Mit Musik im Herzen ehrenamtlich aktiv

43 Jahre lang leitete Sieglinde Krauter den Kirchenchor Erbstetten/Burgstetten. Viele Kirchgänger werden die gebürtige Kirchbergerin auch als Organistin in der evangelischen Kirche Erbstetten kennen, denn die Orgel spielt sie weiterhin mit Liebe und Leidenschaft.

Mit 15 oder 16 Jahren, so genau weiß Sieglinde Krauter es nicht mehr, hatte sie in den Sommerferien ihren ersten Einsatz als Kirchenorganistin. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Mit 15 oder 16 Jahren, so genau weiß Sieglinde Krauter es nicht mehr, hatte sie in den Sommerferien ihren ersten Einsatz als Kirchenorganistin. Foto: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Burgstetten. Auf gewisse Weise verkörpert Sieglinde Krauter perfekt den Zusammenschluss der beiden evangelischen Kirchengemeinden Burgstall und Erbstetten. Und das, obwohl sie nicht einmal hier geboren wurde, sondern ursprünglich aus Kirchberg an der Murr stammt. Denn auch wenn sie fast ihr ganzes Leben in Erbstetten verbracht hat, muss sie doch neidlos anerkennen: „Die Kirche in Burgstall ist zum Musizieren geschickter als die in Erbstetten.“ Mehr Raum gebe es hier für den Chor, mehr Entfaltungsmöglichkeiten für den Klang. Allerdings: „In Erbstetten ist die Orgel schöner.“

Im Jahr 2019 fusionierten die evangelischen Kirchengemeinden der beiden Ortsteile und eines der verbindenden Elemente ist die Musik. „Lange hatte Burgstall keinen evangelischen Kirchenchor“, erinnert sich die ehemalige Chorleiterin. Wer singen wollte, musste rüber nach Erbstetten. Und es kamen immer mehr. „Mit der Fusionierung wurde es ein zwingender Schritt, dass beim Singen im Gottesdienst abgewechselt wurde“, berichtet sie, doch die Proben finden weiterhin in Erbstetten statt.

Sieglinde Krauter stammt aus einer sehr musikalischen Familie. Ihr Vater hatte den Posaunenchor geleitet, ihre Mutter hatte früher die Kirchenorgel gespielt. Und so folgte es fast zwangsläufig, dass auch Sieglinde, damals noch Gärtner, lernte, dieses vielseitige Instrument zu spielen. Mit 15 oder 16 Jahren, so genau weiß sie es nicht mehr, hatte sie dann in den Sommerferien ihren ersten Einsatz als Kirchenorganistin. In den Ferien habe sie viel Zeit zum Spielen und Üben gehabt, erinnert sie sich, und das zusätzliche Taschengeld sei auch nicht zu verachten gewesen.

Das Orgelspiel ließ die ausgebildete Krankenschwester nicht los

Doch sich ganz der Musik zu verschreiben, das ergab sich erst etwas später. Zunächst wollte die junge Frau den Beruf der Krankenschwester ergreifen und arbeitete nach der dreijährigen Ausbildung noch ein weiteres Jahr im Pflegebereich. Doch die Orgel ließ sie nicht los, sie hatte sie lieben gelernt und nahm weiterhin Unterricht.

Bald merkte die junge Sieglinde Gärtner, dass die Krankenpflege sie nicht erfüllte und so entschied sie sich, in Esslingen Kirchenmusik zu studieren. Zudem fiel ihr gewissermaßen noch die Leitung des Erbstettener Kirchenchors in den Schoß. Der damalige Chorleiter Gerhard Schmückle war überraschend verstorben. Sieglinde Gärtners Bruder, der ebenfalls Musik studierte, übernahm zunächst übergangsweise, doch bald konnte sie den Chor übernehmen. Das war im Herbst 1977 gewesen, zu Beginn ihres dritten Semesters.

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Zugute kommt ihr, dass sie ein absolutes Gehör hat. Allerdings, so verrät sie, sei Improvisation damals nicht gerade ihre Stärke gewesen. Von morgens bis abends habe sie durchgeübt, doch als anstrengend hatte sie es nicht empfunden, ganz im Gegenteil: „Das Studium war für mich wie Urlaub“, berichtet sie. Vor allem das künstlerische Orgelspiel sieht sie als ihre Stärke.

Gegen Ende des Studiums, nach der B-Prüfung, heiratete sie, doch die Musik ließ sie nicht los. Weiterhin leitete sie den Kirchenchor, sie baute einen Kinder- und einen Jugendchor auf. Zudem arbeitete sie, zunächst mit einer Kollegin, später allein, als Organistin. Im ausgebauten Dachstuhl ihres Hauses fand eine Pfeifenorgel ihren Platz. Ein Spielzimmer wurde der große Raum so im doppelten Sinne – für die vier Kinder und auch für die musikalische Mutter, die mit viel Leidenschaft die Orgel spielte. „Ich war die ganzen Jahre sehr motiviert“, meint sie zurückblickend.

Vom Musical „Petrus“ schwärmt Sieglinde Krauter immer noch

Wichtig war ihr auch stets die Nachwuchspflege, der Kinder- und Jugendchor lag ihr stets am Herzen. Deshalb leitete sie diese Chöre jahrelang zum größten Teil ehrenamtlich. An ein besonderes Projekt mit dem Jugendchor denkt Sieglinde Krauter gern zurück. Sie hatte am jährlichen Popchortag in Ludwigsburg teilgenommen und dabei das Musiktheater „Petrus“ kennengelernt. Das hatte ihr so gut gefallen, dass sie das auch in Burgstetten machen wollte. So entstand ein Projektchor, mit der Unterstützung von Bezirkskantor Hans-Joachim Renz, parallel dazu gründete sich auch eine Theatergruppe. Vom Musical „Petrus“ schwärmt sie immer noch. Aus dieser Gruppe heraus entwickelte sich der junge Chor Rakanaka, den sie zehn Jahre lang leitete.

Die Musik hat Sieglinde Krauter ihr ganzes Leben lang begleitet, doch so langsam möchte sie ihr Engagement zurückschrauben. Im Jahr 2020 hat sie nach 43 Jahren die Leitung des Kirchenchors abgegeben. Orgel spielt sie jedoch weiterhin. „Mit zunehmendem Alter wird der Übungsaufwand größer“, verrät sie. Doch solange es geht, möchte sie weiterspielen.

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Erstellt:
29. Januar 2024, 11:30 Uhr

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