Müllgebühren im Rems-Murr-Kreis steigen deutlich an

Der Verwaltungsrat der AWRM legt den Grundstein für die Gebührenanpassung mit einer Steigerung von durchschnittlich 15,4 Prozent. Mehrere Faktoren bedingen die Erhöhung. Im Vergleich steht der Kreis aber noch recht gut da.

Damit der Müll abgeholt wird, müssen die Haushalte im Rems-Murr-Kreis künftig wohl mehr bezahlen. Archivfoto: Jörg Fiedler

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Damit der Müll abgeholt wird, müssen die Haushalte im Rems-Murr-Kreis künftig wohl mehr bezahlen. Archivfoto: Jörg Fiedler

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Die Müllgebühren sollten für einen durchschnittlichen Vierpersonenhaushalt am Tag nicht mehr kosten als eine Brezel. Diese Zielvorgabe habe das Umweltministerium vor einigen Jahren herausgegeben, so Marcus Siegel aus dem AWRM-Vorstand in der gestrigen Sitzung des Verwaltungsrats. Geht man davon aus, dass eine Brezel 95 Cent kostet, dann liegt die Abfallwirtschaft Rems-Murr trotz der geplanten Erhöhung der Müllgebühr bei weniger als der Hälfte, nämlich 45 Cent. Was erfreulich klingt, zeigt erst einmal nur die Relationen auf. Trotzdem waren die Nachrichten, die er parat hatte, „für uns natürlich nicht erfreulich“, so Siegel. Denn die Müllgebühren im Rems-Murr-Kreis steigen spürbar an.

Steigerung um durchschnittlich 15,4 Prozent

Zahlt der genannte durchschnittliche Vierpersonenhaushalt aktuell noch 143 Euro im Jahr, so werden es nach der aktuellen Kalkulation der AWRM in den Jahren 2024 und 2025 ganze 22 Euro mehr, also 165 Euro im Jahr sein (Rechenbeispiele für die geplanten Erhöhungen finden sich im Infotext). Im Durchschnitt kommt das einer Steigerung um 15,4 Prozent gleich. Ein dickes Brett, „aber es gibt leider keine andere Möglichkeit“, machte Marcus Siegel klar.

Die CO2-Abgabe für die Verbrennung des Restmülls macht sich bemerkbar

Der AWRM-Vorstand benennt vier Kostentreiber: Im Bereich der Logistik sei man schon jetzt mit Kostensteigerungen von gut zehn Prozent konfrontiert. In den kommenden Jahren gehe man von weiteren vier Prozent im Jahr aus. Ebenfalls merkliche Steigerungen sind im Bereich der Personalkosten zu verzeichnen. Die Tarifabschlüsse mit deutlichen Lohnsteigerungen schlagen hier zu Buche, allerdings solle auch der Stellenplan erweitert werden. Weitreichende Auswirkungen hat auch eine rechtliche Änderung: Ab dem kommenden Jahr fällt eine CO2-Abgabe für die Verbrennung des Restmülls an. Allein diese sorge für Mehrkosten von etwa 5,90 Euro pro Haushalt im Kreis, rechnete Siegel vor. Der letzte Kostentreiber ist die sogenannte Nachsorge. Hier werden für die Jahre 2024/25 etwa 1,7 Millionen Euro mehr fällig. Für die Altdeponien bildet die AWRM bis 2027 planmäßige Rückstellungen in Höhe von 100 Millionen Euro. Damit wird unter anderem die Oberflächenabdichtung auf der Deponie Winnenden bezahlt, die einige Millionen kostet.

Im Vergleich mit Nachbarkreisen steht die AWRM gut da

Dass es deutlich schlimmer hätte kommen können, machte Marcus Siegel ebenfalls deutlich. Denn in die Berechnung seien bereits Überschüsse in Höhe von 3,4 Millionen Euro aus den Jahren 2020/21 eingeflossen, ebenso wie 0,75 Millionen Euro Mehrerlöse durch Vertragsneuverhandlungen im dualen System. Trotz allem steht die AWRM im Vergleich mit den Nachbarkreisen sehr gut da. Im Großraum Stuttgart verlangt nur der Kreis Esslingen aktuell niedrigere Gebühren (112 Euro), in Schwäbisch Hall muss der genannte Musterhaushalt sogar 223 Euro im Jahr entrichten.

Dennoch, auch den Kreisräten in der Sitzung war das Ausmaß der Gebührenerhöhung bewusst. „Da muss man schon ganz schön schlucken“, sagte etwa Astrid Fleischer (Grüne). „Der Gebührensprung ist gewaltig“, fand auch Klaus Riedel (SPD). Und trotzdem gab das Gremium einstimmig grünes Licht, die endgültige Entscheidung trifft dann der Kreistag.

In den kommenden Jahren stehen mehrere große Investitionen an

„Ja, die 22 Euro werden spürbar sein“, räumte auch Landrat Richard Sigel ein. Er machte aber deutlich, welche Leistungen dem gegenüberstehen. Das sei neben der Versorgungssicherheit auch eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, für die die AWRM aktuell und in der Zukunft viel investiert. Das zeige sich etwa in zwei neuen Wertstoffhöfen in Welzheim und Winterbach, die bald in Betrieb gehen sollen. Außerdem steht der Neubau des Entsorgungszentrums in Winnenden an, zudem wird der Standort in Backnang ausgebaut. In Sachen erneuerbare Energien ist beispielsweise ein neues Konzept für die Sickerwasserreinigung vorgesehen, ebenso wie ein Wärmekonzept für die Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal.

Wie geht es ab 2026 weiter?

So viele Investitionen, einige davon sind im Wirtschaftsplan der kommenden zwei Jahre noch nicht enthalten – bedeutet das auch in Zukunft steigende Gebühren? „Ich traue mir nicht zu, dazu heute schon eine Aussage zu treffen“, gibt sich Marcus Siegel vorsichtig. Klar, die Kosten steigen, doch auch die Erlöse seien ein großer Hebel, „da ist sehr viel Musik drin“. Er hoffe aber, dass solche Sprünge bei den Gebühren nicht zur Regel werden. Viele Faktoren seien der geopolitischen Lage geschuldet. Wie sich diese entwickelt, ist noch ungewiss.

Grundsätzlich stimmt Landrat Richard Sigel die Bevölkerung aber darauf ein, dass „das Thema Abfall in Zukunft eher mehr Geld als weniger kosten wird“. Was kann man tun, um die Preise zu drücken? Nun, zum Beispiel besser Müll trennen. Denn gerade der Restmüll ist für die AWRM ein großer Kostenfaktor. Deshalb soll mehr in die Öffentlichkeitsarbeit investiert werden. „Wir wollen die Menschen dafür sensibilisieren, nicht alles in die Restmülltonne zu kloppen“, so Marcus Siegel. Schon in den Schulen soll der Grundstein hierfür gelegt werden. Je besser getrennt wird, desto besser kann verwertet werden. Und das wiederum bringt Erlöse.

Wie sich die Gebührenerhöhungen auswirken

Inflation Obwohl der Anstieg der Gebühren drastisch erscheint, setzt die AWRM die Entwicklung mit der Inflationsrate ins Verhältnis und kommt zu einem für die Verbraucher positiven Ergebnis: „Wären die Abfallgebühren im Rems-Murr-Kreis seit 2005 entsprechend der Inflationsrate gestiegen, müssten die Bürgerinnen und Bürger mit knapp 192 Euro rund 40 Prozent mehr für ihre Abfallentsorgung bezahlen. Tatsächlich werden im Rems-Murr-Kreis für die Abfallentsorgung in den Jahren 2024/25 rund 20 Prozent mehr als vor 19 Jahren bezahlt.“

Beispiele Für einen Vier- und Mehrpersonenhaushalt liegt die Gebührenerhöhung bei plus 15,4 Prozent über eine Periode von zwei Jahren. Die Jahresgebühr steigt von 78 auf 92 Euro. Die Leerung einer 60-Liter-Restmülltonne im zweiwöchentlichen Turnus steigt dann von 42 auf 47 Euro pro Jahr. Die Jahresgebühr für die 80-Liter-Biomülltonne erhöht sich von 23 auf 26 Euro. Das ergibt also eine Gesamtbelastung von 165 Euro, aktuell sind es 143 Euro.

Die Jahresgrundgebühr eines Einpersonenhaushalts steigt demnach von 69 auf 81 Euro, jene eines Zwei- bis Dreipersonenhaushalts von 75 auf 89 Euro. Ein 35-Liter-Abfallsack kostet dann künftig 2,20 statt 2 Euro und ein 70-Liter-Abfallsack 4,40 statt 4 Euro. Die Gebühr für 770-Liter-Großbehälter für Gewerbebetriebe bei zweiwöchentlicher Leerung könnte von 808 auf 862 Euro jährlich steigen. Die Sonderabfuhr von Sperrmüll zum Beispiel soll künftig statt 20 Euro ab dem kommenden Jahr dann 22 Euro kosten, die Anlieferung von Gewerbemüll, Hausmüll, Sperrmüll, Baustellenabfällen und dergleichen auf den kreiseigenen Entsorgungsanlagen 375 statt 333 Euro.

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Erstellt:
29. September 2023, 06:00 Uhr

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