Liederkranz Allmersbach im Tal feiert 100-Jahr-Jubiläum
Der Liederkranz Allmersbach im Tal wurde im Jahr 1921 gegründet. Am Samstag feiert der Verein gemeinsam mit Chören aus den Nachbargemeinden nachträglich das 100-Jahr-Jubiläum. Die Mitglieder blicken auf zahlreiche Feste, Konzerte und Ausflüge zurück.
Von Anja La Roche
Allmersbach im Tal. Im Jahr 1966 kam es beim Liederkranz Allmersbach zu einer Diskussionsrunde. Bereits einige Jahrzehnte sangen die Männer im Chor, doch nun wollten auch die Allmersbacher Frauen einen Chor gründen. Nach der Diskussion stimmten die anwesenden Vereinsmitglieder einstimmig dafür. Einige Männer, die sich dagegen sträubten, seien aber gar nicht anwesend gewesen, erinnert sich Gisela Schimke (79). „Da wurde der Frauenchor gegen den Widerstand einiger Männer gegründet“, erinnert sich auch Liese Frey (85) lachend. Schließlich seien aber alle froh über diese Entwicklung gewesen, seien doch die singenden Männer immer weniger geworden, fügt Margarete Hilkert (80) hinzu. Und spätestens nach dem ersten Konzert der Sängerinnen habe es viel Lob gegeben. „Alle waren ganz begeistert“, sagt Hilkert.
Die drei Frauen gehören heute zu den ältesten Mitgliedern des Liederkranzes, der nun schon 102 Jahre zählt. Am Samstag feiert der älteste Verein der Gemeinde Allmersbach im Tal nachträglich sein 100-Jahr-Jubiläum, das aufgrund der Coronapandemie zweimal verschoben werden musste (siehe Infotext).
Die Gemeinschaft steht im Vordergrund
Die Frauen erinnern sich besonders an die gute Gemeinschaft, die ihnen das aktive Vereinsleben mit auf den Weg gegeben hat. Es habe neben den alljährlichen Konzerten auch zahlreiche gemeinsame Ausflüge gegeben, wie zur Sonnwendfeier oder zur Hocketse. Das geht auch aus den mittlerweile 303 Seiten umfassenden Vereinsprotokollen hervor, die teilweise noch in Sütterlinschrift verfasst wurden. Besonders häufig sei darin zu lesen: „Der Abend klang mit einem gemütlichen Beisammensein aus“, berichtet Ilka Göpfert (53), die derzeit Vorständin für die Organisation des Vereins ist. Für die Frauen ist das ein Indiz dafür, dass es in den Anfängen des Vereins feuchtfröhlich zugegangen sein muss.
Begonnen hat alles im Jahr 1921, als der Verein unter dem Name „Gesangsverein Allmersbach“ mit 27 aktiven Mitgliedern gegründet wurde. Gotthilf Eisenmann wählte man zum Vorsitzenden, Friedrich Schützle zum Kassier und Adolf Durian zum Schriftführer, der erste Chorleiter war Karl Eckhardt. Beim Stiftungsfest im Jahr darauf wurde der heutige Vereinsname, Liederkranz Allmersbach, festgelegt.
1997 tauchte der Männerchor das letzte Mal auf
Lediglich zwischen 1934 und 1949 ruhte das Vereinsleben aufgrund des Zweiten Weltkriegs und der unruhigen Zeit davor und danach. Nach der Gründung des Frauenchors 1966 entwickelte sich nach und nach ein gemischter Chor. 1997 tauchte der Männerchor das letzte Mal in den Protokollen au. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Verein seine Hochphase: Besonders viele Mitglieder zählte er nämlich in den 80er- und 90er-Jahren mit weit über 200 Allmersbacher und Heutensbacher Mitgliedern.
Es blieb auch nicht allein beim Singen. So gründete Liese Frey 1976 eine Theatergruppe. Das erste Stück hießt „Die kleinen Verwandten“ von Ludwig Thoma. „Das hat eingeschlagen“, erinnert sich Frey an die positive Resonanz. Es folgten viele weitere Stücke, die durchaus anspruchsvoll gewesen seien. 2015 hat die Theatergruppe aber ihr munteres Treiben eingestellt. Grund dafür war, dass es keine männlichen Spieler mehr gab. „Ohne Männer macht das keinen Spaß“, sagt Frey. Und Schimke merkt an: „Im Schwäbischen braucht es die Differenz zwischen Männern und Frauen.“
Ende der 90er kam zum Liederkranz der erste junge Chor hinzu, aus dem 2003 der Popchor High Fidelity hervorging, gegründet von Ulrich Hönig, der den Chor bis heute leitet. Anders als beim Liederkranz singen die Frauen und Männer dort mehrheitlich auf Englisch. Dieser Chor singt auch Schlager, aber die Volkslieder und Choräle ersetzt er durch Gospel, Pop und Rock.
Diverse Mottos bei den Jahreskonzerten
Jedes Jahr veranstaltet der Verein ein Konzert, alle zwei Jahre auch ein etwas größeres. Das letzte Großkonzert hat 2018 stattgefunden. Für dieses Chorrockkonzert wurden extra in San Francisco Straßenzüge fotografiert, um sie auf die Bühne zu projizieren, zum Chor spielte eine Band. Andere Themen der zahlreichen Konzerte in der Chronik des Liederkranzes waren etwa „Italienreise“, „Schwäbischer Abend“ oder „Die lange Nacht der Musicals“.
Letzteres Motto brachte der Verein im Jahr 2006 auf die Bühne. „Wir hatten uns dermaßen im Programm verzettelt“, erinnert sich Göpfert, die seit 2003 im Popchor singt, an das bislang aufwendigste Event. Das Konzert mit einem kleinen Orchester ging bis Mitternacht. Es wurden Stücke aus Musicals wie „Cats“, „Tarzan“, „Rocky“ und „Tanz der Vampire“ gesungen.
Ein harmonischer Übergang zum Popchor
Inzwischen haben die Jungen den Verein sozusagen übernommen. 2006 hatten sie bereits alle Ämter besetzt, bis 2021 saßen die älteren Mitglieder des Liederkranzes allerdings noch im Ausschuss. „Der Übergang war sehr harmonisch“, sagt Sonja Grözinger (62), die seit 2002 im Popchor singt, und richtet damit ein Lob an ihre älteren Vereinskollegen, die sich der Veränderung damals nicht in den Weg stellten. Die Sänger und Sängerinnen des ursprünglichen Liederkranzes probten noch bis vor wenigen Jahren, inzwischen beteiligen sie sich noch als passive Mitglieder am Vereinsleben.
Heute zählt der Verein 69 Mitglieder, davon 30 aktive, die im Popchor singen (vier Männer und 26 Frauen). Wie bei den meisten Vereinen fehlt der Nachwuchs. Aber es gibt Ideen, zum Beispiel die erneute Gründung eines Jugendchors, wie es bereits einmal 2009 geschah. „Irgendwann müssen wir wieder einen Anlauf nehmen“, ist sich Göpfert sicher, sodass der Liederkranz Allmersbach weitere 100 Jahre bestehen kann.
Programm Der Liederkranz Allmersbach im Tal 1921 freut sich darauf, am Samstag, den 14. Oktober nachträglich sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt zu feiern, inklusive traditionellem Fahneneinmarsch. Als besonderes Highlight des Abends wird der Verein durch den Landrat des Rems-Murr-Kreises, Richard Sigel, die Zelterplakette verliehen, die höchste deutsche Auszeichnung für Amateur-Chöre des Bundespräsidenten. Ein Freundschaftssingen mit Chören aus den Nachbargemeinden und eine große Tombola runden die Veranstaltung in der Gemeindehalle ab. Der Eintritt ist frei, Saalöffnung mit Bewirtung ist um 18.30 Uhr, die Veranstaltung beginnt um 19:30 Uhr.
Nächstes Jubiläum Im nächsten Jahr feiert der Verein schon das nächste Jubiläum: Der Popchor High Fidelity wird sein 25-jähriges Bestehen zelebrieren.