Leiter eines Weissacher Chors sympathisiert mit Putin

Mit Facebook-Einträgen, in denen er sich für den Krieg in der Ukraine positionierte, hat der Leiter des Weissacher Chors Schmieds Starker Sängerhaufen, Alexander Yudenkov, wiederholt für Aufregung gesorgt. Nun ist bekannt: Der russische Tenor möchte zurück in seine Heimat.

Posen auf dem Panzer, Putin auf dem T-Shirt, prorussischer Sticker auf dem Auto: Diese und weitere Fotos hat Alexander Yudenkov auf Facebook und dem russischen Netzwerk VK veröffentlicht. Collage: Backstage Classical

Posen auf dem Panzer, Putin auf dem T-Shirt, prorussischer Sticker auf dem Auto: Diese und weitere Fotos hat Alexander Yudenkov auf Facebook und dem russischen Netzwerk VK veröffentlicht. Collage: Backstage Classical

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Der Weissacher Chor Schmieds Starker Sängerhaufen hat keinen Chorleiter mehr. Alexander Yudenkov hatte sich vor eineinhalb Jahren der Sängerinnen und Sänger des Laienchors angenommen. Vergangene Woche hat der russische Tenor, der in der Region noch vier weiterer Chöre leitete und für das SWR-Vokalensemble sang, per E-Mail mitgeteilt, dass er in Deutschland keine musikalische Zukunft mehr für sich sehe und zurück nach Russland gehen wolle. Den Weissacher Chor stellt das vor eine Existenzkrise. „Es wird unheimlich schwierig, jemanden zu finden, der dieses Niveau hat“, sagt Peter Hupp, Vorsitzender des Weissacher Liederkranzes – des Vereins, zu dem der Chor gehört. „Und ob die Leute dann noch bei der Stange bleiben, ist fraglich.“ Er selbst sowie die Mitglieder des Sängerhaufens seien daher sehr niedergeschlagen von der Nachricht.

Dass Alexander Yudenkov Deutschland verlassen möchte, hat allerdings nichts mit Heimweh oder neuen Karrierechancen zu tun. Der Sänger hatte in den vergangenen Jahren wiederholt mit Facebook-Einträgen, in denen er sich für den Krieg in der Ukraine positionierte, für Aufregung gesorgt. Im März 2022 – einen Monat nach dem neuerlichen Angriff der russischen Armee auf die Ukraine – postete er ein Foto, auf dem er auf einem Panzer stand, daneben weht eine russische Flagge. Am 7. Oktober 2023 folgte ein Eintrag, in dem er Russlands Präsident Wladimir Putin zum Geburtstag gratulierte und ihm ein erfolgreiches Leben wünschte.

Der SWR hat den Sänger freigestellt

Der Südwestrundfunk distanzierte sich „in aller Deutlichkeit“ von den Beiträgen. Gleichzeitig erklärten die Verantwortlichen, dass Alexander Yudenkov sich auf seiner Facebook-Seite privat äußere „und nicht für den SWR“. In Deutschland genieße er das Recht auf Meinungsfreiheit. Wenig später wurde der SWR aber doch noch aktiv – dem Online-Portal Backstage Classical zufolge wegen der Berichterstattung über den Fall. Durch sie wäre der SWR nach eigener Aussage gehalten, einzuschreiten, „zum Schutz der übrigen Ensemblemitglieder und zur Vermeidung weiterer Beschädigungen“. Nach einem Gespräch mit dem SWR nahm der Tenor seinen Account zwar offline. Kurz zuvor hatte er aber noch einen Eintrag auf Facebook veröffentlicht, in dem er seinen Landsleuten „den Sieg“ wünschte.

Weitere Themen

Die Geschichte hätte an der Stelle enden können. Doch kürzlich postete Yudenkov wieder Fotos: von sich selbst auf einem Panzer beziehungsweise im Putin-T-Shirt (siehe oben). Dafür reaktivierte er zwar nicht seinen Facebook-Account, sondern veröffentlichte die Bilder auf der russischen Social-Media-Plattform VK. Sein Handeln hatte dennoch Konsequenzen: Der SWR stellte den Tenor mit sofortiger Wirkung von allen zukünftigen Auftritten des SWR-Vokalensembles frei. Zudem wird geprüft, ob es möglich ist, ihn zu suspendieren.

Alexander Yudenkov (Zweiter von links) als Teil der Sängergruppe Belcanto Harmonists. Bis vor Kurzem war der Tenor auch aktives Mitglied des SWR-Vokalensembles. Foto: Belcanto Harmonists

© www.studio-van-munster.de

Alexander Yudenkov (Zweiter von links) als Teil der Sängergruppe Belcanto Harmonists. Bis vor Kurzem war der Tenor auch aktives Mitglied des SWR-Vokalensembles. Foto: Belcanto Harmonists

In Weissach war es nicht nötig, sich für oder gegen die weitere Zusammenarbeit mit Alexander Yudenkov zu entscheiden. Den Entschluss fasste der Chorleiter selbst. Ab sofort wird es keine weiteren Proben mehr mit Schmieds Starkem Sängerhaufen geben. Der Liederkranz-Vorsitzende Peter Hupp bedauert das. „Alexander Yudenkov war mit großem Abstand der beste Chorleiter, den wir je hatten. Er ist ein unheimlich netter, sehr zuverlässiger und musikalisch hervorragender Mensch und hat uns in den letzten eineinhalb Jahren richtig hochgebracht“, betont Peter Hupp. Über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine habe der Chorleiter nie einen Ton gesagt, „das war bei uns nie ein Thema“.

Der Chor werde sich nun auf die Suche nach einem neuen Leiter machen, so Peter Hupp. Über das weitere Bestehen könne er momentan aber noch nichts sagen.

Alexander Yudenkov

Anfänge Alexander Yudenkov wurde 1969 im russischen Serdobsk geboren. In Moskau besuchte er die Sweschnikow-Chorschule. Später studierte er Chorleitung am Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau.

Deutschland 1990 nahm der Sänger erstmals an den Kursen der Bachakademie Stuttgart teil und er wurde Stipendiat der LBBW-Musikstiftung. Sein Gesangsstudium (Tenor) absolvierte er an der Musikhochschule Karlsruhe. Seit 1996 ist Yudenkov Mitglied im SWR-Vokalensemble Stuttgart (damals Südfunk-Chor). Seit 1. Januar 2023 leitete er Schmieds Starken Sängerhaufen.

Privates Alexander Yudenkov hat einen Sohn und lebt derzeit noch in Stuttgart.

Zum Artikel

Erstellt:
18. Juni 2024, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen