei Musikrichtungen fühlt er sich verbunden, Gospelmusik, in der Jazzszene war er unterwegs, aber leider „verdient man damit ja kein Geld“. Doch anstatt diesen Zustand zu beklagen, wurde flugs eine erfolgreiche Partyband gegründet. Sich nur auf eine Richtung, einen Weg festzulegen, das passt nicht zu Scherhaufer. Und so hat er seine Anfänge beim Gesangverein in Oppelsbohm auch nicht vergessen und immer wieder Chöre musikalisch begleitet. Spontan hatte er sich zur Verfügung gestellt, als ein Chorleiter kurzfristig aufhören musste. Nur ein halbes Jahr war angedacht, doch „dann habe ich so eine Freude an der Sache gefunden, dass es einfach weitergegangen ist“.

Eigentlich haben sich die folgenden Engagements immer eher zufällig ergeben. Und so leitet Armin Scherhaufer nun von Montag bis Donnerstag vier Chöre im Rems-Murr-Kreis – in Winnenden-Birkmannsweiler „Sing4Fun“, in Auenwald „sing&Swing“, die „Klangschmiede“ in Oppenweiler. Das neue Baby ist ein besonders junger und quirliger Chor in Aspach, bislang jedoch noch namenlos.

Mit Beginn des Lockdowns musste der Chorbetrieb eingestellt werden

Neben den Chören liegen Scherhaufer noch zwei musikalische Projekte am Herzen. Zunächst seine Band Music Sensation, aber auch sein Kulturprogramm „Unplugged Music Comedy“ mit Key&Strings. Dass es endlich wieder losgehen kann, freut ihn sehr, denn der Liveauftritt vor Publikum, der hat in den vergangenen Monaten doch sehr gefehlt. Doch selbst der Zeit der erzwungenen Kontaktlosigkeit kann er einen positiven Aspekt abgewinnen. „Das hat zur Kreativität gezwungen“, findet er. „Kreative Menschen kommen besser durch die Krise.“ Und das hat er auch auf seine vier Chöre übertragen.

Mit Beginn des Lockdowns im letzten Winter musste der Chorbetrieb eingestellt werden, es waren höchstens Treffen mit einer Person aus einem anderen Haushalt möglich. „Das macht ja gar keinen Sinn mehr“, so Scherhaufer. Die einzige Möglichkeit war, daraus ein neues Projekt zu machen, ein Trainingsprojekt. Daher öffnete er Haus und Tonstudio, ließ die einzelnen Sängerinnen und Sänger ihre Stimmen einsingen. Daraus ist dann später die gemeinsame CD mit dem Titel „Das WIR! gewinnt“ entstanden. „Das ist eine Riesenherausforderung“, denn normalerweise singe man mit Gleichgesinnten im Chor und auf einmal stehe man ganz allein vor dem Mikro. „Für viele war es eine mentale Überwindung, sich so preiszugeben“, erinnert sich der Musiker.

Neben den Aufnahmen hatte Scherhaufer noch weitere Ideen, um mit den Sängerinnen und Sängern in Kontakt zu bleiben, jedes Projekt habe wieder andere Personen angesprochen. Durch die schrittweisen Lockerungen war es dann möglich gewesen, sich in etwas größeren Gruppen zu treffen, sodass an den vier üblichen Probenabenden seine Haus coronakonform für die Mitglieder aller Chöre offen gestanden habe.

Und so kam es, dass sich nun die Mitglieder der vier von ihm betreuten Chöre im Kreis, die vor Corona keinerlei Kontakt zueinander hatten, untereinander kennenlernten. Auch wenn das gemeinsame Singen ziemlich erschwert und zeitweise auch unterbunden war, so hat es schlussendlich zu einem Gefühl des Miteinanders beigetragen. „Aus dieser Geschichte sind auch Freundschaften entstanden“, hat er rückblickend festgestellt.

Es war ihm wichtig, dass die Chöre weitermachen, besonders in der kontaktarmen Zeit. „Mir ging es darum, dass man untereinander Kontakt hat, dass etwas passiert, und vor allem, dass wir nicht nach zehn Monaten feststellen, dass wir eigentlich keine Lust mehr aufs gemeinsame Singen haben.“ Die Idee mit der gemeinsamen CD, einzeln eingesungen, doch zu einem Ganzen zusammengemischt, hat dabei geholfen, das „Wir“ untereinander zu stärken. Armin Scherhaufer ist stolz darauf, dass sich seine Schützlinge getraut haben, etwas zu machen, was sie vorher so noch nicht gemacht haben. Seit Juni ist das Proben im Freien endlich wieder möglich. Was ihn allerdings enttäuscht hat: Von vielen Kommunen seien keine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden. Fast alle Chöre proben draußen. Im regnerischen Sommer 2021 eine Herausforderung.

Wie so oft eines zum anderen führt, hat auch die Chor-Verquickung ein weiteres, vorher nicht gedachtes Erlebnis zur Folge, die Teilnahme beim Landesmusikfestival als Gemeinschaftsprojekt aller vier Chöre. Im September steht der gemeinsame Wochenendausflug nach Neresheim an, teilweise mit Familie. „Die erzwungene Tatenlosigkeit hat zu einem Wirgefühl geführt“, hat der Chorleiter festgestellt. Es komme daher auch gar nicht darauf an, ob man als Chor perfekt auftritt. Das Gemeinschaftliche, das Herzblut, das Engagement, das macht den Chor aus. Und das begeistere dann auch den Zuhörer. Davon ist Armin Scherhaufer fest überzeugt.

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Erstellt:
16. Juli 2021, 06:00 Uhr

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