Unterwegs mit einem Wasserstoffauto

Die gewerbliche Schule in Backnang nutzt seit Mai ein Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb. Diese Technologie ist noch nicht weit verbreitet, befindet sich aber auf dem Vormarsch. Werkstattleiter Heribert Gantner zeigt auf, warum sie zukunftsfähig ist.

Von Passanten wird Heribert Gantner öfters auf das gut erkennbare Wasserstoffauto angesprochen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Von Passanten wird Heribert Gantner öfters auf das gut erkennbare Wasserstoffauto angesprochen. Foto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Man könnte meinen, es sei ein handelsübliches Elektrofahrzeug, mit welchem Heribert Gantner an diesem Tag unterwegs ist. Beinahe lautlos, nur durch ein Summen angekündigt, fährt der Hyundai um die Ecke. Wer es nicht schon durch den Aufdruck an den Seiten des Autos erkennt, der sieht aber spätestens beim Blick unter die Motorhaube: Dieses Fahrzeug wird mit Wasserstoff (H2) betrieben. Das Herzstück, wie Heribert Gantner es nennt, ist die Brennstoffzelle. Darin wird der Strom für den Antrieb des Fahrzeugs erzeugt.

Seit Mai 2023 ist das Wasserstoffauto an der gewerblichen Schule in Backnang im Einsatz. Es wurde gebraucht gekauft, berichtet Gantner, war zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre alt. Normalerweise würde dieses Modell knapp 75000 Euro kosten, so zahlte man etwa 45000 Euro. Etwa zwei- bis dreimal in der Woche wird es genutzt, etwa wenn Lehrkräfte zu einem Unterrichtsbesuch an eine andere Schule fahren müssen.

Das Panel im Auto zeigt alle wichtigen Daten rund um die Brennstoffzelle.Fotos: privat

Das Panel im Auto zeigt alle wichtigen Daten rund um die Brennstoffzelle.Fotos: privat

Heribert Gantner ist überzeugt vom H2-Fahrzeug. „Es ist richtig cool“, sagt der Werkstattleiter. Er sieht die Wasserstoffbrennzelle als eine Antriebsart der Zukunft, weiß aber auch: „Das Loslassen vom Verbrenner fällt den Leuten schwer.“ Und gerade beim Wasserstoff sind noch einige skeptisch – meistens, weil sie sich darunter nichts konkret vorstellen können. Schließlich gibt es die Fahrzeuge auch nicht reihenweise auf den Straßen zu sehen.

Dabei, sagt Heribert Gantner, unterscheiden sie sich beim Fahren eigentlich nicht von E-Autos. „Gewöhnungsbedürftig ist im Inneren nur das Panel in der Mitte, das trifft nicht den europäischen Geschmack.“ Das sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass Hyundai und Toyota eben die Vorreiter sind, welche Brennstoffzellenfahrzeuge serienmäßig auf den Markt gebracht haben. Auch BMW und Opel hätten bereits H2-Fahrzeuge entwickelt, die gebe es aber nur in kleiner Stückzahl.

Tankvorgang ist gewöhnungsbedürftig

Also ist in der Handhabung des Wasserstoffautos alles wie gewohnt? Nicht ganz. „Der Tankvorgang ist besonders“, sagt Heribert Gantner. Schon allein, weil es kaum Tankstellen gibt, an denen es Wasserstoffsäulen gibt, in ganz Deutschland sind es aktuell etwa 100. Damit ist man in Europa weit vorne. In der App des größten Betreibers H2 Mobility sind 88 verzeichnet, 41 werden als „in der Realisierung“ gelistet, darunter eine Tankstelle in Schwäbisch Gmünd. In der Umgebung gibt es neben der Tankstelle in Fellbach auch je eine am Flughafen und in Wendlingen. Um Extrafahrten zu vermeiden, tanken die Lehrkräfte vor allem dann, wenn sie sowieso Termine in der Nähe haben, so Gantner.

Lesen Sie hier: An der Gewerblichen Schule entstehen eine Wasserstoffwerkstatt und ein Showroom.

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Inzwischen wissen alle, wie das geht, doch der Werkstattleiter erinnert sich noch an seinen ersten Versuch in Fellbach. „Da war ich gut gefordert“, sagt er lachend. „Ein anderer Mann kam dazu. Er wollte helfen, hatte aber genauso wenig Ahnung, wie es funktioniert.“ Das Personal der Tankstelle habe mit der H2-Säule nichts zu tun, konnte ihm aber immerhin sagen, dass er zum Tanken eine Karte des Betreibers H2 Mobility benötige. Heribert Gantner musste also unverrichteter Dinge von dannen ziehen.

Zum Tanken geht es nach Fellbach.

Zum Tanken geht es nach Fellbach.

Die Karte war aber schnell besorgt und beim zweiten Versuch klappte es. „Der Anlagenbetreiber verlangt, dass man sich vorher ein Video zum Tankvorgang ansieht, man tut gut daran“, rät er. Zuerst wird der Zapfhahn, der eher einem Stecker ähnelt, in die Tankvorrichtung des Autos gesteckt. Besagte Karte wird dann an einem Terminal eingeführt und der Nutzer muss einen PIN-Code eingeben. Dann drückt Heribert Gantner auf Start – und nichts tut sich. Funktioniert es nicht? Doch. Da er Erfahrung hat, bleibt Gantner entspannt. „Das Schlimmste ist das Warten, bis der Tankprozess losgeht.“ Am Anfang mache man sich an dieser Stelle Sorgen, etwas falsch gemacht zu haben. Tatsächlich brauche es aber einfach seine Zeit, bis die H2-Säule und das Auto eine Verbindung hergestellt haben. Dann ertönt ein Zischen und es geht los. Mit 700 Bar Druck wird der Wasserstoff in Gasform in das Auto gepumpt.

Noch ist viel Aufklärungsarbeit nötig

Mit dem Fassungsvermögen von sechs Kilogramm Wasserstoff hat das Auto eine Reichweite von etwa 600 Kilometern – an diesem Tag wird etwas weniger angezeigt, das hänge mit den kalten Temperaturen zusammen. 15,29 Euro werden pro Kilogramm H2 berechnet. Vor einigen Wochen sei der Preis noch deutlich niedriger gewesen, so Heribert Gantner. „Jetzt ist er höher, weil nun grüner Wasserstoff verkauft wird.“ Er ist sich sicher: Hat sich die Technologie erst etabliert, könne der Preis deutlich sinken, womöglich auf weniger als die Hälfte.

Was Heribert Gantner an der Wasserstoffbrennzelle vor allem schätzt, ist, „dass es eine wirklich emissionsfreie Fortbewegung ist“. Der Motor bläst keine Stickoxide oder Schadstoffe in die Luft, sondern erzeugt nur Wärme und Wasserdampf. Und wird der Wasserstoff mit regenerativen Energien erzeugt, so mache die Sache erst richtig Sinn. Heutzutage werde dafür leider noch oft Erdgas verwendet, dann sei die Ökobilanz natürlich nicht ganz so gut.

Da der Wagen der gewerblichen Schule von außen gut sichtbar als H2-Fahrzeug gekennzeichnet ist, weckt er oftmals das Interesse der Umstehenden. „Die Reaktionen sind durchweg positiv“, sagt Heribert Gantner. Er erkläre die Technik gerne, denn nur so könnten Vorbehalte abgebaut werden. Er weiß: „Da müssen wir noch Aufklärungsarbeit betreiben.“ Die größten Hemmnisse seien aktuell noch der hohe Anschaffungspreis sowie die mangelnde Infrastruktur. „Aber dass es funktionieren kann, sehen wir ja“, sagt er aus der Erfahrung der eigenen Nutzung heraus.

Für Heribert Gantner ist ein Wandel im Verkehrssektor unumgänglich, auch wenn der klassische Verbrenner sich sicherlich noch eine ganze Weile halten werde. Die Wasserstofftechnologie biete viele Chancen, auch im Schwerlastverkehr. „Es wird ein Bruch, ähnlich wie damals vom Pferd zum Auto.“ Entscheidend sei dann, wo man in Deutschland steht. „Bei der E-Mobilität sind wir anderen Ländern hinterhergelaufen. Das sollte sich nicht wiederholen“, findet er.

Die Brennstoffzelle

Eine Brennstoffzelle kann man sich, einfach gesagt, wie eine Art Batterie vorstellen. Zwei Elektroden ermöglichen eine chemische Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff. Es entstehen Wasser und Wärme. Die chemische Energie wird direkt in elektrische Energie umgewandelt, die das Auto antreibt.

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Erstellt:
12. Januar 2024, 06:00 Uhr

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