Platz für regionalen Gewerbepark gesucht
Damit prosperierende Unternehmen nicht abwandern, brauchen die Kommunen Flächen. Aber die werden in der Region Stuttgart immer knapper. Ein größeres Gewerbegebiet für mehrere Gemeinden könnte im Raum Backnang die Lösung sein.

Die Lerchenäcker wurden einst als „beleuchtete Wiesen“ verspottet. Archivbild: W. Kuhnle
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Als „beleuchtete Wiesen“ wurden die Lerchenäcker einst verspottet, weil die Vermarktung nach der Erschließung im Jahr 2001 nur schleppend anlief. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Inzwischen wurde das gemeinsame Gewerbegebiet der Stadt Backnang und der Gemeinde Aspach schon dreimal erweitert und die Flächen werden schon wieder knapp. „Es vergeht gefühlt kein Tag, an dem keine Anfrage bei uns eingeht“, berichtet Oberbürgermeister Maximilian Friedrich. Dass 3,4 Hektar aktuell noch nicht verkauft sind, liegt alleine daran, dass der Zweckverband bei der Auswahl der Käufer ziemlich wählerisch geworden ist. Die letzten verbliebenen Flächen sind vor allem für Unternehmen aus Backnang und Aspach gedacht, die expandieren wollen, dies aber an ihrem bisherigen Standort nicht können.
Die vierte Erweiterung der Lerchenäcker ist schon in Arbeit: Am südlichen Ende soll in den nächsten zwei Jahren noch eine 1,25 Hektar große Fläche in Richtung Schützenhaus erschlossen werden. Bei einem Gewerbegebiet mit einer Gesamtfläche von rund 60 Hektar sei das aber nicht mehr als eine Abrundung, sagt Baudezernent Stefan Setzer. Danach ist in den Lerchenäckern endgültig Schluss. Noch eine Erweiterung sei nicht mehr möglich, erklärt Setzer.
Drei mögliche Standortewerden genauer untersucht.
Im Backnanger Rathaus macht man sich deshalb schon Gedanken über die Zeit danach. Dabei rückt zunächst das Gebiet Mühläcker in Waldrems in den Blick. Im Flächennutzungsplan von 2007 sind dort bereits zwei mögliche Erweiterungsflächen eingezeichnet. Allerdings werden diese durch eine keilförmige Grünfläche zerschnitten, die nach heutigem Stand nicht bebaut werden darf, weil dort eine Streuobstwiese als ökologischer Ausgleich für den Ausbau der B14 vorgesehen ist. Stefan Setzer hält den Standort dafür aber für ungeeignet und würde den Ausgleich lieber an anderer Stelle schaffen. Dann stünde in den Mühläckern eine durchgehende Fläche von knapp zehn Hektar für die Erweiterung des Gewerbegebietes bereit.
Dafür ist aber erst mal eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich und die Stadt muss die nötigen Grundstücke erwerben. Setzer rechnet damit, dass das Thema frühestens in drei Jahren spruchreif wird. Aber sein Blick geht sogar noch weiter in die Zukunft, denn die Verwaltung möchte Backnanger Unternehmen auch in 10 oder 15 Jahren noch eine Perspektive bieten. Friedrich und Setzer denken deshalb über ein neues interkommunales Gewerbegebiet nach. Denn der Verband Region Stuttgart hat laut Setzer deutlich gemacht, dass er größere Gewerbeparks künftig nur noch genehmigen wird, wenn sich mehrere Kommunen zusammentun.

Drei Standorte für ein interkommunales Gewerbegebiet werden untersucht. Zwei liegen auf Backnanger Gemarkung, einer bei Großaspach.Karte: Stadtplanungsamt/Bearbeitung: BKZ
Ob und wo im Raum Backnang ein solcher interkommunaler Gewerbepark entstehen wird, ist noch ungewiss, allerdings haben die Planer schon einmal drei mögliche Standorte ins Auge gefasst, die nun intensiver untersucht werden sollen. Der erste liegt bei Großaspach, südlich der heutigen Landesstraße 1115. Der zweite befindet sich im Anschluss an das bestehende Gewerbegebiet Backnang-Süd Richtung Unterweissach. Und schließlich steht auch noch ein Gebiet an der B14 zwischen Waldrems und Nellmersbach zur Diskussion. Dort wäre auch eine ÖPNV-Anbindung mit einer zusätzlichen S-Bahn-Haltestelle vorstellbar.
Alle drei Standorte sind verkehrsgünstig gelegen, allerdings ist auch in allen Fällen mit Hürden und Widerständen zu rechnen. „Es wird enorm aufwendig, eines davon umzusetzen“, prophezeit Setzer. Das neue Gebiet soll auch nicht die Dimensionen der Lerchenäcker haben. Setzer denkt eher an eine Größenordnung von 10 bis 15 Hektar.
Welchen Standort er persönlich favorisiert, lässt sich Maximilian Friedrich nicht entlocken: „Wir sind noch in einem ganz frühen Stadium und ich halte es für wichtig, dass wir die Diskussion ergebnisoffen führen“, erklärt der OB. Einige Stadträte haben hingegen schon Position bezogen. So erklärte Gerhard Ketterer (CDU) in der jüngsten Gemeinderatssitzung, dass er das Gelände an der B14 für optimal halte. Siglinde Lohrmann (SPD) favorisiert hingegen den Standort am Autobahnzubringer. Ihr Fraktionschef Heinz Franke machte deutlich, dass er sich neue Gewerbeflächen im Weissacher Tal nicht vorstellen kann, weil das noch mehr Verkehr in den Stadtteilen Waldrems und Heiningen zur Folge hätte.
Grundsätzlich scheint eine Mehrheit des Gemeinderats die Suche nach neuen Gewerbeflächen zu unterstützen. Lediglich Ulrike Sturm (Grüne) und Armin Dobler (SPD) äußerten sich kritisch zu den Plänen. Sturm regte an, zunächst einmal die Leerstände in den vorhandenen Gewerbegebieten zu nutzen, bevor man neue ausweist. Dobler erklärte, er habe nicht den Eindruck, dass die Region verarmt. Bei der Versiegelung neuer Flächen müsse man mit Augenmaß vorgehen – auch mit Blick auf das Klimaschutzprogramm, das der Gemeinderat in derselben Sitzung in Auftrag gegeben hat.
Von Kornelius Fritz
Es zeugt von Weitsicht, dass sich die Stadtverwaltung schon heute mit der Frage beschäftigt, wo sie Backnanger Unternehmen in 10 oder 15 Jahren Entwicklungsmöglichkeiten bieten will. Denn vom Beschluss, ein Gewerbegebiet auszuweisen, bis zum ersten Spatenstich vergehen Jahre. Aber eine Firma, die wachsen will, hat meist nur wenig Zeit. Sie braucht heute mehr Platz und wenn sie den in Backnang nicht findet, sucht sie ihn sich eben woanders.
Die Idee, dass sich die Stadt mit einer oder mehreren Umlandgemeinden zusammentut, klingt vernünftig, aber ein interkommunales Gewerbegebiet birgt auch reichlich Konfliktstoff. Denn wo gearbeitet wird, da gibt es auch Lärm und Verkehr. Und wer diese Unannehmlichkeiten jeden Tag ertragen muss, wird kein großes Interesse daran haben, die Gewerbesteuer mit den Nachbargemeinden zu teilen. Ein solches Konstrukt kann deshalb nur funktionieren, wenn nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Lasten gerecht verteilt werden.
k.fritz@bkz.de