Unwetter richtet im Raum Backnang und Burgstetten riesige Schäden an
Feuerwehren sind im Raum Backnang/Burgstetten im Großeinsatz. Starkregen überflutet Keller und Straßen.Ein Erdrutsch bremst Bahn aus.
Von Matthias Nothstein
Rems-Murr. Ein heftiges Unwetter mit Gewittern und Hagel hat gestern gegen 15.30 Uhr im Raum Backnang, Burgstetten, Kirchberg an der Murr, Aspach und Berglen gewütet und schwere Schäden angerichtet. In Burgstetten haben die Fluten des Söllbachs das Erbstetter Freibad überschwemmt. Feuerwehrkommandant Jürgen Lang berichtet, etwa 20 Kinder seien vom strömenden Wasser eingeschlossen gewesen. Die Badegäste hatten sich laut Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz in die Umkleidekabinen geflüchtet. Die Einsatzkräfte brachten die Kinder in die Gemeindehalle, wo sie vom Deutschen Roten Kreuz versorgt wurden.
Insgesamt hatten alleine die Wehrleute von Burgstetten 65 Einsatzstellen, darunter auch eine Tiefgarage an der Friedhofstraße, in der üblicherweise 20 Fahrzeuge Platz finden. Dort stand das Wasser eineinhalb Meter hoch. Während die meisten Einsätze bis zum Einbruch der Nacht beendet werden konnten, waren die Feuerwehrleute in diesem Bereich noch bei Redaktionsschluss bei der Arbeit. Zudem bereitete ein Öltank den Helfern Kopfschmerzen. Dieser war in einem überschwemmten Keller umgekippt, jedoch nicht ausgelaufen. Trotzdem ist geplant, das Öl abzupumpen, allerdings stellte es sich als schwierig heraus, eine geeignete Firma zu finden, die derzeit noch Luft hat.
Die Situation in Erbstetten war zum Teil dramatisch
Für Burgstettens Bürgermeisterin Wiedersatz ist das Unwetter besonders schlimm, weil sie nur aus der Ferne helfen kann, sie weilt derzeit auf Mallorca. Über Telefon ließ sie sich die Zustände detailliert schildern und kommt zum Fazit: „Es ist dramatisch.“ Die örtliche Feuerwehr wurde unterstützt von den Wehren aus Leutenbach, Schwaikheim und Kirchberg, wofür Wiedersatz ganz besonders dankte.
Auf der Bahnstrecke Backnang/Marbach ist es auf Höhe Kirchberg zu einem Erdrutsch gekommen. Entdeckt wurde dieser laut Polizeipräsidium Aalen glücklicherweise von der Besatzung eines Polizeihubschraubers, die aufgrund einer Vermisstenmeldung im Einsatz war. Die Bahnstrecke wurde gesperrt, ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.
In Backnang wurden vor allem im Bereich der südlichen Stadtteile und Schöntal mehrere Straßen überflutet und zahlreiche Kanaldeckel vom ausströmenden Wasser ausgehoben. Überschwemmt war zum Beispiel auch die B14 auf Höhe Waldrems. Die Bundesstraße war laut Polizeiangaben von 15.30 bis 20 Uhr gesperrt, der Verkehr wurde von der Polizei geregelt und zum Teil an der Anschlussstelle Nellmersbach ausgeleitet. Polizei und Feuerwehr waren an diversen Einsatzstellen gefordert. „Sie werden nach Priorität abgearbeitet“, teilte Jan Kusche, Pressesprecher der Backnanger Feuerwehr, gestern Abend mit.
Im Zugverkehr kommt es zu einzelnen Ausfällen und Verspätungen
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Es gehe um vollgelaufene Keller und Ähnliches – größere Einsätze habe es nicht gegeben. In einem Alten- und Pflegeheim wurde zum Beispiel die Brandmeldeanlage ausgelöst. Um 15.20 Uhr wurde die Feuerwehr der Stadt Backnang zufolge erstmals mit dem Stichwort Wassereinbruch alarmiert. In Schöntal wurden einzelne Häuser evakuiert und deren Bewohner in Sicherheit gebracht. Eine akute Gefahr für die Menschen bestand jedoch nicht. Am Abend gab es noch einen besonderen Einsatz. Zur Prävention mussten Sandsäcke nach Berglen gefahren werden. Aufgrund des Unwetters kam es im Zugverkehr am frühen Abend zu Ausfällen und Verspätungen. Betroffen waren sowohl die Linien S3 und S4 als auch die Regionalzüge auf der Murrbahn.
Im Raum Winnenden schwoll der Buchenbach innerhalb kürzester Zeit zu einem reißenden Strom an. So bestand etwa die Gefahr, dass im Bereich Ruitzenmühle eine Brücke weggespült werden könnte. Dies hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. In der Winnender Innenstadt liefen jedoch mehrere Keller voll. Der Buchenbach in Leutenbach stand zuletzt bei einem Pegel von 161 Zentimetern – nach einem Höchststand von 208 Zentimetern am frühen Abend. Bis zum Mittwochnachmittag waren es nur 37 Zentimeter, dann vervielfachte sich der Wert innerhalb kürzester Zeit.
Besonders tragisch ist, dass auch einige Gemeinden, die vor drei Wochen besonders schwer vom Starkregen betroffen waren, erneut mit den Regenmassen zu kämpfen hatten. So ist es laut Beobachtern zu weiteren Schäden in Berglen, Schorndorf und Miedelsbach gekommen. Viele Straßen wurden überschwemmt und mit Schlamm überzogen, es gab auch etliche Hangrutschungen, wenngleich ersten Informationen zufolge eher kleinerer Art.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte für gestern Nachmittag im Rems-Murr-Kreis die höchste Warnstufe ausgerufen (4 von 4) und vor Unwetter mit extremem Gewitter gewarnt. Und die Prognose ist nicht viel besser: Es drohen weitere starke Regenfälle in den kommenden Tagen.