Preise für Immobilien im Rems-Murr-Kreis sinken
Der Wohnungsmarktbericht der Kreissparkasse Waiblingen zeigt : Während Häuser und Wohnungen günstiger werden, steigen die Mieten. Preisunterschiede gibt es vor allem aufgrund der Lage und des Zustands der Objekte. Tiefstände scheinen erreicht.
Von Andreas Ziegele
REMS-MURR. Zum ersten Mal seit vielen Jahren sind die Preise für Häuser und Wohnungen im Jahr 2023 gesunken. Gleichzeitig sind die Mieten gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Wohnmarktbericht hervor, den die Kreissparkasse Waiblingen in Zusammenarbeit mit dem IIB-Institut Dr. Hettenbach aus Schwetzingen jetzt vorgelegt hat. Der mittlerweile zum dritten Mal erschienene Bericht soll potenziellen Käufern und Mietern eine Orientierung im Landkreis geben.
Bei Immobilien und Mieten gilt nach wie vor eine Faustformel: Je weiter weg von Stuttgart, desto niedriger sind die Preise. Auch die Lage innerhalb einer Stadt oder Gemeinde und die Energieeffizienz der Gebäude spielen eine wichtige Rolle. „Eine geringe Nachfrage sorgt dafür, dass Kaufobjekte sorgfältig ausgesucht und Investitionen intensiv geprüft werden. Hohe Energiekosten sorgen zusätzlich für eine kritische Begutachtung der Energieeffizienz der Immobilie, um hohe Betriebskosten zu vermeiden“, sagt Katarina Ivankovic, Geschäftsführerin des IIB-Instituts.
Fellbach als Ausnahme
Im Vergleich zum Vorjahr sind in vielen Städten und Gemeinden des Rems-Murr-Kreises Preisrückgänge im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zu beobachten. Eine Ausnahme bildet Fellbach: Mit einem Preisrückgang von 9,7 Prozent bei Häusern und 11,6 Prozent bei Eigentumswohnungen war der Preisrückgang hier stärker als in Waiblingen. Mit einem durchschnittlichen Hauspreis von 597600 Euro hat Waiblingen Fellbach mit 596300 Euro als teuerste Kommune im Rems-Murr-Kreis abgelöst. Top-Wohnlagen sind hier nicht verfügbar und in der nächsten Kategorie, den sehr guten Wohnlagen, müssen in Fellbach über 1,6 Millionen Euro investiert werden.
Am günstigsten ist Wohneigentum nach wie vor in Murrhardt. Durchschnittlich 367800 Euro kostet hier ein Haus und 2640 Euro pro Quadratmeter müssen hier im Schnitt bezahlt werden. Deutlich höher sind die Immobilienpreise in Backnang. Für eine Eigentumswohnung werden hier durchschnittlich 3420 Euro fällig, wobei die Preisspanne je nach Lage von 2060 Euro bis 4970 Euro reicht. Der Durchschnittspreis für Häuser liegt hier bei 498800 Euro und damit um 7,4 Prozent niedriger als im Vorjahr. In Backnang müssen in Top-Wohnlagen für Häuser über 1,2 Millionen Euro und für Wohnungen knapp 5000 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden. In den sogenannten einfachen Wohnlagen gibt es keine Angebote (siehe Infotext).
Die größten Preisrückgänge im nördlichen Rems-Murr-Kreis gab es in der Gemeinde Sulzbach an der Murr und Umgebung. Hier sanken die Preise für Häuser um 10,7 Prozent und für Wohnungen um 14,2 Prozent. Damit kostet ein Haus durchschnittlich 395600 Euro und der Quadratmeter Eigentumswohnung 2660 Euro.
Hoffnung für Häuslebauer
Anders sieht es bei den Mieten aus. Diese sind flächendeckend gestiegen. So kostet eine Wohnung zwischen 40 und 80 Quadratmetern in Backnang durchschnittlich 11,05 Euro pro Quadratmeter. Am günstigsten wohnt man in Murrhardt. Hier liegt der Quadratmeterpreis für die gleiche Wohnungsgröße bei 9,60 Euro. Spitzenreiter im Landkreis ist auch hier Fellbach mit einem Quadratmeterpreis von 13,00 Euro.
Nach wie vor träumen viele Menschen von den eigenen vier Wänden. Hier macht der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Waiblingen, Vincenzo Giuliano, den Häuslebauern und -käufern Hoffnung: „Wir merken seit ein paar Monaten, dass sich am Immobilienmarkt etwas tut. Die stabileren Zinsen haben den Markt belebt.“ Derzeit liegen sie bei knapp unter vier Prozent für zehnjährige Kredite.
Ähnlich beurteilt Jürgen Schwab, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Backnang, die aktuelle Situation. „Allerdings glauben viele Immobilienverkäufer immer noch, sie könnten Preise wie vor zwei oder drei Jahren verlangen“, sagt er. Sollte man jetzt kaufen? „Wenn das Gesamtpaket stimmt, ist ein Kauf kein Fehler.“ Im Moment beobachtet er einen Trend: „Die Leute sind vorsichtiger und es wird nicht mehr alles gekauft, was auf den Markt kommt.“ Es gebe ein größeres Interesse an kleineren Einheiten oder an Altbauten zu beobachten.
Bei älteren Gebäuden ist besondere Vorsicht geboten. Die Umsetzung von notwendigen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz – wie beispielsweise der Austausch einer veralteten Heizungsanlage oder die Verbesserung der Dämmung – kann erhebliche Kosten verursachen. Diese zusätzlichen Investitionen könnten die finanzielle Belastung für den Käufer erheblich erhöhen und somit die Gesamtkosten für den Erwerb und die Finanzierung des Gebäudes signifikant steigern.
Vincenzo Giuliano sieht vor allem für den nördlichen Rems-Murr-Kreis gute Perspektiven für die kommenden Jahre. „Die Städte und Gemeinden in dieser Region werden die Gewinner der Zukunft sein.“ Nach Jahren des Trends in die Städte beobachtet er derzeit, dass es vor allem junge Familien aufs Land zieht.
In der Ruhe liegt die Kraft
Das Angebot sei vorhanden: „Die Regale sind gefüllt und vor allem die Breite ist wieder da. Nachdem jahrelang alles gekauft wurde, was auf den Markt kam, sind die Käufer wieder besonnener und bewusster in ihren Entscheidungen geworden“, so das Vorstandsmitglied der Kreissparkasse. Vor allem junge Familien sind derzeit auf der Suche nach Häusern und Wohnungen.
Wer sich jetzt mit dem Gedanken trägt, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, dem rät der Sparkassen-Vorstand: „Überstürzen Sie nichts. Schauen Sie sich die Objekte in Ruhe an und schlafen Sie noch ein oder zwei Nächte darüber. Wenn Sie dann ein gutes Gefühl haben, dann greifen Sie zu.“
Mit weiteren Preisrückgängen bei Immobilien rechnet mittelfristig keiner der Experten. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hat der Abwärtstrend einen Halt eingelegt. „Der Markt hat eine Phase der Bodenbildung erreicht“, so die IW-Experten.
Methodik Das IIB erfasst täglich die Preise von rund 350000 Immobilienangeboten auf allen relevanten Internetportalen. Die Werte werden so bereinigt, dass sie tatsächlich gezahlten Summen entsprechen. Sämtliche Preise beziehen sich auf Bestandsimmobilien, also Objekte, die älter als drei Jahre sind.
Preislagen Diese reichen von Top-Wohnlagen, sehr guten, guten, mittleren bis hin zu einfachen Wohnlagen. Danach erfolgt eine Prüfung nach bestimmten Kriterien, die verschiedene Faktoren berücksichtigt.
Räumlicher Umfang Für den Wohnmarktbericht wurde der Rems-Murr-Kreis in 18 Teilgebiete aufgeteilt und die Preisentwicklung untersucht. Für den nördlichen Kreis sind das Aspach, Backnang, Murrhardt, Sulzbach an der Murrund Weissach.
Weitere Infos Der vollständige Wohnmarktbericht ist unter folgendem Link abrufbar: www.kskwn.de/wohnmarktbericht