Kritik an AfD-Auftritt beim Auenwalder Bürgerempfang

Auf Einladung der Gemeinde durfte der Landtagsabgeordnete Daniel Lindenschmid bei der Veranstaltung ein Grußwort halten.

Daniel Lindenschmid empfindet es als Ehre, dass er beim Bürgerempfang in Auenwald sprechen durfte. Foto: JGCreative

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Daniel Lindenschmid empfindet es als Ehre, dass er beim Bürgerempfang in Auenwald sprechen durfte. Foto: JGCreative

Auenwald. Der Bürgerempfang der Gemeinde Auenwald am vergangenen Freitag war ein besonderer Abend: für die Musiker aus Oberbrüden und Ebersberg, die mit schwungvollen Auftritten das Publikum unterhielten, für die Ehrenamtlichen, die für ihr langjähriges Engagement ausgezeichnet wurden, und natürlich auch für den Bürgermeister Kai-Uwe Ernst, der in seiner Rede den Gemeinschaftsgeist beschwor.

Ein besonderer Abend war es aber auch für den AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Lindenschmid. Denn er durfte – ebenso
wie die CDU-Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle und die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Kirschbaum – ein Grußwort halten. In seinen fünf Minuten Redezeit sprach Lindenschmid über die Bedeutung des Ehrenamts und forderte, dass Bund und Land den Kommunen einen größeren Anteil an den Steuereinnahmen überlassen sollten – so weit, so unspektakulär.

Trotzdem wirft Lindenschmids Auftritt Fragen auf. Schließlich war es eine Premiere, dass ein AfD-Politiker bei einer zentralen Veranstaltung einer Gemeinde im Rems-Murr-Kreis sprechen durfte. Ist die AfD, die bei der Bundestagswahl in Auenwald 25,5 Prozent der Zweitstimmen holte, also mittlerweile salonfähig geworden? Zur Erinnerung: Die AfD wird auch in Baden-Württemberg nach wie vor vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ beobachtet. Auch Daniel Lindenschmid hat schon mehrfach mit fragwürdigen Aussagen auf sich aufmerksam gemacht. So behauptete er unlängst vor einer Schülergruppe, Adolf Hitler sei „Sozialist“ gewesen. Im Landtag kassierte er Anfang April einen Ordnungsruf, weil er in Richtung SPD-Fraktion erklärt hatte, dass „ihresgleichen Musterdemokraten und ihre außerparlamentarischen Schlägerbanden“ die Meinungsfreiheit in Deutschland einschränkten. Ist ein Mann mit solchen Ansichten ein geeigneter Festredner für den Bürgerempfang einer Gemeinde?

Abgeordnete sehen den Auftritt kritisch

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich, der in Auenwald wegen eines Terminkonflikts fehlte, hat dazu eine klare Meinung: „Der AfD darf keine Bühne geboten werden – nicht auf offiziellen Empfängen, nicht in unseren Rathäusern, nicht bei staatlichen Anlässen. Denn wer unsere Demokratie verächtlich macht, wer spaltet, statt zu verbinden, wer hetzt, statt zu einen, der darf nicht zum Gesicht unserer demokratischen Kultur werden.“ Auch Simone Kirschbaum sieht Lindenschmids Auftritt kritisch: „Ich akzeptiere die Entscheidung der Veranstalter, aber ich begrüße sie nicht“, sagt die SPD-Abgeordnete. Denn die Botschaft, die von einem solchen Auftritt ausgehe, sei klar: Die AfD gehört dazu und ist eine Partei wie jede andere.

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Genau so interpretiert auch Lindenschmid selbst das Angebot, in Auenwald zu sprechen. Von unserer Zeitung zu seinem Grußwort beim Bürgerempfang befragt, erklärt er: „Für mich ist es eine Ehre, bei solchen Anlässen meiner Verantwortung als Volksvertreter gerecht zu werden und direkt zur Bevölkerung zu sprechen. Das ist Teil meiner Aufgabe und diese nehme ich gerne wahr.“ Auenwalds Bürgermeister Kai-Uwe Ernst räumt ein, er habe „gemischte Gefühle“ gehabt, als der AfD-Abgeordnete ans Rednerpult getreten sei. Lindenschmid habe bei der Gemeinde angefragt, ob er ein Grußwort halten dürfe, und er habe keine Möglichkeit gesehen, dies abzulehnen, wenn Abgeordnete anderer Parteien sprechen dürfen: „Als Gemeinde sind wir zur Neutralität angehalten. Mit welcher Begründung hätte ich es dem einen erlauben sollen und dem anderen nicht?“

Nentwich und Kirschbaum bieten Verzicht an

Um diesem Dilemma zu entkommen, macht Ralf Nentwich einen Vorschlag: „Sollte mein Redebeitrag zur Folge haben, dass auch ein Vertreter der AfD das Wort erhält, verzichte ich bewusst darauf. Lieber trete ich einen Schritt zurück, als unsere demokratischen Grundwerte auf einer Bühne relativiert zu sehen.“ Auch Simone Kirschbaum könnte damit leben: „Bevor es regelmäßig zu AfD-Auftritten kommt, verzichte ich lieber auf ein Grußwort.“

Viele Gemeinden halten es ohnehin schon so: „Nach meiner Erfahrung ist es eher unüblich, dass Abgeordnete bei Bürgerempfängen sprechen“, sagt Landrat Richard Sigel, der schon Dutzende solcher Veranstaltungen besucht hat. Und er hat die Statements der Politiker auch nicht vermisst: „Ganz persönlich bin ich der Meinung, dass Bürgerempfänge nicht der Rahmen sind, um politischen Parteien eine Bühne zu bieten, dafür gibt es andere Formate“, sagt der Landrat, der in Auenwald übrigens kein Grußwort gehalten hat.

Kommentar
Zu viel der Ehre

Von Kornelius Fritz

Kann man eine Partei, die jeder Vierte im Rems-Murr-Kreis wählt, auf Dauer ignorieren oder ausgrenzen? Nein, auf keinen Fall! Die AfD wurde demokratisch gewählt: Damit haben ihre Vertreter wie die anderer Parteien das Recht, sich öffentlich zu äußern und den Kontakt zu den Bürgern vor Ort zu suchen. Deshalb ist es auch richtig und allgemein üblich, dass AfD-Abgeordnete zu Bürgerempfängen und anderen wichtigen Veranstaltungen in ihrem Wahlkreis eingeladen werden.

Allerdings muss man die Vertreter einer Partei, die nachweislich von Rechtsextremen durchsetzt ist, auch nicht hofieren.
Mit der Entscheidung, dem Abgeordneten Daniel Lindenschmid ein Rederecht beim Bürgerempfang einzuräumen, hat Auenwalds Bürgermeister Kai-Uwe Ernst der Partei ohne Not ein Podium geboten – genau darauf wartet die AfD. Dabei hätte es einen einfachen Ausweg gegeben, nämlich auf Grußworte von Abgeordneten komplett zu verzichten. Niemand hätte sie vermisst. Dass sich Kai-Uwe Ernst anders entschieden hat, ist wohl eher seiner Unerfahrenheit als einer Sympathie für rechtes Gedankengut geschuldet. Trotzdem hat der Bürgermeister damit eine Premiere ermöglicht, auf die Auenwald nicht stolz sein kann.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
10. April 2025, 06:00 Uhr

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