BKZ-Wandertag: Rekordbeteiligung in Burgstetten
BKZ-Wandertag 65 Wanderbegeisterte lassen sich von Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz verwunschene Wege von Burgstall nach Erbstetten zeigen und erleben dort eine Führung nach Wahl. Auf dem Rückweg entlang der Murr wird die Gruppe zum Glück vom Söllbachgeist verschont.
Von Florian Muhl
Burgstetten. Damit hätte sie nicht gerechnet. Irmtraud Wiedersatz ist ganz überrascht, dass sich so viele Wanderer auf dem Parkplatz beim Bahnhof in Burgstall einfinden. Denn laut Wetterbericht soll das Wanderwetter durchwachsen ausfallen. Die Bürgermeisterin freut sich sehr, dass diesmal bei der Sommeraktion der BKZ so viele Bürger mitmarschieren, wie noch nie. Nicht zu vergessen drei Hunde. Der Grund für die rege Beteiligung? Von den Teilnehmern sind unterschiedliche Überlegungen zu hören: „Tolle Gemeinde“, „tolle Bürgermeisterin“, „tolle Aktion“. Beim Start sind die Laufbedingungen jedenfalls ideal. Das sollte auch bis fast zum Schluss so bleiben.
Einen Schub für die Gemeinde gab es 2012 durch den S-Bahn-Anschluss
Bevor es richtig losging, hatte die Rathauschefin noch einen geschichtlichen Rückblick auf die Bahn gegeben. „Was bei uns aktuell so passiert, weiß man ja, wenn man die Backnanger Kreiszeitung liest“, meinte Wiedersatz. Das ganze Areal mit dem denkmalgeschützten Bahnhof hat die Gemeinde 1999 von der Bahn gekauft. Die erste Bahnlinie verband ab 1879 die Städte Backnang mit Bietigheim. „Das Dorf ist damals richtig aufgeblüht“, erläuterte die Verwaltungschefin. Aus dieser Zeit stammt auch der Güterschuppen, der vor sechs Jahren nach der Sanierung zum Juwel wurde. Kulturelle Veranstaltungen finden dort statt. Einen weiteren Schub für die Gemeinde habe es im Jahr 2012 durch den S-Bahn-Anschluss gegeben. Der sei damals vom Ministerrat schon abgesagt gewesen. „Wir haben dann hart dafür gekämpft“, so die Verwaltungschefin. Der energische Einsatz der Anliegergemeinden hat sich gelohnt.
Vom Bahnhof geht’s Richtung Nordosten in den Kirchweg hinein. Fritz Kemmler aus Erbstetten kennt das Gemeindegebiet bestens. Zehn Jahre lang war er bei der Flurbeteiligung beteiligt. Für die Wanderung hat er seine Trachtenlederhose aus dem Schrank geholt. Beim evangelischen Kindergarten angekommen weist Wiedersatz auf eine Besonderheit hin: „Das hat fast keine Gemeinde: Wir haben einkommensabhängige Kindergartengebühren. Das heißt, der, der viel verdient, zahlt auch viel, und die, die wenig haben, zahlen wenig.“ Zudem spricht die Bürgermeisterin den Naturkindergarten an, den die Gemeinde derzeit für 20 Kinder beim Freibad einrichtet.
Auf einem verwunschenen Pfad, den kaum jemand kennt, geht es leicht den Berg hinauf. Wolfgang Reber erzählt, dass er bisher jede BKZ-Wanderung mitgelaufen ist, bis auf die erste in Althütte. Die Wanderungen in Spiegelberg und Murrhardt seien sehr schön, aber auch anspruchsvoll gewesen. Der 71-Jährige aus Waldrems muss es wissen, denn als Mitglied des Schwäbischen Albvereins in Sulzbach organisiert er auch Wanderungen und ist mehrmals die Woche per pedes unterwegs.
Bei der nächsten Station angekommen erläutert Wiedersatz, dass es sich um einen ehemaligen Steinbruch handelt, der bereits 1911 von einer Mannheimer Firma betrieben worden ist. 1962 wurde das Areal an ein Schwaikheimer Unternehmen verpachtet. „Als dieses mit dem Abbau fertig war, hat der Rems-Murr-Kreis hier eine Erddeponie betrieben, bis in die 80er-Jahre“, so die Bürgermeisterin. Mittlerweile ist das Gelände an die Gemeinde übergegangen.
Daimler hatte in Burgstetten eine Teststrecke für seine Geländewagen
„Nicht vergessen dürfen wir, dass wir um 1980, 1981 hier noch den Daimler gehabt haben, der hier eine Teststrecke hatte für seine Geländewagen“, weiß Gisela Weigle aus eigener Erinnerung. Die 68-jährige Naturparkführerin lebt seit vielen Jahren in Burgstall. Nur wenige Minuten dauert es, bis die Wanderer die Friedhofstraße erreicht haben. Die Gruppe teilt sich. Hans-Joachim Elzmann, Vorsitzender des Historischen Vereins, führt einen Teil durch die heimatkundliche Ausstellung in der Pfarr- und Zehntscheuer, während der andere Teil die Laurentiuskirche besichtigt. Dort berichtet Stefan Soldner vom Historischen Verein, dass die Kirche erstmals 1287 urkundlich erwähnt wurde, die Kirche dort aber viel älter sei. Früher sind, so Soldner, nicht nur die Erbstettener zum Gottesdienst da gewesen, sondern auch die Leute vom Kirschenhardthof und Stiftsgrundhof sowie aus Mittelschöntal.
Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter. Nur 200 Meter weiter hält Wiedersatz kurz an. Einzigartig im Rems-Murr-Kreis sei hier das Angebot des Alten- und Pflegeheims Elim. Neben 52 Einzelplätzen gebe es vier barrierefreie Wohnungen und sechs Seniorenbungalows sowie sechs weitere, deren Bewohner die Dienstleistungen von Haus Elim nutzen könnten.
Im Talgrund des Söllbachs lauert der Sage nach der Söllbachgeist
Auf dem Rückweg informiert Gisela Weigle, die auch Kräuterwanderungen anbietet, über das Landschaftsschutzgebiet, das sich von der Kläranlage Schöntal bis nach Steinheim an der Murr erstreckt. „Man hat hier ganz verschiedene Vegetationszonen“, erläutert sie. „Wir kommen von oben, von der fruchtbaren Höhe, unten im Tal finden wir hauptsächlich nur Wiesen.“ Nach einem kurzen Streifzug durch die lokale Flora sowie einem Einblick ins lokale Wettergeschehen von Michael Weigle, der in seinem Garten eine eigene Wetterstation betreibt, geht’s hinunter zur Murr. Jetzt werden die ersten Schirme aufgespannt. Es nieselt.
Wenige Meter weiter mündet der Söllbach in die Murr. Er entspringt in der Nähe des Stiftsgrundhofs, schlängelt sich etwa vier Kilometer durch die Natur bis zur Bahnlinie, unter der er verdolt durchgeführt wird. Der Auslass ist beeindruckend, dort ist ein kleiner Wasserfall entstanden. Und jetzt erzählt Weigle folgende Geschichte: „Genau an der Brücke zwischen Burgstall und Erbstetten, im Talgrund des Söllbachs, da lauert der Söllbachgeist.“ Der habe nachts auf Wanderer gewartet. „Wenn dann einer vorbeigekommen ist, dann ist er ihm auf den Buckel gesprungen, hat sich festgehalten und hat sich auf die Höhe tragen lassen.“ Die BKZ-Gruppe hat der Geist verschont. Alle kommen zufrieden am Güterschuppen, wo die Gemeinde zu leckerem Salzkuchen, Brezeln und Eis einlädt.
Wandertag Am kommenden Freitag, 26. August, macht der BKZ-Wandertag Station in Großerlach. Los geht es um 14 Uhr, Start und Ziel ist am Wanderparkplatz zwischen Neu- und Altfürstenhütte.
Tour Bürgermeister Christoph Jäger hat eine etwa 8,5 Kilometer lange Tour ausgewählt. Es geht über das Bauernfeld ins Kuhnbachtal, weiter zum Finsterroter Dachsbachtal. Die Wanderer folgen dem alten Mühlkanal bis zum Magischen Dreieck, queren den Höhenzug beim Wiedhof, um erneut über einen verwunschenen Pfad ins Rottal abzusteigen. Vorbei am Knickenwaldsee führt die Strecke zum künftigen Waldkindergarten Knickenhöfle und zurück zum Wanderparkplatz. Die Wanderstrecke führt teilweise über anspruchsvolle, schmale Pfade mit starkem Gefälle. Sie verlangt eine gewisse Kondition, festes Schuhwerk ist Pflicht. Unterwegs ist ein Vesper vorgesehen. Die Teilnahme ist wie immer kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.