Wie Schafe der Kulturlandschaft nutzen

BKZ-Wandertag Die sechste und letzte Wanderung führt mit einer Rekordbeteiligung von fast 100 Wanderfreundinnen und Wanderfreunden rund um Allmersbach im Tal. Höhepunkt ist die Begegnung mit Wanderschäfer Bernd Allmendinger und seiner Herde.

Schäfer Bernd Allmendinger erzählt den Teilnehmenden von seinem Beruf.Foto: Dietmar van der Linden

© Dietmar van der Linden

Schäfer Bernd Allmendinger erzählt den Teilnehmenden von seinem Beruf.Foto: Dietmar van der Linden

Von Cordula-Irene von Waldow-Noller

Backnang/Allmersbach im Tal. Petrus ist ein Freund des BKZ-Wandertags. Entgegen der ursprünglichen Wetterprognose herrschte auch bei der sechsten und letzten Wanderung eitel Sonnenschein. Schon während sich der Parkplatz am Sport- und Freizeitzentrum Allmersbach im Tal füllte, riss die Wolkendecke auf und bis die Letzten auf dem voll besetzten Terrain noch einen Platz ergattert und unter großem Hallo die bereits Anwesenden begrüßt hatten, war klar: Der Himmelsstern begleitet die Wanderfreunde auch diesmal wieder. Ebenso wie Bernhard Engelmann und seine schwarze Hündin Peppa, die längst zum Maskottchen der BKZ-Wanderungen geworden war. Lachend bemerkte Uli Waibel, der alle Touren mitgemacht hat: „Es geht gar nicht, dass Peppa nicht mitläuft.“

Selbiges gilt allerdings auch für ihr Herrchen, denn der Wegwart im Verein Schwäbisches Mostviertel hatte die Wanderrouten zusammengestellt. Er freut sich über die rege Beteiligung. An dieser letzten Wanderung nahmen fast 100 Wander- und Naturfreundinnen und -freunde teil – der Rekord für dieses Jahr. Ihm habe es Spaß gemacht, aus den Routen des Rundwanderwegs
’s Äpple rund um Backnang attraktive Rundwege zusammenzustellen. Nun ging es zumeist auf dem ausgeschilderten, leicht verkürzten Weg ’s Äpple 8 rund um Allmersbach im Tal. Die etwa 7,3 Kilometer lange, abwechslungsreiche Strecke führte vielfach durch Streuobstwiesen.

Bereits nach wenigen Metern ließ Naturparkführerin Andrea Schad, welche die große Wanderschar auch diesmal wieder an ihrem schier unerschöpflichen Wissen rund um die Kulturlandschaft, deren Bedeutung und Historie, ihre Vegetation und ihre tierischen Bewohner teilhaben. Sie und ihre, ebenfalls zur Naturparkführerin ausgebildete, Schwester Petra Klinger waren diesmal mit noch mehr Herzblut dabei, als ohnehin, denn die beiden Naturliebhaberinnen sind waschechte Allmersbacherinnen und kennen die Gegend seit klein auf wie ihre Westentasche. Immer wieder flossen Kindheitserinnerungen in ihre Erzählungen ein.

Familie Allmendinger sind Schäfer in vierter Generation

Wie ein endloser Lindwurm zog sich die Wandergruppe durch enge Pfade und über das schmale Brückchen, bevor auf der Höhe der Blick weit über die Backnanger Bucht bis zu den gegenüberliegenden Anhöhen frei wurde. „Ist das schön hier in unserer Gegend“, erklang es immer wieder begeistert. Mit dem Handy bewaffnet, kletterten einige Wanderer auf den als Aussichtsturm hergerichteten Hochwasserbehälter von 1927 am Wegesrand, um fotografieren zu können. Ein paar Schritte weiter waren Stücklesbesitzer bei der Apfelernte. Besonders bestaunt wurde Friedrich Braun. Mit seinem „Rollblitz“, einer Art Rolle, die in ihrer Machart an einen Schneebesen erinnert, fuhr er über das Fallobst und hatte im Nu alle Äpfel aufgelesen und in seinen Anhänger geleert, ohne sich bücken zu müssen.

Am nächsten Stopp bereitete Andrea Schad die Gruppe auf den Höhepunkt der Wanderung vor. Sie schwärmte: „Ich bin ein Fan von der Familie Allmendinger. Sie betreiben die Beweidung der Streuobstwiesen mit Schafen bereits in der dritten Generation und mit Sohn Michael ist die vierte Generation jetzt in Ausbildung und setzt die Familientradition fort.“ Dabei stelle die Zersiedelung mit ihren kleinen Flächen die Wanderschäfer vor größere Herausforderungen als früher, wo sie mit ihren Herden deutlich einfacher kilometerweit durchs Land ziehen konnten. Die Schafe „mähen“ nicht nur dort, wo kein Gerät hinkomme, sondern festigen mit ihren Klauen das frisch Eingesäte und düngen den Boden.

Und dann stand er da in seinem schwarzen Schäfermantel, in sich ruhend auf seinen Schäferstab gelehnt, den schwarzen Hütehund Caro an seiner Seite, vor seiner grasenden Schafherde: Bernd Allmendinger. Unterhaltsam erzählte er Wissenswertes rund um seinen Beruf: Die Familie hat heute noch 800 Mutterschafe, die sie aufgeteilt in zwei bis drei Herden weidet. Die hochwertige Wolle der Merinoschafe werde nach Lüneburg verkauft. „Wir bekommen einen guten Preis dafür“, frohlockt Bernd Allmendinger, wohl wissend, dass dies heutzutage eher die Ausnahme sei. Die Familie baut nicht nur das wenige Zusatzfutter selbst an, sondern schlachtet auch selber, damit die Tiere ohne Transportstress möglichst angstfrei blieben. „Ich will doch wissen, was mit meinen Tierle ist“, sagte der Schäfer liebevoll. Hund Caro nutzte die Gunst der Stunde, um seinem interessierten Publikum zu demonstrieren, wie ein Hütehund seine Herde zusammentreibt – sehr zur Freude der Wandergruppe.

Nachdem die vielen Fragen rund um die Wanderschäferei beantwortet waren, ging es zurück in Richtung Ort. Längst sind die BKZ-Wandernden zu einer Art „großer Familie Gleichgesinnter“ zusammengewachsen, haben nicht selten alte Bekanntschaften aufgefrischt und neue geschlossen. Immer wieder lenkte Andrea Schad den Blick auf Besonderheiten in der Natur, etwa den Baum, an dem sowohl rote als auch grüne Äpfel gedeihen. Petra Klinger weiß von einem Experiment: „Am Schluss hatte jemand weit über 100 verschiedene Apfelsorten an einem einzigen Baum.“

Die Frage nach einer dritten Auflage des Wandertags kommt auf

Fast überraschend schnell ob der kurzweiligen Tour war nach rund drei Stunden der Ausgangspunkt wieder erreicht. Und natürlich erwartete das gastfreundliche Trio des Regio-Streunerles, Silke Müller-Zimmer, Mina Unold und Sabine Löchelt, die Schar auch diesmal mit kulinarischen Köstlichkeiten aus der Heimat. Neben dem herben Most erfreute sich auch die süß-fruchtige Quittenschorle großer Beliebtheit und von dem Zwetschgenkuchen war schon bald kein Krümel mehr übrig.

„Besser hätte es gar nicht laufen können“, resümierte BKZ-Redaktionsleiter Kornelius Fritz, der die Abschlusswanderung begleitet hatte. Er sei „begeistert, dass sich die BKZ-Wanderung so etabliert hat“. Sein Dank gilt den Kooperationspartnern des Schwäbischen Mostviertels sowie den übrigen Vereinen, welche bei anderen Wanderungen die Verköstigung als „Krönung“ jeder Tour übernommen hatten. Nadine Thoman freut sich über das rege Interesse an den Streuobstwiesen, welche die heimische Kulturlandschaft entscheidend prägen, und „dass unser Most so gut ankommt“.

Wenngleich sie noch ganz im Bann dieser letzten Wanderung stand und die Begegnung mit dem Schäfer und seiner Herde als einen Höhepunkt empfand, vermochte Elke Scharf unter den sechs Touren dennoch keinen Favoriten auszumachen. Die 68-jährige Backnangerin findet: „Sie haben alle ihren eigenen Reiz, sowohl die Streckenführung als auch die jeweils besprochenen Themen.“ Natürlich wurde Kornelius Fritz bedrängt mit der Frage, ob es auch 2025 wieder eine Wanderreihe der BKZ geben werde. Er versprach: „Wir werden darüber nachdenken.“ Hoffnungsvoll erklang es von vielen Seiten: „Ich werde es mir einrichten!“ „Wir sind wieder dabei!“

Alle Touren zum Nachwandern

Nachwandern Der Verein Schwäbisches Mostviertel und Wegewart Bernhard Engelmann haben die sechs tollen Wanderrouten für den BKZ-Wandertag konzipiert und auf der App Komoot eingepflegt.

Hier gelangen Sie zu den Wanderrouten.

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Erstellt:
9. September 2024, 11:30 Uhr

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