Bei der E-Rechnung gibt es noch Probleme

Seit dem 1. Januar sind elektronische Rechnungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen Pflicht. Während mittlere und große Unternehmen darauf vorbereitet waren, ist dies für viele kleine Unternehmen Neuland.

Kryptische Zeichen wie bei Steffen Kienzle sind oft das Erste, was bei der E-Rechnung auf dem Bildschirm erscheint. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Kryptische Zeichen wie bei Steffen Kienzle sind oft das Erste, was bei der E-Rechnung auf dem Bildschirm erscheint. Foto: Alexander Becher

Von Andreas Ziegele

Backnang. Öffnet man die Datei am Bildschirm, scheint es sich zunächst um eine Nachricht eines Geheimdiensts oder den Quellcode eines Programms zu handeln. Zahlenkolonnen und wirre Buchstabenkombinationen werden hin und wieder von lesbaren Worten unterbrochen. So sieht sie aus: die elektronische Rechnung. Ihre Einführung am 1. Januar sollte die geschäftliche Zahlungslandschaft verändern. Was für viele noch theoretisch klingt, ist bereits praktische Realität: Unternehmen müssen in der Lage sein, elektronische Rechnungen nicht nur zu empfangen, sondern zunehmend auch in entsprechenden Formaten auszustellen. Dabei geht es um weit mehr als um den Wechsel von Papier zu PDF – eine umfassende digitale Transformation steht an.

„Wir haben uns seit Oktober letzten Jahres darauf vorbereitet“, sagt Petra Schmidt, die IT-Expertin bei Idler Fleischwaren in Backnang-Waldrems. Dennoch berichtet sie von Schwierigkeiten bei der Umstellung. „Der Rechnungsversand an Behörden funktioniert derzeit überhaupt nicht“, sagt Schmidt. Dabei handelt es sich um eine spezielle Leitweg-ID, die an Behörden übermittelt werden muss, um dort direkt in der zuständigen Abteilung anzukommen. Grundsätzlich nutzt die Firma Idler aber weiterhin alle Rechnungsformen: von Papier über PDF bis hin zur neuen E-Rechnung. „Unsere Lieferanten schicken ihre Rechnungen nach wie vor meist als PDF“, sagt die Expertin. Die Kosten und der Aufwand für die Implementierung der Programme seien nicht zu unterschätzen. „Für kleinere Unternehmen kostet das schon richtig Geld“, sagt Schmidt. Allein die Software könne zwischen 500 und 1000 Euro kosten, hinzu kämen Wartungsverträge und der interne Aufwand sowie Schulungen. Derzeit befänden sich alle Beteiligten noch in einer Findungs- und Eingewöhnungsphase.

Kleinere Unternehmen im Fokus

Doch was soll die Umstellung eigentlich bringen? Die Europäische Union verfolgt mit der Einführung klare Ziele. Zum einen soll die Digitalisierung den Verwaltungsaufwand und die Kosten in den Unternehmen senken. Elektronische Rechnungen können schneller erstellt, geprüft und archiviert werden. Zum anderen bietet das System Schutz vor Steuerbetrug, denn die strukturierte Erfassung aller Geschäftsvorgänge erleichert die Nachvollziehbarkeit. Vor allem kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe sollen laut EU langfristig von den Effizienzgewinnen profitieren. Doch die Praxis zeigt: Der Weg dorthin ist beschwerlich und wird auch nicht immer konsequent eingehalten.

David Weller von der gleichnamigen Bäckerei in Backnang sieht das anders. Während die einen noch mit der Technik kämpfen, sieht er keine großen Probleme. „Wir haben schon vor zweieinhalb Jahren auf E-Rechnung umgestellt“, sagt er. „Wir haben uns für eine Software entschieden, die mit zehn Euro im Monat in der Basisversion relativ günstig ist“, erklärt Weller. Es gebe aber auch wesentlich teurere Produkte auf dem Markt. Seine Software verschickt Rechnungen sowohl im PDF-Format als auch im neuen E-Rechnungsformat. Ein Problem könnte entstehen, wenn dieses Mischformat in Zukunft nicht mehr erlaubt sein sollte. Auch der Rechnungsempfang ist noch nicht vollständig digital, da die meisten Lieferanten noch beide Formate verwenden. So arbeitet er auch mit seinem Steuerberater zusammen. Die Aufregung um die E-Rechnung zum Ende des vergangenen und Anfang dieses Jahres kann er nicht ganz nachvollziehen: „Da wurde viel Panik gemacht. Bei uns läuft bisher alles problemlos.“

Umstellung kostet Zeit und Geld

Auch Alexander Hummel, Inhaber eines Sanitär- und Heizungsbetriebs in Auenwald, hat alles umgesetzt, was der Gesetzgeber verlangt. „Bisher hat mich die Umstellung nur Geld und Aufwand gekostet“, sagt er. Obwohl er schon längere Zeit papierlos arbeitet, hat sich für ihn kaum etwas verändert. Nachdem im vergangenen Jahr auch einige seiner großen Lieferanten angekündigt hatten, ab diesem Jahr alles auf E-Rechnung umzustellen, stellt er nun fest: „Bisher kommen alle Rechnungen in der alten Form und werden auch so verschickt“, so die Erfahrung von Alexander Hummel. Er und einige seiner Handwerkerkollegen sehen vor allem die Kosten als Herausforderung. „Wir müssen das Geld für solche Umstellungen erst einmal verdienen“, fasst er zusammen.

Kostenlose Softwarelösung

Eine besondere Herausforderung stellt die Umstellung für sehr kleine Betriebe dar. Ein 67-jähriger Handwerksmeister aus Backnang hat Probleme mit der E-Rechnung. „Ich führe den Betrieb zusammen mit meiner Frau“, sagt er. „Meine Frau macht die Buchhaltung und da gehört die Ablage dazu.“ Aber eine E-Rechnung, die er als Datei erhält, kann er weder lesen noch sinnvoll ausdrucken oder gar abheften. Warum er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will? „In unserem Alter gelten wir sowieso als Internet-Laien“, sagt der Handwerksmeister. Genau für solche Fälle hat die Backnanger Firma Conesprit eine einfache Lösung. „Wir bieten auf unserer Homepage unter www.e-rechnung.gratis ein kostenloses Programm zur Umwandlung von E-Rechnungen in PDF-Dateien an“, sagt Steffen Kienzle, der für das Marketing der Firma in den Backnanger Kronenhöfen zuständig ist. Mit dem selbst entwickelten Programm Online E-Rechnungsviewer können E-Rechnungen ohne spezielle IT-Kenntnisse in lesbare Rechnungen, ähnlich einer PDF-Datei, umgewandelt werden. „Das alles geschieht datenschutzkonform, denn der Nutzer muss sich weder anmelden noch etwas auf seinem Rechner installieren“, erklärt Steffen Kienzle. Die Software Online E-Rechnungsviewer wurde inzwischen von der Fachzeitschrift IT Zoom als Tool des Jahres 2025 ausgezeichnet. Damit könnten auch der Backnanger Handwerksmeister und seine Frau sowie viele andere Klein- und Kleinstunternehmen ihre E-Rechnungen lesbar machen und wie gewohnt in Ordnern ablegen.

Die Vorteile des Systems scheinen inzwischen unbestritten: weniger Papierkram, geringere Fehlerquote und Kostenersparnis durch den Wegfall von Druck- und Versandkosten. Doch noch überwiegen Skepsis und die Sorge um Aufwand und Kosten.

Die wichtigsten Informationen zur E-Rechnung

Digitale Rechnung Eine E-Rechnung (elektronische Rechnung oder E-Invoice genannt) ist eine Rechnung, die in einem maschinenlesbaren Format erstellt und übermittelt wird. Sie muss in speziellen Formaten erstellt werden, damit die Rechnung von Software-Programmen verarbeitet werden kann. Die E-Rechnung wird über elektronische Kanäle versendet.

Pflicht Die E-Rechnung betrifft alle Unternehmen, die Geschäfte mit anderen Unternehmen (B2B) machen. Seit 1. Januar ist der Empfang von E-Rechnungen auch für Kleinunternehmen und Selbstständige verpflichtend. Beim Versand von E-Rechnungen gibt es noch umsatzabhängige Übergangsfristen bis Ende 2026 und 2027.

Ausnahmen Die Ausnahmen bilden Rechnungen unter 250 Euro, Rechnungen von Unternehmen an Privatpersonen (B2C) und Rechnungen für Leistungen, die steuerfrei sind, sowie Fahrkarten, die selbst als Rechnung gelten.

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Erstellt:
27. Januar 2025, 06:00 Uhr

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