Pflegestützpunkt kommt nach Backnang

Landkreis erweitert sein neutrales Beratungsangebot in Sachen Pflege – In Murrhardt soll es künftig Sprechstunden geben

Der Landkreis erweitert das Angebot seines Pflegestützpunktes. Neben der Einrichtung im Waiblinger Landratsamt soll bald auch eine Außenstelle in Backnang eingerichtet werden, ebenso in Schorndorf. Um den Rems-Murr-Kreis komplett abzudecken, soll es in Murrhardt und Welzheim Sprechstunden geben. Der Pflegestützpunkt steht für neutrale Beratung in allen Fragen der Pflege.

Wer gute Pflege sucht, hat viele Fragen. Wertvollen Rat können sich Betroffene und deren Angehörige bald auch in Backnang holen. Foto: Adobe Stock

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Wer gute Pflege sucht, hat viele Fragen. Wertvollen Rat können sich Betroffene und deren Angehörige bald auch in Backnang holen. Foto: Adobe Stock

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. So günstig wie jetzt ist die Angebotsausweitung nicht so schnell wieder zu haben: Dank des neuen Pflegestärkungsgesetzes kostet die personelle Aufstockung von derzeit zwei auf insgesamt acht Vollzeitstellen den Landkreis nur 240000 Euro Eigenanteil im Jahr. Den großen Rest übernehmen die Pflege- und Krankenkassen, wie die Leiterin des Kreissozialamts, Stefanie Böhm, gestern im Sozialausschuss erklärte.

Überlegungen, mit dem Beratungsdienst in die Fläche zu gehen, gab es schon länger. Im Jahr 2011 wurde zunächst der Pflegestützpunkt in Waiblingen geschaffen. Das Angebot einer neutralen Beratung in der Kreismetropole wurde sehr gut angenommen, die Beratungszahlen stiegen rasch an: Der Bedarf an Informationen, die durch das Leistungswirrwarr in der Pflege führen, ist bei Betroffenen und deren Angehörigen offenbar riesig. Deshalb sollte bald schon in Backnang ein zweiter Pflegestützpunkt eingerichtet werden, was unter anderem der Kreisseniorenrat forderte. Doch die Umsetzung ließ auf sich warten: Weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen weiter veränderten, stellte der Landkreis seine Pläne zurück.

Inzwischen ist aber das Pflegestärkungsgesetz III in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang haben die Landratsämter ein Initiativrecht eingeräumt bekommen: Sie können jetzt von den Pflege- und Krankenkassen den Abschluss von Vereinbarungen fordern, um weitere Pflegestützpunkte einzurichten.

Die Kosten für die Beratungszentren werden gedrittelt

Die Kosten für die Beratungszentren werden dabei geteilt: Je ein Drittel müssen die Kranken- und Pflegekassen tragen, das dritte Drittel entfällt auf den betreffenden Landkreis. Die personelle Ausstattung ist an der Bevölkerungszahl ausgerichtet. Landesweit wurde ein Bedarf von 203,5 Vollzeitstellen ermittelt. Auf den Rems-Murr-Kreis entfallen danach rein rechnerisch 8,07 Stellen.

Allerdings ist Eile geboten: Will der Landkreis sein Initiativrecht ausüben, muss er mit den anderen Kostenträgern bis 30. Juni die vertragliche Vereinbarung über den künftigen Pflegestützpunkt abschließen. Sollte es zu keinem Vertragsabschluss kommen, läuft der Landkreis nicht nur Gefahr, später nicht mehr in den Genuss der Drittelfinanzierung zu kommen, sondern er bliebe auch auf dem Pflegestützpunkt in Waiblingen mit zwei Vollzeitstellen sitzen, die er dann allein mit rund 180000 Euro im Jahr finanzieren müsste. Das soll vermieden werden.

Die Konzeption für die künftigen Pflegestützpunkte sieht eine Ausweitung des Angebots in Etappen vor. Als erstes wird zum 1. Dezember dieses Jahres die Außenstelle in Backnang mit anderthalb Personalstellen eingerichtet. Zum 1. Juli 2020 soll eine weitere Außenstelle in Schorndorf mit zweieinhalb Stellen geschaffen werden. Gleichzeitig will der Landkreis den zentralen Pflegestützpunkt in Waiblingen von zwei auf drei Stellen und die Außenstelle in Backnang auf zweieinhalb Stellen aufstocken. Zudem ist daran gedacht, bei Bedarf Sprechstunden in Murrhardt und Waiblingen anzubieten. Der Kostenanteil des Landkreises steigt dabei von 60000 Euro im Jahr für die bestehende Besetzung in Waiblingen auf 240000 Euro.

Bei den Kreisräten stieß die Planung auf allgemeinen Beifall: Der Ausschuss segnete das Paket gestern einstimmig ab und empfahl dem Kreistag, der das letzte Wort hat, die Zustimmung. Reinhold Sczuka (CDU) fand es richtig, beim Ausbau des Beratungszentrums in Backnang anzufangen. Dieser Standort sei schließlich von Anfang an im Fokus gewesen. Gleichzeitig begrüßte er die anvisierten Sprechstunden in Murrhardt und Welzheim, weil damit ein flächendeckendes Angebot für den Landkreis entstehe.

Ähnlich äußerte sich Klaus Harald Kelemen (SPD), der an den erfolgreichen Start in Waiblingen und die starke Nachfrage durch Pflegebedürftige und Angehörige erinnerte. In der älter werdenden Gesellschaft sei jeder irgendwann an der Reihe, Informationen in Sachen Pflege zu brauchen. Und: „Wir wollen keine Zuschüsse verfallen lassen für eine Maßnahme, die der Bevölkerung nützt.“

Nicht nur wegen der Finanzierung sei das Paket bedeutsam, konstatierte Bernd Messinger (Grüne). In einer Zeit, in der sich familiäre Strukturen zunehmend auflösten, müsse von kommunaler Seite entsprechende Unterstützung kommen. Künftig werde die Beratung, die bislang in Waiblingen zentriert ist, kreisweit gut erreichbar sein, lobte er und fragte nach, ob es schon konkrete Vorstellungen gibt, wie die Sprechstunden aussehen sollen. Auch Gudrun Wilhelm (FDP/FW) würdigte den Schritt in die Fläche – die Bürger sollten sich die benötigten Informationen nicht übers Internet zusammenstupfeln müssen. Allerdings gab sie zu bedenken, ob nicht möglicherweise Doppelstrukturen geschaffen werden, weil ja auch anderswo Beratung zu haben ist. Hartmut Holzwarth (CDU) fragte dagegen nach, was geschieht, wenn sich die Kassen aus der Finanzierung zurückziehen. Ulrike Sturm (Grüne) wollte schließlich wissen, ob der Stützpunkt auch außerhalb der Öffnungszeiten des Landratsamts erreichbar sein wird.

Sozialamtsleiterin Böhm erklärte, Details zu den Sprechstunden seien noch nicht festgelegt. Möglicherweise werde mit Beratungsterminen gearbeitet. Ein Kündigungsrecht sei für alle Vertragspartner vorgesehen, dann müsse die Vereinbarung neu verhandelt werden. Zugleich betonte sie, dass keine Doppelstrukturen vorlägen, weil der Pflegestützpunkt für neutrale Beratung steht. An einen Bereitschaftsdienst sei auch nicht gedacht, vielmehr soll eine Vernetzung mit dem Entlassmanagement der Rems-Murr-Kliniken hergestellt werden.

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Erstellt:
30. April 2019, 06:00 Uhr
Aktualisiert:
30. April 2019, 09:49 Uhr

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