Mitten hinein in die Wiese
Naturparkführerinnen erklären in Allmersbach im Tal die Vielfalt von Blumen und Gräsern
Wenn die Blumenwiese im Sport-Erlebnis-Park in Allmersbach im Tal im Rahmen des Naturschutztags 2019 im Mittelpunkt steht, gibt es einiges zu erfahren. Die Naturparkführerinnen Michaela Genthner, Petra Klinger und Tanja Uter hatten dafür ein gleichermaßen informatives wie unterhaltsames Programm vorbereitet.

© Pressefotografie Alexander Beche
Naturparkführerin Petra Klinger berichtete hier bei der Wiesenwanderung in Allmersbach im Tal viel Informatives über die Natur.Fotos: A. Becher
Von Wolfgang Gleich
ALLMERSBACH IM TAL. Wer kann schon all die Blumen und Gräser benennen, an denen wir alle ständig gedankenlos vorbegehen? Jetzt war die Gelegenheit, Löwenzahn, Günsel, Sauerampfer, Hahnenfuß, Wicke, Knoblauchrauke, Gundermann und alle ihre Mitlebewesen kennenzulernen und zu lernen, welche Besonderheiten sie jeweils aufweisen und wie man sie auseinanderhalten kann.
Zumindest im Fall von Bärlauch, Maiglöckchen und Herbstzeitlose kann dies unter Umständen lebenswichtig sein. Eine Spielstraße lockte zur Insektensuche, wer Lust und geschickte Hände hatte, der konnte sich eine Wiesenblumensamen-Kugel oder -Bombe basteln und Informationen rund um die Honigbiene gab es nicht nur auf Schaubildern, sondern auch direkt aus dem Bienenhaus zum Anfassen und Verkosten.
Und damit dieses Kennenlernen nicht auf die Theorie beschränkt blieb, ging es in zwei Exkursionen um 13 und 15 Uhr mitten hinein in die Kulturlandschaft Wiese, die – so berichtete Petra Klinger – in der Jungsteinzeit vor etwa 7000 Jahren entstand, als die Menschen begannen, sich im bis dahin landschaftsprägenden Wald anzusiedeln und die von ihnen domestizierten Tiere zunächst zu weiden und später ganzjährig in Stall und Koppel einzustellen. Je intensiver die Bewirtschaftung dieser Wiese geworden sei – von der Beweidung über das einmalige, zweimalige bis hin zum ständigen Mähen und Bepflanzen mit Elefantengras für Biogasanlagen, was wiederum intensives Düngen erfordere –, desto mehr sei die Vielfalt des Lebens, das sich auf der Wiese entfalte, in Gefahr geraten, bis hin zu der gegenwärtigen Situation, dass die Biomasse von Insekten um 80 Prozent zurückgegangen und zwischen 50 und 70 Prozent der Vögel verschwunden seien. Zwischen 3500 und 5000 verschiedene Pflanzen- und Tierarten, verblüffte Petra Klingler, fänden sich in einer intakten Streuobstwiese, dem wichtigsten und gefährdeten Biotop in Baden-Württemberg. Und für manchen durchaus neu war die Information, dass der Baumschnitt, aus dem das Heizmaterial für die leckeren Backhaussalz- und -zwiebelkuchen wird – Gräele auf Schwäbisch –, mindestens zwei Jahre lang gelagert und getrocknet werden soll. Nicht nur mit Hahnenfuß, Margeriten, Salbei, Schlüssel- und Glockenblumen, Wiesenschaumkraut, Wiesenbocksbart, Wiesenfuchsschwanz und dem Käseferment Labkraut wurden die Besucher aller Altersstufen, vom Kindergartenkind bis hin zu einer Dame im Rollstuhl, bekannt gemacht, staunend hörten sie auch die Ehrenrettung der in Zier- und Nutzgärten ach so verpönten Brennnessel, die für über 50 Tierarten, darunter zahlreiche Schmetterlinge, überlebenswichtig sei. „Vertreiben Sie im Zuge eines missverstandenen schwäbischen Putz- und Ordnungswahns diese Pflanze nicht aus Ihrem Garten“, so Klingers Appell, „räumen Sie ihr eine Ecke ein, in der auch sie sich behaupten kann“. Man müsse ja nicht unbedingt die jungen Blätter als Salat, Gemüse oder blutreinigendes Aufgussgetränk oder die Pflanzenfaser zur Herstellung eines feinen, von der Konsistenz her durchaus mit Seide vergleichbaren Stoffs schätzen, aber ein klein wenig Respekt verdiene sie dennoch, wie auch die am Wegrand ständig präsente, gerade in der Frauenheilkunde hochgeschätzte Schafgarbe. Ein Abstecher zu Storchenschnabel, Schachtelhalm, Knoblauchrauke, Schilf und Sumpfdotterblume, die sich auf und am Rand einer Feuchtwiese entfaltet hatten, bildete den Abschluss einer Lehrstunde, die derart mit geballter Information vollgepackt war, dass einem dabei schier schwindelig werden konnte .

© Pressefotografie Alexander Beche
Die Zuordnung der Namen zu den Pflanzen war nicht immer ganz einfach.
Auch in Pfedelbach, Obersulm, Löwenstein, Mainhardt, Sulzbach an der Murr, Murrhardt, Rudersberg, Welzheim, Abtsgmünd und Berglen hat das Naturpark-Team dazu eingeladen, sich am Naturschutztag über die vielseitigen und spannenden Aufgabenfelder des Naturschutzes und damit letztendlich der eigenen Lebensgrundlagen zu informieren.