Turbulentes Leben gemeinsam gemeistert

Am heutigen Mittwoch feiert das Ehepaar Erika Elisabeth und Lothar Karl Lontke das Fest der eisernen Hochzeit. Durch seinen Dienst als Berufssoldat ist das Paar oft umgezogen.

Erika Elisabeth und Lothar Karl Lontke haben in ihren 65 Ehejahren viel erlebt. Und bis heute gehen sie liebevoll und freundlich miteinander um. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Erika Elisabeth und Lothar Karl Lontke haben in ihren 65 Ehejahren viel erlebt. Und bis heute gehen sie liebevoll und freundlich miteinander um. Fotos: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Sei 65 Jahren geht das Ehepaar Lontke seinen Lebensweg gemeinsam. „Wir haben ein abwechslungsreiches Leben gehabt“, sagt die 88-jährige Erika Elisabeth Lontke rückblickend. Und das fing bei beiden bereits in frühester Kindheit an. Denn diese erlebten sie während der Zeit von Diktatur und Krieg. Während die kleine Erika Elisabeth mit ihrer Mutter aus dem von Bomben bedrohten Berlin nach Ostpreußen floh, der Vater musste als Luftschutzwart in der Heimatstadt weiterhin seinen Dienst versehen, erlebte Lothar Karl Lontke mit seiner Familie die Kriegszeit zunächst im heimischen Schlesien, bevor man sich vor der anrückenden russischen Armee auf den Weg nach Westen machten. In Altenburg und später in Stuttgart fanden er und die Seinigen eine neue Heimat. Noch turbulenter erging es seiner späteren Frau. Von Ostpreußen aus ging es für sie und ihre Familie gegen Kriegsende nach Thüringen. Später dann floh sie aus der DDR in den Westen und kam zunächst nach Stuttgart.

Zufällig saßen sie beim Tanzabend am gleichen Tisch

Nachdem Lothar Karl Lontke zunächst im Bergbau tätig war, wurde er schließlich 1956 Berufssoldat bei der Bundeswehr – und kam so in den Norden Deutschlands. Doch als Junggeselle verbrachte er seinen Urlaub weiterhin in Stuttgart bei den Eltern. Ein Glück, denn dort lernte er schließlich beim Tanzen seine Erika Elisabeth kennen.

1959 feierte das Paar doppelt Hochzeit – erst im Rathaus, dann in der Kirche.

© Alexander Becher

1959 feierte das Paar doppelt Hochzeit – erst im Rathaus, dann in der Kirche.

An diesem Tag hatte ihre Freundin sie nicht begleiten können. „Ich kam mir etwas verloren vor“, erinnert sie sich. Und plötzlich sah sie einen jungen Mann in der Eingangstür stehen. Sein Anblick hat sie sofort berührt, denn er machte auf sie ebenfalls einen etwas verlorenen Eindruck. Zufälligerweise setzte er sich an ihren Tisch, beide schwiegen zunächst noch eine Weile – doch schließlich tanzten sie zusammen und am Ende des Abends brachte er sie heim.

Die Hochzeitsreise führte
das frisch vermählte Paar nach Tirol

Dass er als Soldat etwa 600 Kilometer entfernt stationiert war, focht beide nicht an. Briefe gingen hin und her, einmal besuchte sie ihn auch. Und auch er kam bei jeder Gelegenheit nach Stuttgart. Schließlich hatte sein Gesuch um Versetzung Erfolg, er kam in der Folge nach Sigmaringen. Nach zwei Monaten dort wurde sein Bataillon nach Immendingen bei Tuttlingen verlegt. Hier war gerade eine neue Kaserne errichtet worden, dazu gab es auch Wohnungen für Soldaten und ihre Angehörigen. Die Gelegenheit war günstig und so gaben sich Erika Elisabeth und Lothar Karl Lontke am 5. Juni 1959 gleich zweimal das Jawort: am Vormittag im Stuttgarter Rathaus, am Nachmittag dann in der Stuttgarter Feuerseekirche. Gleich am nächsten Tag führte sie die Hochzeitsreise nach Tirol. „Das war ein Wetter wie jetzt“, erinnert sich die Jubilarin angesichts der regenreichen Monatsbeginns und schmunzelt. Die Bewerbung um eine Wohnung in Immendingen war erfolgreich und so verbrachte das junge Paar die ersten gemeinsamen Jahre dort. Tochter und Sohn wurden hier geboren.

Eigentlich war geplant,
für immer in Steinheim zu bleiben

Die nächste Station war dann wieder Sigmaringen, anschließend ging es für die Familie nach Ludwigsburg. Dort war Lothar Karl Lontke Wehrdienstberater beim Kreiswehrersatzamt.

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Die nächste Wohnung fand die Familie schließlich in Steinheim an der Murr. Gut 30 Jahre verbrachten sie hier. Die berufsbedingten Umzüge vorher hatten es schwierig gemacht, Wurzeln zu schlagen. Doch haben sie stets auch die Chancen in der neuen Umgebung gesehen. Bedingt durch die Umzüge hatte Erika Elisabeth Lontke zunächst nicht gearbeitet und sich vor allem auf die Kinder konzentriert. In der Steinheimer Zeit schließlich fand sie eine Anstellung im Breuningerland Ludwigsburg. „In Steinheim wollten wir eigentlich für immer bleiben“, erinnert sich Erika Lontke. Doch leider stellte sich heraus, dass die Eigentumswohnung nur bedingt altersgerecht war. Der Sohn hatte sich durch seine Hochzeit nach Backnang orientiert und die Schwiegertochter machte das Ehepaar auf die Wohnungen im ehemaligen Krankenhausareal aufmerksam. Und so erfolgte vor fünf Jahren der Umzug in den Rems-Murr-Kreis.

Im Ruhestand ist das Paar gereist, noch heute gehen sie zur Gymnastik

In Backnang gefällt es den beiden sehr gut. Die Kinder wohnen nicht weit weg. „Wir haben viel Hilfe. Und wir haben ein gutes Auskommen im Haus“, berichtet die Seniorin. „Alles ist so bequem – das Gesundheitszentrum, die Bank, der Bäcker, die Apotheke sind gut erreichbar, auch mit dem Rollator.“ Sie besuchen auch beide eine Gymnastikgruppe.

Früher sind sie viel gewandert, waren Radfahren, haben Langlauf gemacht und sie ist sehr gern geschwommen. Mit 53 Jahren ging Lothar Karl Lontke in Pension, ein wundervolle Gelegenheit, die Welt zu sehen. Bis nach China und Indien sind sie gekommen.

Viel haben sie zusammen unternommen, auch wenn es zwischendurch Zeiten gab, in denen sie getrennt waren, da zwischen seiner Stationierung und ihrem Umzug durchaus auch mal der eine oder andere Monat ins Land gehen konnte. Geschadet hat das aber nicht. „Man muss sich auch Freiheiten lassen und darf sich nicht einengen“, finden sie. Dabei gehören Liebe und gegenseitiger Respekt ebenfalls zu einer langjährigen Beziehung dazu. Immer noch gehen sie liebevoll und freundlich miteinander um und auch der Humor darf nicht fehlen. Für das lange gemeinsame Leben sind sie dankbar und auch dafür, dass sie einiges an ihre Kinder weitergeben konnten, etwa die Liebe zur Natur.

Als sie damals vor rund 80 Jahren ihre Heimat verlassen mussten, konnten sie beide nur einen Koffer mitnehmen. Eine Gemeinsamkeit. „Vielleicht“, so sinniert Erika Elisabeth Lontke, „hat es deshalb auch so gut funktioniert.“

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Erstellt:
5. Juni 2024, 14:00 Uhr

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