Versöhnlicher Frühschoppen zum Ausklang
Mit einem politischen Frühschoppen ging das Partnerstädtefestival „Mitten in Europa“ gestern zu Ende. Der Gedanke des Zusammenhalts zog sich als roter Faden durch den passionierten Plausch auf dem Podium, den Christian Muggenthaler moderierte.
Von Katharina Riener
Backnang. Versöhnlich war die Stimmung am gestrigen Sonntag beim politischen Frühschoppen, mit dem das dreitägige Partnerstädtefestival „Mitten in Europa“ im Bandhaus-Theater in Backnang zu Ende ging. Bei dem Podiumsgespräch, das kaum als eine Diskussion durchging, kamen nicht nur die Gäste zu Wort. Auch aus dem Publikum kamen wichtige Anregungen zum Thema. Der Gedanke des Zusammenhalts zog sich als roter Faden durch die Veranstaltung. Der Autor und freie Journalist Christian Muggenthaler moderierte den als Diskussion gedachten passionierten Plausch seiner Gäste über die Bedeutung eines geeinten Europas gestern, heute und morgen.
Im Publikum blieb kaum ein Platz frei. Die meisten Gäste waren schon bei früheren Veranstaltungen dabei. Das ABC der Backnanger Partnerstädte Annonay in Frankreich, Bácsalmás in Ungarn, Chelmsford in England kennen sie spätestens seit diesem Wochenende genau und berichten begeistert von all den kulturellen Darbietungen, die sie gesehen hatten. Nicht wenige äußerten den Wunsch nach einer Wiederholung des Festivals oder – noch besser – nach einer Verstetigung.
Auf das Podium geladen waren Ingeborg Gräßle, CDU-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis und ehemalige Europaabgeordnete für Baden-Württemberg, Robert Antretter (SPD), früher ebenfalls im Bundestag und sogar im Europarat, der Europahistoriker Carsten Kretschmann von der Universität Stuttgart, der Autor Franz Huber, der das Stück „Schweres Gepäck“ geschrieben hat, das beim Festival zu sehen war, sowie die frischgebackene Abiturientin Marlene Heitkämper für die Perspektive der jungen Generation. Die Runde war sich in vielen Punkten einig. Für Gräßle bedeutet Europa und damit verbunden die Europäische Union eine „Chance auf Frieden, Freiheit und Wohlstand“. Kretschmann sprach von „einer wunderbaren Fügung für den Frieden“ und Huber von „einem Friedensprojekt“. Europa ist ein Projekt, das nie fertig wird und immer Arbeit und Verantwortung erfordert – und zwar laut Antretter „nicht nur von den Politikern, sondern auch von jedem Bürger“. Ein Problem sei, das merkte Heitkämper an, dass die europäische Gemeinschaft als selbstverständlich und deswegen kaum oder nur sehr abstrakt wahrgenommen werde. Was dagegen hilft? Kultureller Austausch, ist sich die Runde einig. Dafür sei das Partnerstädtefestival der beste Beweis. Denn während der gesamten Dauer sei „der europäische Gedanke fast haptisch greifbar geworden“, äußerte sich ein Zuhörer.
Eine neue Perspektive brachte Huber ins Spiel: Er beklagte, dass die bisherige Sicht und damit auch das Verständnis von Europa immer noch sehr westeuropäisch geprägt sei. Auch die Kultur- und Theaterproduzenten würden immer noch nicht den Blick hinter den ehemaligen eisernen Vorhang werfen, obwohl dieser längst gefallen sei. Aus dem Publikum regte Stadträtin Sabine Kutteroff daraufhin an, Schüleraustausche auch mit Ungarn oder Polen zu organisieren: „Junge Menschen müssen Europa erleben, um es kennenzulernen und sich damit zu identifizieren. Nicht nur Gymnasiasten und nicht nur Schüler aus gut situierten Elternhäusern.“ Darauf meldete sich Zuhörer Patrick Romey unterstützend zum Schlusswort. Der Amerikaner kam über einen Schüleraustausch aus Idaho zum ersten Mal nach Deutschland. Heute lebt er in Minnesota und wollte sich beim Besuch von Bekannten in der Nähe das Festival „Mitten in Europa“ nicht entgehen lassen. Der europäische Gedanke fasziniere ihn. „Es ist das in seiner einheitlichen Vielfalt einzigartige Europa, das mich heute anzieht, obwohl meine Vorfahren ja von diesem Kontinent geflohen sind.“
Jasmin Meindl, zusammen mit Juliane Putzmann Leiterin des Bandhaus-Theaters und Ideengeberin des Festivals, ist nach eigenem Bekunden selten stolz: „Aber auf die Arbeit, die alle Beteiligten in dieses Festival gesteckt haben, und auf das Ergebnis bin ich sogar sehr stolz.“ Dankbar sei sie allen, die sich engagiert und zum Beispiel Künstler bei sich privat untergebracht hätten. Das Festival habe wieder einmal gezeigt: „Theater ist ein Mannschaftssport.“