NS-Zeichen als Sticker verschickt

Verfahren gegen 23-Jährigen wegen Verwendens von verfassungswidrigen Kennzeichen wird eingestellt.

Der Angeklagte musste sich vor dem Amtsgericht wegen Stickern mit NS-Kennzeichen verantworten. Symbolfoto: okanakdeniz/Stock.adobe.com

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Der Angeklagte musste sich vor dem Amtsgericht wegen Stickern mit NS-Kennzeichen verantworten. Symbolfoto: okanakdeniz/Stock.adobe.com

Von Florian Muhl

Backnang. Die Taten, die gestern einem 23 Jahre alten Mann aus dem Raum Backnang zur Last gelegt wurden, liegen bereits drei und vier Jahre zurück. Auf der Anklagebank des Amtsgerichts Backnang sitzt der Informatiker, weil er Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet hat, wie der Vorwurf auf Amtsdeutsch lautet. Nach knapp halbstündiger Verhandlung sind sich der Verteidiger, der Oberstaatsanwalt und auch der Vorsitzende Richter einig: Das Verfahren wird gegen die Leistung einer Geldbuße in Höhe von 500 Euro an eine soziale Einrichtung vorläufig eingestellt. Vorläufig nur deshalb, weil die Geldbuße noch nicht geleistet wurde. Sobald der 23-Jährige das Geld überwiesen hat, ist das Verfahren gegen ihn komplett eingestellt.

Sticker in verschiedenen Whats-App-Gruppen geteilt

Was war geschehen? Im Zeitraum April 2019 bis November 2020 hat der junge Mann laut Anklageschrift in vier Fällen Sticker mit NS-Kennzeichen in verschiedenen Whatsapp-Gruppen geteilt. Im Einzelnen hat er in die Gruppe „Ungeliebtes Herz“, die zum betreffenden Zeitpunkt 26 Teilnehmer umfasste, zwei Sticker gepostet. Auf dem einen war das Porträt von Adolf Hitler und die Aufschrift „Na, na, auf Deutsch bitte“ zu sehen, auf dem zweiten ebenfalls Adolf Hitler mit der Aufschrift „Du Zecke“. Ähnliche Sticker hat er an die Gruppen „Bauer sucht Frau“ mit 34 Teilnehmern, „Only Stuttgart“ (12) und „Stuttgarter Keks“ (77) versandt.

Der Angeklagte räumt alle ihm zur Last gelegten Taten unumwunden ein und will sich gar nicht erst rechtfertigen, sondern nur erklären. „Damals wurden solche Sachen als Witz oder so was reingeschickt“, sagt er, verweist auf die Aufschrift „Na, na, auf Deutsch bitte“ und erläutert: „Da war’s einfach so, wenn jemand irgendwas auf Englisch geschrieben hat, dann hat man halt den Sticker reingeschickt.“ Damals habe er es witzig gefunden und drüber gelacht. Jetzt, im Nachhinein, sei er sich seiner Schuld bewusst und bedauere, dass er diese Art von Symbolen verwendet und so Straftaten verübt habe. „Ich sehe ein, dass es falsch war“, so seine Worte.

Auch kinderpornografische Bilder auf dem Smartphone gefunden

Ein weiterer Vorwurf des Oberstaatsanwalts lautete, dass sich auf seinem Handy, das am 31. März vergangenen Jahres von der Polizei sichergestellt worden war, zwei kinderpornografische Bilder befanden. Was es damit auf sich hat, will der Vorsitzende Richter wissen. Auch dazu nimmt der Angeklagte wortreich Stellung. Er sei aus einer der Gruppen von einer Frau angeschrieben worden, die einen Froschsticker von ihm witzig fand, ob er noch andere habe. „Sie meinte, sie habe nur verstörende Sticker von ihrem Freund“, so der Angeklagte, der dann zurückgeschrieben habe: „Ja, dann schick mal“, weil er davon ausgegangen sei, dass es sich um ähnlich witzige Sticker handel würde. Als die beiden Sticker mit den kinderpornografischen Inhalten kamen, sei er verwundert und irritiert gewesen. Heute sagt er: „Inzwischen ist mir auch bewusst, dass es in meiner Verantwortung liegt, die Bilder zu löschen.“ Was vor vier Jahren diesbezüglich seine Gedankengänge waren, könne er heute nicht mehr sagen. Von solchen Whatsapp-Gruppen hat er sich mittlerweile distanziert, wie er sagt.

Sein Handy übrigens, auf dem alle seine Kinder- und Jugendfotos abgespeichert sind, ist der junge Mann los. Das Smartphone wird die Polizei nicht mehr an ihn übergeben. Ob die Ordnungshüter wenigstens einige Datensätze herausgeben könnten, konnte der Richter nicht sagen.

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Erstellt:
19. Oktober 2023, 16:00 Uhr

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