„Tolle Frau, geiler Typ, ab geht die Post“

„Let’s Dance“-Juror Joachim Llambi hat Paare gestern in verschiedenen Workshops das Tanzen gelehrt. Streng waren seine Blicke, hoch sein Unterhaltungswert und hilfreich seine Ratschläge: „Lassen Sie die Männer machen, die können das, die müssen nur dürfen.“

Joachim Llambi hat, assistiert von Angelika Bayerle-Auchter, den Workshopteilnehmern nicht nur Tanzschritte beigebracht, sondern auch seine Philosophie vermittelt. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Joachim Llambi hat, assistiert von Angelika Bayerle-Auchter, den Workshopteilnehmern nicht nur Tanzschritte beigebracht, sondern auch seine Philosophie vermittelt. Foto: J. Fiedler

Von Nicola Scharpf

Backnang. Rumba steht auf dem Programm: Langsame Musik klingt aus den Boxen, ruhig sind die Tanzschritte der Paare, die sie dazu machen. Langweilig wird es an diesem Sonntagmittag im Saal der Tanzschule Bayerle-Auchter aber nicht. Joachim Llambi ist zu Gast, Fernsehmoderator, seit 2006 Jurymitglied in der RTL-Sendung „Let’s Dance“, Ex-Profitänzer, Wertungsrichter im Tanzverband, gern gesehener Gast in Talk- und Galashows, Ex-Börsenmakler und Bankkaufmann – und an diesem Tag Workshopleiter in der traditionsreichen Backnanger Tanzschule. Aufgewachsen ist Llambi zwar sozusagen in einer Duisburger Tanzschule, in der seine Mutter als Sekretärin gearbeitet hat und über der sich die Wohnung seiner Familie befand, aber erst im Alter von etwa 15 Jahren fand er zum Tanzsport.

Paare unterschiedlichen Könnens lehrt der 57-Jährige bei Bayerle-Auchter in Disco Fox, Rumba, Tango und Jive. Spürbar in der Luft liegt Spannung, als die 25 Paare, die sich für den Rumba-Workshop angemeldet haben, darauf warten, sich gleich den strengen Blicken und direkten Urteilen des prominenten Lehrers zu stellen. Ehepaar Schmidt aus Beilstein outet sich als treue „Let’s Dance“-Gucker und hofft auf knallige Llambi-Kommentare wie „Du musst rangehen wie Fiffi ans Gehackte“, wenn das Paar heute nicht auf dem Fernsehbildschirm im heimischen Wohnzimmer tanzen lässt, sondern selbst über das Parkett des Saals tanzt. Ehepaar Ellsäßer aus Cleebronn, früher lange Jahre in Auenwald zu Hause, fürchtet die Strenge, die es voraussichtlich erwartet, nicht. „Dann kriegt man halt eine – zack, zack, zack“, sagt Peter Ellsäßer und macht ohrfeigende Handbewegungen. Seine Frau Claudia schätzt Llambi dafür, dass er auf Genauigkeit und Perfektion Wert legt. Viele der Paare kommen sonntags zum Tanztee in die Tanzschule, viele von ihnen seit Jahren. „Aber das ist eine andere Hausnummer, wenn da ein Herr Llambi...“, meint ein Mann mit vielsagendem Blick und unvollendetem Satz.

Inzwischen sind die Straßenschuhe gewechselt gegen Tanzschuhe – ganz klassisch – oder Turnschuhe – ganz bequem. Joachim Llambi trägt rote Sneaker zu Jeans, grauem Pullover und rosa Hemdkragen, als er die Marschrichtung vorgibt: „Jetzt volles Rohr. Knallhart. Rumba. Tolle Frau, geiler Typ, ab geht die Post. Ich bin sehr gespannt, was Sie draufhaben.“ Er tanzt die Schrittfolge gemeinsam mit Angelika Bayerle-Auchter vor, deren Gast Profitänzer Llambi vor 30 Jahren anlässlich des damaligen zehnjährigen Bestehens ihrer Tanzschule schon einmal war. Dann wendet er sich – zum Thema Körperspannung – an die Herren: Sie sollen sich nicht klein, sondern groß machen. Einen, der alle überragt an Körperlänge, fragt er: „Früher Basketball gespielt?“, was der große Herr verneint. „Dann Minigolf wahrscheinlich.“ Zum Thema Führung wendet sich Llambi an die Damen: „Lassen Sie die Männer machen, die können das, die müssen nur dürfen.“ Trocken, ohne Musik, Llambi zählt den Takt laut und zählt die Schrittfolge auf, wird geübt und geübt, Runde um Runde. Überall ist Hochkonzentration in die Gesichter geschrieben. Prüfend begutachtet der Lehrer die Paare, korrigiert hier die Körperhaltung, da die Schrittfolge.

„Zu schnell“, stöhnt ein Herr, als er das Gelernte nicht gleich umsetzen kann. Llambi in den Saal: „Wir machen es noch mal“, und nicht ohne Süffisanz weiter: „Es war zu schnell. Stellen Sie sich vor, wir hätten Samba gemacht. Oder Wiener Walzer.“ Wieder wendet er sich an die Damen: „Sie mögen ihn doch. Gehen Sie nicht so einen großen Bogen.“ Eine Dame fragt er: „Wie lange kennen Sie sich?“ Sie antwortet: „37 Jahre.“ Darauf Llambi: „Dann dürfen Sie alles. Schmeißen Sie sich ran. Nutzen Sie die Situation, das ist ein erotischer Tanz.“ Llambi schaltet die Musik an: „Noch mal. Zum Schmusen, Schmatzen, Anfassen.“

Mit vor Begeisterung funkelnden Augen zeigt die Dame nach dem Workshopende, als das Abschlussgruppenfoto mit Llambi und die Einzelfotos mit Llambi gemacht sind, Daumen hoch und gesteht: „Da werde ich wieder richtig zum Teenie.“ Ziel erreicht, dürfte da wohl die Bewertung des Workshopleiters lauten. Denn er wollte oder will den Paaren nicht nur einen Tanz beibringen, sondern auch seine Philosophie vermitteln: „Wichtig ist, Sie haben Spaß hierherzukommen. Wichtig ist, Sie haben Spaß am Tanz miteinander, Sie haben Spaß, den Tanz zu strukturieren, Sie haben Spannung und Lust.“ Schließlich tanze man miteinander und nicht gegeneinander. Streit zwischen den Partnern auf dem Parkett habe er in Tanzschulen schon oft erlebt. Es gehe nicht darum, jede Woche eine neue Figur zu lernen, sondern dass das, was man beherrscht, schön aussehen soll. „Was nützt es Ihnen, wenn Sie Ihre Frau mit dem dreifachen Rittberger wegschmeißen und sie nachher aber nie wiederkommt?“

Bei aller Konzentration und Ernsthaftigkeit, es ist viel Raum für Späße im Saal. Angesichts des hohen Unterhaltungswerts wundert es wenig, dass etliche Paare den Raum nach Workshopende nicht verlassen, sondern gleich zum nächsten Kurs bleiben, wenn die Backnanger Ausgabe von „Let’s Dance“ in die nächste Runde geht.

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Erstellt:
11. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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