Vertrauen schaffen ist die Basis
Die Außenstelle des Pflegestützpunktes Rems-Murr-Kreis in Backnang gibt Orientierung in schweren Zeiten. Am 1. Dezember 2019 wurde sie mit 1,5 Stellen eingeweiht, mittlerweile konnte personell aufgestockt werden.

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Petra Gentner, Margit Mahler und Andreas Helber (von links) stehen im Pflegestützpunkt Backnang in der Erbstetter Straße 58 für Fragen zur Verfügung. Foto: A. Becher
Von Simone Schneider-Seebeck
Backnang. Pflegebedürftigkeit. Ein Wort, das nicht unbedingt positive Assoziationen weckt. Manchmal kommt sie plötzlich, manchmal kündigt sie sich schleichend an. Die Bewältigung des Alltags wird beschwerlicher. Dabei ist es für einen allein oft so gut wie unmöglich, sich im Dschungel der Hilfsangebote zurechtzufinden. Und vor allem – was kann man sich davon überhaupt leisten? Der Pflegestützpunkt gibt Hilfestellung. Im Rems-Murr-Kreis vor zehn Jahren eingerichtet, konnte am 6. Dezember 2019 die Außenstelle in Backnang eröffnet werden. Petra Gentner ist von Anfang an dabei. Der gelernten Krankenschwester liegt besonders das eigenständige Leben im häuslichen Umfeld am Herzen. Seit dem 1. Oktober vergangenen Jahres gehören auch Sozialpädagoge Andreas Helber und Altenpflegerin Margit Mahler zum Team – pandemiebedingt war die Aufstockung erst drei Monate später als ursprünglich geplant möglich gewesen.
Der berufliche Hintergrund der Pflegestützpunktmitarbeiter im Rems-Murr-Kreis ist vielfältig. So werden die Bereiche Kinderkrankenpflege, Sozialpädagogik, Altenpflege abgedeckt, Erfahrungen in der Pflegedienstleitung sind ebenso vorhanden wie beim Pflegemanagement oder bei der Beratung und Begleitung von Angehörigen. Gemein ist jedoch allen die Weiterbildung Pflegeberatung. Die Vielfältigkeit trägt dazu bei, für jede Anfrage eine individuelle Beratung zu ermöglichen, man ergänze sich darin optimal. Und das ist wichtig, denn: „Das Spektrum der Anfragen ist breit gefächert“, so Margit Mahler.
Pflegebedürftigkeit beschränkt sich dabei nicht auf ältere Menschen. Jedes Alter ist vertreten, auch für jüngere Erwachsene und Kinder kann beispielsweise aufgrund von Behinderung oder eines Unfalls ein abgestimmtes Pflegeangebot notwendig sein. Generell steht die Beratung durch den Pflegestützpunkt allen Bewohnern im Rems-Murr-Kreis zur Verfügung. Jedoch konzentriert sich die Beratung auf gesetzlich Versicherte, da für privat Versicherte andere Regelungen gelten, die häufig explizit im Vertrag mit der Versicherung festgelegt sind. Doch auch diese können sich zumindest informieren, wer für sie zuständig ist, beispielsweise die private Pflegeberatung Compass. „Wir weisen niemanden ab“, sagt Andreas Helber bestimmt.
Wie hat sich die Pandemie ausgewirkt? Im März 2020 musste der Pflegestützpunkt Backnang nach nur drei Monaten vorläufig geschlossen werden und war nur noch telefonisch erreichbar. „Das war richtig schwierig für uns alle“, erinnert sich Petra Gentner. Ab Juli habe sich die Situation dann stabilisiert, die Zahl der Anfragen sei wieder angestiegen. Etwas später als ursprünglich geplant wurde zum 1. Oktober 2020 schließlich auf 2,5 Stellen in der Außenstelle aufgestockt. „Die Anfragen haben sich seither auf hohem Niveau stabilisiert“, erklärt Andreas Helber. Zudem habe das Landratsamt recht schnell auf die Anforderung des Homeoffice reagiert, durch die gute Infrastruktur sei nun eine sehr hohe Flexibilität gegeben.
Für gewöhnlich erfolgt der erste Kontakt mit dem Pflegestützpunkt telefonisch. Nicht jeder Fall werde intern besprochen, manches lässt sich auch schnell am Telefon abklären. Beispielsweise wenn es um eine Liste mit Pflegeeinrichtungen geht. Wichtig sei, zuzuhören und dadurch herauszubekommen, was der Antragsteller benötige, erklärt Margit Mahler. Dabei ist es interessant, dass sich vor allem Angehörige melden, um sich zu erkundigen, was im individuellen Fall an Pflegemöglichkeiten gehe. Manchmal seien es auch Ärzte oder Mitarbeiter von Pflegediensten. Bei der großen Mehrheit geht es um akute Fälle, es muss möglichst schnell eine Lösung gefunden werden, doch es melden sich durchaus auch Personen, die sich einfach vorab einmal informieren möchten, was im Fall der Fälle notwendig werden könnte. „Dabei wird alles vertraulich behandelt“, betont Petra Gentner und verweist auf die Schweigepflicht. Vertrauen sei bei solch einem persönlichen Thema wichtig und auch: „Man muss ein gemeinsames Ziel finden.“ Schließlich gehe es darum, eine für den Antragsteller passende Lösung zu finden.
Die Beratungsdauer ist unterschiedlich. Manches lässt sich durch ein Telefonat abklären, manches ist komplexer. Wichtig ist, dass von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Beratungstermin nicht viel Zeit vergeht, für gewöhnlich gelingt das innerhalb weniger Tage. Die Bedarfsanalyse kann dann schon etwas länger dauern. „Oft brauchen die Menschen Zeit, um sich daran zu gewöhnen, Hilfe anzunehmen“, hat Margit Mahler festgestellt. „Das ist ein innerlicher Prozess.“
Die Standorterweiterung, neben Waiblingen und Backnang wurde auch in Schorndorf eine Außenstelle eingerichtet, habe sich als sehr vorteilhaft erwiesen. Man sei dadurch wesentlich bürgernäher geworden. Zudem bieten die Berater nach Absprache Hausbesuche an. Auch während der Lockdowns habe man das Beratungsangebot unter Berücksichtigung von Hygienemaßnahmen beibehalten können. Zudem sei auch der Kontakt zu Ärzten und Pflegediensten sehr gut, das bestehende Netzwerk zwischen den verschiedenen Einrichtungen, Diensten und dem Pflegestützpunkt arbeite eng zusammen. Gegenwärtig wird das Thema Demenz mit in das Beratungsspektrum aufgenommen.

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Wenn das Thema Pflege ansteht, ist es für Betroffene und Angehörige wichtig, sich ausführlich beraten lassen zu können. Foto: A. Palmizi
Im März 2008 wird das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz beschlossen. Damit sollte unter anderem die ambulante Versorgung im Pflegefall verbessert werden. Die Einrichtung von Pflegestützpunkten dient dazu, um Hilfesuchenden wohnortnah Rat und Hilfe im Bereich stationäre und ambulante Pflegeangebote anzubieten – neutral und kostenfrei. 2011 wird der Pflegestützpunkt Rems-Murr in Waiblingen mit 1,5 Vollzeitstellen eingerichtet, seit 1. Januar 2019 gibt es 2 Vollzeitstellen. Die Träger sind zu je einem Drittel Landkreis, Pflegekassen sowie gesetzliche Krankenkassen. Die große Nachfrage führte zu erfolgreichen Nachverhandlungen, dadurch stehen dem Rems-Murr-Kreis nun acht Vollzeitstellen zu. 2019/20 Einrichtung weiterer Außenstellen in Schorndorf (Mittelbereich Schorndorf/Welzheim) und Backnang (Mittelbereich Backnang/Murrhardt).
Pflegestützpunkt Backnang: Landratsamt Backnang, Erbstetter Straße 58, 71522 Backnang, Beratungsbüros befinden sich im Erdgeschoss, Zimmer 006/007 Der Pflegestützpunkt ist auch erreichbar über E-Mail an pflegestuetzpunkt @rems-murr-kreis.de. Sprechzeiten sind Montag bis Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr, Donnerstag 13.30 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung: Petra Gentner hat die Nummer 07191/895-4157. Andreas Helber: 07191/895-4140, Margit Mahler ist über 07191/895-4139 erreichbar.
Einen Überblick über Hilfsangebote verschafft der Seniorenwegweiser, der laufend aktualisiert wird. Abrufbar unter www.rems-murr-kreis.de, Suchbegriff: Seniorenwegweiser. Er liegt zudem beim Landratsamt als Broschüre aus.