Backnanger Sportkita soll ihrem Namen gerecht werden
Wegen personeller Probleme lief das Bewegungsprofil in der neuen Backnanger Kindertagesstätte bisher auf Sparflamme. Das soll sich jetzt ändern: Dank einer Kooperation mit der Kindersportschule der TSG 1846 wird das Sportangebot ausgebaut.
Von Kornelius Fritz
Backnang. In großen gelben Lettern prangt der Schriftzug „Sportkita“ an der Holzfassade des Neubaus in der Plaisir, der seit mittlerweile eineinhalb Jahren in Betrieb ist. Der Name ist aber umstritten: Vor dem Bau befürchteten einige Mitglieder des Gemeinderats, dieser klinge zu sehr nach einer Kaderschmiede für künftige Olympiasieger. Nach der Eröffnung gab es Kritik aus der Elternschaft, weil das Sportprofil nicht wie geplant umgesetzt werde. Die SPD-Fraktion hatte deshalb sogar beantragt, eine Namensänderung zu prüfen, „um falsche Erwartungen zu vermeiden“.
Doch so weit wird es nicht kommen. Vielmehr bemüht sich die Stadt darum, dass die neue Kita ihrem Namen endlich gerecht wird. Dabei arbeitet der Träger mit der Kindersportschule (Kiss) der TSG Backnang 1846 zusammen. Diese Kooperation war von Anfang an geplant, kam wegen Personalmangels auf beiden Seiten aber nicht so richtig in die Gänge. Das zusätzliche Sportangebot beschränkte sich bisher auf eine 45-minütige Übungsstunde pro Woche für die Vorschulkinder im letzten Jahr.
Vorschulkinder trainieren nun auch in der Halle
Mittlerweile hat sich die personelle Situation in der Sportkita entspannt: „Zum 1. Januar konnten wir drei Vollzeitstellen neu besetzen“, berichtet Mario Wolf, Sachgebietsleiter im Amt für Familie, Jugend und Bildung. In den vier Kitagruppen läuft der Betrieb deshalb inzwischen wieder weitgehend planmäßig. Wolf hofft, dass die Kapazitäten in der eigentlich für sechs Gruppen gebauten Sportkita im Lauf des Jahres noch ausgebaut werden können.
Auch die Kindersportschule ist seit dem Start der neuen Leiterin Wencke Boxler im vergangenen September wieder besser aufgestellt. Deshalb wurde die Zusammenarbeit zum Jahresbeginn ausgeweitet. Neben den täglichen Bewegungsangeboten durch die Erzieherinnen bieten Boxler und ihre Kollegin Susanne Krauß künftig auch für alle Vierjährigen eine zusätzliche Sportstunde an, zunächst alle 14 Tage. Die ältesten Kitakinder dürfen sich nun sogar zweimal pro Woche auspowern: einmal im eigenen Bewegungsraum der Kita, einmal in einer richtigen Sporthalle.
Aktuell stellt die TSG dafür ihre vereinseigene Halle auf dem Hagenbach zur Verfügung. Das ist aber eine Notlösung, weil der Weg dorthin nur mit dem Bus zu bewältigen ist. Die Sporthalle Katharinenplaisir, die direkt neben der Sportkita liegt, ist vormittags jedoch bereits durch die umliegenden Schulen voll ausgelastet. Mario Wolf hofft aber, dass es nach den Sommerferien gelingt, dort auch Hallenzeiten für die Sportkita zu bekommen.
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Zum nächsten Kindergartenjahr will Wencke Boßler dann auch für die jüngsten Kitakinder noch ein zusätzliches Sportangebot starten. Für die Eltern ist das alles übrigens nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden: Das Honorar für die Übungsleiterinnen wird von der Stadt übernommen und ist im regulären Elternbeitrag enthalten.
Sportliche Fähigkeiten der Kinder gehen zurück
Bei alldem geht es nicht um Talentförderung oder gar um Leistungssport. „Wir wollen, dass die Kinder Freude an der Bewegung bekommen“, sagt Kiss-Leiterin Boxler. Die ausgebildete Sport- und Gymnastiklehrerin arbeitet schon seit 25 Jahren mit Kindern und hat beobachtet, wie deren sportliche Fähigkeiten in dieser Zeit nachgelassen haben. Die Coronapandemie habe diese Entwicklung noch einmal beschleunigt. So fehle etwa vielen Kindern die Ausdauer: „Ich höre ständig den Satz: Ich kann nicht mehr.“ Auch die sozialen Kompetenzen, etwa beim Mannschaftssport, hätten gelitten. Mit ihren Angeboten in der Kita und in der Kindersportschule will sie auch weniger sportlichen Kindern zeigen, dass sie viel mehr können, als sie selbst glauben.
Die TSG 1846 sieht sich in der Pflicht, diese Entwicklung zu unterstützen. „Als größter Sportverein der Stadt war für uns klar, dass wir uns da einbringen“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Claudia Krimmer. Langfristig verspricht sie sich von der Kooperation natürlich auch Nachwuchs für die eigenen Abteilungen. Wobei die Festlegung auf eine bestimmte Sportart erst im Grundschulalter erfolgen sollte.
Kitaleiterin Daniela Stahl ist froh über die Unterstützung durch die Sportprofis von der TSG. „Für uns ist das eine große Bereicherung und wir bekommen dadurch viel Input für unsere Arbeit“, freut sich die Erzieherin. Denn im Alltag versuchen sie und ihr Team, das Bewegungsprofil der Kita auch außerhalb der festgelegten Sportstunden mit Leben zu füllen.
Idee Auf Antrag der CDU führt die Stadt Backnang an ihren Kitas einen Bewegungspass nach dem Vorbild der Stadt Stuttgart ein. Damit soll Bewegungsförderung in den Kitaalltag integriert werden.
Konzept Die Vorschulkinder erhalten ein Heft mit insgesamt 32 Übungen, die verschiedene motorische Fertigkeiten wie Laufen, Springen, Balancieren, Klettern, Werfen und Fangen trainieren. Sobald ein Kind eine Aufgabe erfolgreich absolviert hat, wird dies mit einem Drachenaufkleber im Bewegungspass dokumentiert.
Beteiligung In Backnang beteiligen sich zunächst zehn der 23 städtischen Kitas an dem Programm, darunter auch die Sportkita Plaisir. In Schulungen werden die Erzieherinnen auf diese Aufgabe vorbereitet.