Mit 100 Sachen am Kindergarten vorbei

Erschreckendes ergab eine Auswertung von Geschwindigkeitskontrollen in verschiedenen Ortsteilen der Gemeinde Althütte.

Mit 100 Sachen am Kindergarten vorbei

© Pressefotografie Alexander Beche

Von Annette Hohnerlein

Althütte. „Erschreckend“, „ein Irrsinn“, so lauteten die Kommentare der Gemeinderäte angesichts der Zahlen, die da auf dem Tisch lagen. Die Auswertung von Geschwindigkeitskontrollen im Gemeindegebiet, die in der jüngsten Sitzung präsentiert wurde, machte deutlich, dass die Einhaltung des Tempolimits manchmal eher die Ausnahme als die Regel ist. Der Anteil der Fahrzeuge, die zu schnell unterwegs sind, schwankte je nach Messstation zwischen 35 und knapp 95 Prozent.

Sechs Messgeräte sind auf dem Gemeindegebiet installiert, zwei in Althütte, zwei in Sechselberg, eines in Lutzenberg und eines in Fautspach. Das sind keine Blitzer, sondern reine Erfassungsgeräte, die den Autofahrern mit einem traurigen oder lachenden Gesicht signalisieren: „Du bist zu schnell unterwegs“ oder „Alles im grünen Bereich“. Die gesammelten Daten werden über Bluetooth auf ein registriertes Handy übertragen und danach auf dem Rechner über ein Online-Portal ausgewertet.

Besonders krass ist die Situation am Kindergarten Kunterbunt an der Althütter Hauptstraße. Dort waren zwischen 70 und 75 Prozent der Verkehrsteilnehmer zu schnell unterwegs. Von den über 22000 Fahrzeugen, die im Juli dieses Jahres an dieser Stelle erfasst wurden, hatten neun sogar eine Geschwindigkeit von 100 oder mehr drauf. Ähnlich sieht es an der Schule in Sechselberg aus. Dort bewegten sich die Überschreitungen zwischen 89 und 95 Prozent. Allerdings sind die Zahlen in Wirklichkeit wohl nicht ganz so drastisch. Der technische Leiter der Gemeinde, Michael Körner, wies darauf hin, dass die Geräte nicht in der Lage sind, zeitliche Differenzierungen bei den vorgeschriebenen Geschwindigkeiten zu erfassen. Sowohl am Kindergarten Kunterbunt als auch an der Schule in Sechselberg sind tagsüber zu den Öffnungszeiten der beiden Einrichtungen 30 Stundenkilometer vorgeschrieben, zu den anderen Zeiten sind 50 erlaubt. Die Messgeräte gehen aber von einem durchgehenden Tempo-30-Limit aus. Insofern liegen die tatsächlichen Prozentzahlen sicherlich darunter. Trotzdem seien die Auswertungen in der Summe aussagekräftig, betonte Körner.

„Das ist ein allgemeines Problem; so gut wie keiner hält sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen“, stellte Bürgermeister Reinhold Sczuka fest. Und bedauerte, dass der Gemeinde die Hände gebunden sind: „Wir können keine Maßnahmen ableiten.“ Denn Bußgelder kann man nur verhängen, wenn Blitzer im Einsatz sind, die die Temposünder identifizieren. Und sowohl die Aufstellung solcher Geräte als auch die Versendung der Bußgeldbescheide ist Sache der Stadt Backnang. Und im Übrigen habe Sczuka die Erfahrung gemacht, dass auch das nicht viel bringe: „Kaum sind die aufgebaut, weiß es der ganze Flecken.“ Dennoch will er mit der Backnanger Verkehrsbehörde Kontakt aufnehmen und das Problem ansprechen. Außerdem hofft man, durch die Öffentlichmachung im Amtsblatt der Gemeinde im Rahmen des Sitzungsprotokolls vielleicht doch den einen oder anderen Raser zur Vernunft zu bringen.

Reinhard Pfeil von der Freien Wählervereinigung vertrat die Meinung, in anderen Ländern habe man das Problem besser im Griff. Und zwar entweder durch Bodenschwellen an den Ortseingängen oder durch drastische Geldstrafen.

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Erstellt:
11. Oktober 2021, 16:10 Uhr

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