Müllgebühren im Rems-Murr-Kreis steigen: Mehr AWRM-Service kostet Geld

Landrat hält am Betrieb der Deponie Steinbach bis 2055 fest. In Winnenden wird komplett neu gebaut. Die Müllgebühren werden weiter steigen.

Geplantes Entsorgungszentrum in Winnenden. Animation: FG Architekten und Sachverständige GmbH

Geplantes Entsorgungszentrum in Winnenden. Animation: FG Architekten und Sachverständige GmbH

Von Florian Muhl

Rems-Murr. Die Abfallwirtschaft Rems-Murr AöR (AWRM), die im Kreis zuständig für die Müllentsorgung ist, hat sich für die kommenden Jahre viel vorgenommen. Das wurde gestern beim Sommergespräch auf der Deponie Winnenden mit Landrat Richard Sigel deutlich. Investitionen in einem höheren zweistelligen Millionenbetrag stehen an. Beleuchtet wurden die Themen Neubau des Entsorgungszentrums in Winnenden, Bilanzpräsentation 2022, Weiterbetrieb der Deponie Steinbach, neuer Wertstoffhof in Murrhardt sowie Stromgewinnung, Fernwärme und Biomüllkampagne.

Am geplanten Weiterbetrieb der Deponie Backnang-Steinbach (siehe Bericht oben) hält Richard Sigel fest. „Wir haben die Kritikpunkte ganz detailliert aufgearbeitet. Die Fahrzeugzunahme und der Lärm sind nicht wirklich wesentlich, wobei das immer auch ein subjektives Empfinden ist“, sagte der Landrat. Der AWRM-Verwaltungsrat hat das Thema gestern Nachmittag noch einmal beraten, nach Änderungen der Beschlussvorlage beschlossen und empfiehlt dem Kreistag, dem Abschluss der Zusatzvereinbarung zuzustimmen. Gestrichen aus der Vorlage wurde beispielsweise der Satz: „Eine Verlängerung über das Jahr 2055 hinaus ist nur mit Zustimmung der betroffenen Gemeinden möglich.“ Beschlossen wurde folgende Aussage: „Für die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit ab 2056 wird die AWRM rechtzeitig ein Standortauswahlverfahren einleiten.“ Ergänzt wurde folgender Absatz: „Die AWRM wird die aktuelle Abfallmengenentwicklung, den aktuellen Verfüllstand und die prognostische Restverfülldauer erstmalig im Jahr 2029, danach in Abständen von fünf Jahren, mit der Stadt Backnang und der Gemeinde Oppenweiler erörtern (...).“ Der Landrat stellte nochmals klar: „Wir unterstützen die Kommunen, wir stellen auch die Ressourcen zur Verfügung, dass das, was vor Ort tatsächlich gewünscht ist, gemacht werden kann.“ Zudem plant die AWRM, das Entsorgungszentrum in Steinbach vollständig zu modernisieren. Die Neuausrichtung soll auch insbesondere die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen, die im Rahmen der Umfrage zum Abfallwirtschaftskonzept benannt wurden. An oberster Stelle standen hier der Wunsch nach einem breiten Annahmespektrum an verschiedenen Abfällen, eine zügige Abwicklung sowie verbesserte Öffnungszeiten.

Neubau und Modernisierung

Wertstoffhöfe in Backnang und Murrhardt: In Backnang will die AWRM den Wertstoffhof in der Theodor-Körner-Straße nicht nur erhalten, sondern ausbauen. In Murrhardt will die AWRM einen komplett neuen Wertstoffhof mit Grüngutannahmestelle im Gewerbegebiet (Froschgrube/Wilhelm-Soehnle-Straße) erstellen. Geplant sind daneben eine Freiflächenfotovoltaikanlage mit bis zu 3,20 Meter hohen Modulen und ein Hackschnitzellager der Stadtwerke zum Betrieb der Nahwärmeheizzentralen. Dazu der Landrat: „Ziel ist es, eine möglichst wohnortnahe Entsorgung im gesamten Kreisgebiet zu ermöglichen.“

Der dickste Brocken, den sich die AWRM vornimmt, ist der Neubau des Entsorgungszentrums in Winnenden. Allein dieser Komplex, der laut Lutz Bühle, Technikvorstand bei der AWRM, nach einer ersten Kostenschätzung 16 Millionen Euro kosten wird, soll Ende 2026 in Betrieb gehen. „Wir wollen möglichst viele Wertstoffe einsammeln und da haben wir die Überzeugung: Es muss möglichst bequem und komfortabel und auch gut erreichbar für die Menschen sein“, kündigte Landrat Sigel an. Aus diesem Grund beinhalte das Konzept auf der Deponie Eichholz große Investitionen. Das ganze Areal, etwas über 22 Hektar groß, muss aus „deponietechnischer Sicht“, wie Lutz Bühle sagte, einmal komplett abgedichtet werden, so wie es derzeit auf der Deponie Steinbach in mehreren Bauabschnitten passiert (wir berichteten). „Die komplette Oberfläche muss einmal aufgemacht werden“, schilderte der Technikvorstand. Eingearbeitet ins Erdreich werden dann eine Kunststoff- und eine Tondichtungsbahn. Die Vorteile: Wesentlich weniger Sickerwasser bildet sich und das Deponiegas lässt sich viel besser erfassen. Wenn schon alles an bestehender Infrastruktur abgerissen werden muss, dann rentiert sich ein Neubau. Und der hat es in sich. Mit einer raschen Abwicklung, übersichtlichen und überdachten Annahmebereichen, digitalen Abrechnungssystemen sowie einem Kaufhaus für noch gut erhaltene Gegenstände soll eine attraktive Entsorgungseinrichtung geschaffen werden.

3,4 Millionen Euro Jahresüberschuss

Im Rahmen der Projektplanung zum Ausbau der erneuerbaren Energien (Fotovoltaik, Wasserstoff, Fernwärme, Biomasse und Deponiegas) wurden Projekte entwickelt, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. Mit den Projekten sollen bis zum Jahr 2030 die Stromerzeugung um den Verbrauch von rund 1500 Haushalten und die Wärmeerzeugung entsprechend dem Verbrauch von etwa 1140 Haushalten gesteigert werden.

Erfreulich sind die Zahlen der Bilanzpräsentation 2022, die Finanzvorstand Marcus Siegel vortrug. So beträgt der Jahresüberschuss der AWRM insgesamt knapp 3,4 Millionen Euro. Mit fast 4,2 Millionen Euro auch sehr hoch ist der Gebührenüberschuss. Das meiste davon hat die AWRM durch den Verkauf von Altpapier erlöst, gefolgt vom Stromerlös. Wie der Landrat sagte, soll der überwiegende Teil des Überschusses den Haushalten zugutekommen.

Erfreulich verlief auch die Biomüllkampagne. Wie Anika Fritz vom Vorstand sagte, zeigten die Sichtkontrollen Wirkung. Der Plastikanteil sei zurückgegangen. Am häufigsten wurden Biomülltonnen in Waiblingen, Fellbach und Korb beanstandet.

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Erstellt:
5. Juli 2023, 06:00 Uhr

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