Und stündlich erklingt die Spieluhr

Sammellust (8) Seit 1979 sammelt Gisela Falk Spieluhren in allen Farben und Formen. Etwa 300 Stück hat sie bislang. An ihren Melodien erfreut sich die Backnangerin, macht aber auch klar: Das Haus soll damit nicht überfrachtet werden.

Die Spieluhr aus dem Jahr 1885 ist Gisela Falks teuerstes Sammlerstück. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Spieluhr aus dem Jahr 1885 ist Gisela Falks teuerstes Sammlerstück. Fotos: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Bewusst Ausschau nach Spieluhren halte sie gar nicht mehr, sagt Gisela Falk, „aber die suchen mich“, fügt sie lachend an. Und so kommt es, dass ihre Sammlung auch jetzt noch anwächst. Wie viele Exemplare es genau sind, kann sie nicht sagen. Etwa 300, schätzt sie. Und die Bandbreite ist groß: Von streichholzschachtelgroßen Boxen mit Pappverkleidung bis zu verzierten Geräten, die eher an einen Schallplattenspieler erinnern, ist alles dabei. Fünf D-Mark hat das günstigste Stück gekostet, die teuerste Spieluhr hat die Backnangerin für 630 Euro erstanden. Sie stammt aus dem Jahr 1885 und spielt sechs französische Lieder. „Da konnte ich nicht dran vorbei“, sagt Gisela Falk.

Ihr Mann Erhard habe „nur selten gebrummelt“, wenn sie wieder eine Spieluhr gekauft hat, erzählt sie. Er wundere sich nur manchmal, dass sie immer neue findet. Ab und zu müsse er auch Geräte reparieren, wenn etwas mit ihnen nicht stimmt. Eigentlich hätten er und die fünf gemeinsamen Kinder es aber gut, sagt Gisela Falk: „Die müssen sich keine großen Gedanken darüber machen, was sie mir zum Geburtstag oder zum Muttertag schenken.“ Erst jüngst habe ihre Tochter Sonja ihr eine Spieluhr geschenkt, die man aus Bausteinen selbst zusammenbastelt. Ihr Schwager überraschte Gisela Falk einst mit einer Spieluhrengirlande. Wenn die Musikmännchen anfangen zu spielen, wackelt der ganze Weihnachtsbaum, in dem sie hängen, berichtet sie.

Im Internet wird nicht bestellt

Angefangen hat alles mit einer einfachen Spieluhr zum Selbstdrehen, die sich Gisela Falk im ersten Jahr ihrer Ehe 1979 gekauft hat. Weil sie die Spieluhren schön fand und sich an ihrer Musik erfreut, habe sich daraus nach und nach eine Sammlung entwickelt. In Urlauben und bei Ausflügen hielt sie Ausschau nach besonderen Exemplaren. Aus Rothenburg ob der Tauber, Freiburg im Breisgau oder vom Lago Maggiore hat sie jeweils melodische Mitbringsel. „Ich habe es leider versäumt, alles aufzuschreiben“, bedauert die 66-Jährige, dennoch kann sie auch heute noch zu einigen Stücken die Herkunft benennen. Die erste richtig teure Spieluhr zum Beispiel stammt aus dem Erzgebirge. 400 D-Mark hat diese gekostet, „die habe ich von meinem Weinlesegeld bezahlt“. Ihr Mann Erhard war damals Pfarrer in Unterheimbach bei Öhringen. Die Winzer suchten Helfer und Gisela Falk packte mit an, wenn die Kinder im Kindergarten oder in der Schule waren.

Für ihre vielen kleineren Spieluhren hat Gisela Falk eine Art Kofferschrank gekauft.

© Alexander Becher

Für ihre vielen kleineren Spieluhren hat Gisela Falk eine Art Kofferschrank gekauft.

Ihre Sammelleidenschaft hat aber auch Grenzen, wie die Backnangerin erklärt. Beispielsweise möchte sie keine Spieluhren aus dem Internet bestellen. So gehe das Besondere verloren. Teil der schönen Erfahrung seien schließlich die Erinnerungen, die damit zusammenhängen. Auch möchte Gisela Falk das Haus nicht mit ihrer Sammlung überfrachten. Die weihnachtlichen Spieluhren bewahrt sie beispielsweise in Boxen auf. Manche Exemplare befinden sich im thematisch passenden Raum: Eine Spieluhr im Kaffeemühlendesign steht beispielsweise in der Küche, die beiden mit den Kaffeetassen sind in der Vitrine im Esszimmer zu Hause.

Die Sammlerstücke sind allerdings nicht nur zum Anschauen gedacht, sie dürfen und sollen sogar erklingen. Im Hobbyzimmer steht beispielsweise eine Spieluhr, die Gisela Falk auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt erstanden hat und die immer zur vollen Stunde spielt. Und auch ihre Enkelin Elina darf mit ausgewählten Exemplaren spielen. Hierfür gibt ihr die Oma kindergerechte, leicht bedienbare Spieluhren, beispielsweise mit netten Tiermotiven. Ihr Lieblingsstück sei eine Quetschkommode, die bayrische Volksmusik spielt.

Die Quetschkommode mit Volksmusik ist das Lieblingsstück der Enkelin.

© Alexander Becher

Die Quetschkommode mit Volksmusik ist das Lieblingsstück der Enkelin.

„Eigentlich hört man sie viel zu wenig“, sagt Gisela Falk über ihre Spieluhren. Das soll sich aber ändern. Nachdem der Umzug nach Steinbach bewältigt ist, soll es dafür wieder mehr Gelegenheit geben. Anfangs habe sie versucht, immer neue Melodien zusammenzutragen, erklärt die 66-Jährige. „Aber bei 300 Stück wiederholen sie sich zwangsläufig irgendwann.“ Die kleinen Spieluhren haben relativ kurze Walzen und spielen daher keine besonders langen Musikstücke ab. „Das geht einem dann schnell auf die Nerven“, so Falk. Glücklicherweise hat sie aber diverse Spieluhren mit langen Walzen, die ganze Strophen eines Liedes spielen. Und nicht nur das: Manche Exemplare haben verschiedene Platten, die man auflegen kann. Vom Lago Maggiore hat Gisela Falk eine Spieluhr im Holzkasten mitgebracht, die man durch eine Handkurbel betreibt. Durch verschieden gelochte Papierbänder können damit beliebige Lieder gespielt werden. Sogar ungelochte Bänder für eigens ausgesuchte Melodien oder gar Eigenkompositionen gibt es. „Der Klang in Holzkästchen ist auch gleich noch mal etwas anderes als etwa bei Plastik oder Blech“, erklärt Falk begeistert. Etwas überraschend kommt da allerdings ihr Geständnis: „Ich selbst hab kein Ohr für Musik, ich kann auch net singen.“ Einen musikalischen Traum hat Gisela Falk noch: eine richtig große Drehorgel. „Das wärs“, sagt sie. Damit könne sie für den guten Zweck auf den Gassen oder bei Festen spielen.

Serie Unter dem Titel Sammellust stellen wir in dieser Serie Menschen aus der Region vor, die außergewöhnliche Sammlungen haben. Kennen Sie jemanden, der dafür infrage kommt, oder sind Sie selbst leidenschaftlicher Sammler? Dann melden Sie sich per E-Mail unter redaktion@bkz.de.

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Erstellt:
11. Juni 2022, 11:30 Uhr

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